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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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Der SkandwMsmus in Action.

Alljährlich am 13. Januar findet in den Hauptstädten Schwedens, Nor¬
wegens und Dänemarks ein sogenanntes "nordisches Fest" statt, bestimmt, den
Gedanken der skandinavischen Einheit in allen drei Völkern lebendig zu er¬
halten. In Kopenhagen, wo es herkömmlich die Studentenschaft veranstaltet,
ist der Herausgeber des Fädreland. C. Ploug, der regelmäßige Festredner. Wäh¬
rend Ole Bull also seine weltberühmte Geige holen ließ, um sich für die Ein¬
ladung als Ehrengast erkenntlich zu beweisen, vanille Ploug sein altes Lieb¬
lingsthema zum hundertsten Male, aber nicht ohne abermals zu fesseln und an¬
zuregen. Die Wiedergewinnung Nordschleswigs war das neue Element, welches
er diesmal mit erfolgsicherer Geschicklichkeit einfügte. Er verspottete diejenigen,
welche, auf die Autorität der Kölnischen Zeitung bauend, von Deutschland er¬
warteten, es werde in sich gehen und das geraubte ungerechte Gut reuig zurück¬
erstatten; aber nicht weniger lachte er auch derjenigen, welche glaubten, daß
der große Mann, der sich zum Träger des Nationalitätsprincips aufgeworfen
habe, demnächst auf die Karte schlagen werde, daß es durch ganz Europa wider¬
halle, und sagen: "Gebt Venetien an Italien und Schleswig an Dänemark zurück,
oder ihr bekommt es mit mir zu thun!" Der Weg nach Flensburg und der
Schlei -- als der den dänischen Patrioten genehmen nationalen Theilungslinie
-- führt Ploug zufolge nicht über Berlin, auch nicht über Paris, sondern über
Stockholm und Christiania. Das Mittel der Wiedergewinnung sei die skandi¬
navische Einheit, deren Werth, umgekehrt, für Dänemark hauptsächlich in der
damit gegebenen Möglichkeit dieser Wiedervereinigung mit den getrennten Brüdern
bestehe. Ploug hob dann noch einmal hervor, was Fädrelandet schon wiederholt
ausgeführt hat, daß die leitende Rolle in dem Unternehmen sowohl wie dem¬
nächst in dem fertigen Bunde, die Initiative wie die Hegemonie Schweden ge¬
bühre, und daß Dänemark sich jetzt sogar mit dem dritten Platze zu begnügen
haben werde -- alles natürlich unter der Bedingung, daß Schweden in Nord¬
schleswig seine Ehre ebenfalls als verpfändet erkennt, es Deutschland nicht
definitiv überläßt. Die Schweden haben es indeß als gute Politiker bisher
vermieden, sich über diesen verfänglichen Punkt irgendwie verpflichtend zu äußern.
König Karl dA Fünfzehnte war allerdings bereit, dem König von Dänemark
gegen den Abschluß eines Haus- und Bundesvertrags im skandinavischen Sinne
das dänische Schleswig zu garantiren; aber das war, bevor dieser es endgiltig
und vertragsmäßig eingebüßt hatte, vor dem Wiederausvruch des Krieges
Von 1864.


Der SkandwMsmus in Action.

Alljährlich am 13. Januar findet in den Hauptstädten Schwedens, Nor¬
wegens und Dänemarks ein sogenanntes „nordisches Fest" statt, bestimmt, den
Gedanken der skandinavischen Einheit in allen drei Völkern lebendig zu er¬
halten. In Kopenhagen, wo es herkömmlich die Studentenschaft veranstaltet,
ist der Herausgeber des Fädreland. C. Ploug, der regelmäßige Festredner. Wäh¬
rend Ole Bull also seine weltberühmte Geige holen ließ, um sich für die Ein¬
ladung als Ehrengast erkenntlich zu beweisen, vanille Ploug sein altes Lieb¬
lingsthema zum hundertsten Male, aber nicht ohne abermals zu fesseln und an¬
zuregen. Die Wiedergewinnung Nordschleswigs war das neue Element, welches
er diesmal mit erfolgsicherer Geschicklichkeit einfügte. Er verspottete diejenigen,
welche, auf die Autorität der Kölnischen Zeitung bauend, von Deutschland er¬
warteten, es werde in sich gehen und das geraubte ungerechte Gut reuig zurück¬
erstatten; aber nicht weniger lachte er auch derjenigen, welche glaubten, daß
der große Mann, der sich zum Träger des Nationalitätsprincips aufgeworfen
habe, demnächst auf die Karte schlagen werde, daß es durch ganz Europa wider¬
halle, und sagen: „Gebt Venetien an Italien und Schleswig an Dänemark zurück,
oder ihr bekommt es mit mir zu thun!" Der Weg nach Flensburg und der
Schlei — als der den dänischen Patrioten genehmen nationalen Theilungslinie
— führt Ploug zufolge nicht über Berlin, auch nicht über Paris, sondern über
Stockholm und Christiania. Das Mittel der Wiedergewinnung sei die skandi¬
navische Einheit, deren Werth, umgekehrt, für Dänemark hauptsächlich in der
damit gegebenen Möglichkeit dieser Wiedervereinigung mit den getrennten Brüdern
bestehe. Ploug hob dann noch einmal hervor, was Fädrelandet schon wiederholt
ausgeführt hat, daß die leitende Rolle in dem Unternehmen sowohl wie dem¬
nächst in dem fertigen Bunde, die Initiative wie die Hegemonie Schweden ge¬
bühre, und daß Dänemark sich jetzt sogar mit dem dritten Platze zu begnügen
haben werde — alles natürlich unter der Bedingung, daß Schweden in Nord¬
schleswig seine Ehre ebenfalls als verpfändet erkennt, es Deutschland nicht
definitiv überläßt. Die Schweden haben es indeß als gute Politiker bisher
vermieden, sich über diesen verfänglichen Punkt irgendwie verpflichtend zu äußern.
König Karl dA Fünfzehnte war allerdings bereit, dem König von Dänemark
gegen den Abschluß eines Haus- und Bundesvertrags im skandinavischen Sinne
das dänische Schleswig zu garantiren; aber das war, bevor dieser es endgiltig
und vertragsmäßig eingebüßt hatte, vor dem Wiederausvruch des Krieges
Von 1864.


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[0294] Der SkandwMsmus in Action. Alljährlich am 13. Januar findet in den Hauptstädten Schwedens, Nor¬ wegens und Dänemarks ein sogenanntes „nordisches Fest" statt, bestimmt, den Gedanken der skandinavischen Einheit in allen drei Völkern lebendig zu er¬ halten. In Kopenhagen, wo es herkömmlich die Studentenschaft veranstaltet, ist der Herausgeber des Fädreland. C. Ploug, der regelmäßige Festredner. Wäh¬ rend Ole Bull also seine weltberühmte Geige holen ließ, um sich für die Ein¬ ladung als Ehrengast erkenntlich zu beweisen, vanille Ploug sein altes Lieb¬ lingsthema zum hundertsten Male, aber nicht ohne abermals zu fesseln und an¬ zuregen. Die Wiedergewinnung Nordschleswigs war das neue Element, welches er diesmal mit erfolgsicherer Geschicklichkeit einfügte. Er verspottete diejenigen, welche, auf die Autorität der Kölnischen Zeitung bauend, von Deutschland er¬ warteten, es werde in sich gehen und das geraubte ungerechte Gut reuig zurück¬ erstatten; aber nicht weniger lachte er auch derjenigen, welche glaubten, daß der große Mann, der sich zum Träger des Nationalitätsprincips aufgeworfen habe, demnächst auf die Karte schlagen werde, daß es durch ganz Europa wider¬ halle, und sagen: „Gebt Venetien an Italien und Schleswig an Dänemark zurück, oder ihr bekommt es mit mir zu thun!" Der Weg nach Flensburg und der Schlei — als der den dänischen Patrioten genehmen nationalen Theilungslinie — führt Ploug zufolge nicht über Berlin, auch nicht über Paris, sondern über Stockholm und Christiania. Das Mittel der Wiedergewinnung sei die skandi¬ navische Einheit, deren Werth, umgekehrt, für Dänemark hauptsächlich in der damit gegebenen Möglichkeit dieser Wiedervereinigung mit den getrennten Brüdern bestehe. Ploug hob dann noch einmal hervor, was Fädrelandet schon wiederholt ausgeführt hat, daß die leitende Rolle in dem Unternehmen sowohl wie dem¬ nächst in dem fertigen Bunde, die Initiative wie die Hegemonie Schweden ge¬ bühre, und daß Dänemark sich jetzt sogar mit dem dritten Platze zu begnügen haben werde — alles natürlich unter der Bedingung, daß Schweden in Nord¬ schleswig seine Ehre ebenfalls als verpfändet erkennt, es Deutschland nicht definitiv überläßt. Die Schweden haben es indeß als gute Politiker bisher vermieden, sich über diesen verfänglichen Punkt irgendwie verpflichtend zu äußern. König Karl dA Fünfzehnte war allerdings bereit, dem König von Dänemark gegen den Abschluß eines Haus- und Bundesvertrags im skandinavischen Sinne das dänische Schleswig zu garantiren; aber das war, bevor dieser es endgiltig und vertragsmäßig eingebüßt hatte, vor dem Wiederausvruch des Krieges Von 1864.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/294>, abgerufen am 22.12.2024.