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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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Zeit bereits abgeschlossen da in der lebendigsten Wahrheit und Porträtähnlichkeit,
Detailtreue und Präcision; und mit all diesem Realismus in der Erscheinung
wirkt das Ganze, dieser hohe frisch und rüstig bewegte königlich-soldatische
Reiter auf dem starken, edeln, kräftig, stolz und energisch ausschreitenden Roh
doch wie ein ideales Bild kriegerisch-fürstlicher Majestät als solcher.

Gegenwärtig beschäftigen den Meister die Arbeiten an dem von ihm allein
auszuführenden Schinkeldenkmal für Berlin. Er steht nun in seinein 61. Jahre
in so gänzlich ungeminderter Schöpferkraft, Geistes- und Körperrüstigkeit da,
daß ein Nachlassen seiner Thätigkeit vorläufig nicht zu befürchten ist. In der
berliner Bildhauerschule behauptet er den ersten Ehrenplatz, den er keineswegs
der Ancicnnetät verdankt. Was sie unter Rauchs treibender Anregung bisher
anstrebte, das hat Drake noch immer vor allen aufs vollständigste erreicht und
der Verwirklichung zugeführt und zwar auf seinen eignen selbstgebahnten
Wegen.




Vermischte Literatur.
Briefe des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen an Pauline
Wiesel. Nebst Briefen von A. v. Humboldt, Nabel, Varnhagen, Gentz und Marie
v. Meris an dieselbe. Herausgegeben von Alexander Büchner. Leipzig, F. A. Brock-'
Haus. 1865. 167. S. 8.

Eine Vervollständigung zunächst des Bildes, welches uns Varnhagen von dem
genialen und liederlichen Prinzen gegeben hat, dann ein nicht uninteressanter Beitrag
zur Kunde jener Zeit der Lucindcn und Ardhingellos überhaupt, in der Louis Ferdinand
lebte und liebte. Pauline Wiesel, geborne Cesar, war die schönste, aber auch die
ihrer Sinnlichkeit gegenüber am wenigsten skrupulöse unter den Damen, deren Be¬
kanntschaft er cultivirte. Obwohl hauptsächlich durch Körpcrvorzüge ausgezeichnet
und wenig gebildet, muß sie doch nicht ohne Geist gewesen sein, ja zuletzt sehen wir
sie in Paris sogar Philosophie treiben. Ueberaus widerwärtig ist das Verhältniß
Paulinens zu ihrem ersten Mann; dennoch verkehrte Nadel mit beiden, und auch
Humboldt würdigte die Courtisane eines seiner zahllosen Briefe, in dem er sie "theure
Pauline" nennt und mit den Worten schließt: "Wir sind uns ewig nahe". Nicht
erbaulich, das, aber zeitgemäß und aus der Zeit heraus zu beurtheilen.


Alte Herren, die Vorläufer Bachs. Silhouetten von Elise Polko.
, Hannover, Carl Rümpler. 1865.

Mittheilungen über das Leben von sechs Cantoren der leipziger Thomasschule
aus dem sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert, die Form novellistisch. Willkom¬
mener wären uns einfache Biographien und Charakteristiken ohne phantastische Zuthat
gewesen; denn das Talent der Verfasserin, Ton und Wesen der Vergangenheit wieder¬
zugeben, ist nur klein.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

Zeit bereits abgeschlossen da in der lebendigsten Wahrheit und Porträtähnlichkeit,
Detailtreue und Präcision; und mit all diesem Realismus in der Erscheinung
wirkt das Ganze, dieser hohe frisch und rüstig bewegte königlich-soldatische
Reiter auf dem starken, edeln, kräftig, stolz und energisch ausschreitenden Roh
doch wie ein ideales Bild kriegerisch-fürstlicher Majestät als solcher.

Gegenwärtig beschäftigen den Meister die Arbeiten an dem von ihm allein
auszuführenden Schinkeldenkmal für Berlin. Er steht nun in seinein 61. Jahre
in so gänzlich ungeminderter Schöpferkraft, Geistes- und Körperrüstigkeit da,
daß ein Nachlassen seiner Thätigkeit vorläufig nicht zu befürchten ist. In der
berliner Bildhauerschule behauptet er den ersten Ehrenplatz, den er keineswegs
der Ancicnnetät verdankt. Was sie unter Rauchs treibender Anregung bisher
anstrebte, das hat Drake noch immer vor allen aufs vollständigste erreicht und
der Verwirklichung zugeführt und zwar auf seinen eignen selbstgebahnten
Wegen.




Vermischte Literatur.
Briefe des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen an Pauline
Wiesel. Nebst Briefen von A. v. Humboldt, Nabel, Varnhagen, Gentz und Marie
v. Meris an dieselbe. Herausgegeben von Alexander Büchner. Leipzig, F. A. Brock-'
Haus. 1865. 167. S. 8.

Eine Vervollständigung zunächst des Bildes, welches uns Varnhagen von dem
genialen und liederlichen Prinzen gegeben hat, dann ein nicht uninteressanter Beitrag
zur Kunde jener Zeit der Lucindcn und Ardhingellos überhaupt, in der Louis Ferdinand
lebte und liebte. Pauline Wiesel, geborne Cesar, war die schönste, aber auch die
ihrer Sinnlichkeit gegenüber am wenigsten skrupulöse unter den Damen, deren Be¬
kanntschaft er cultivirte. Obwohl hauptsächlich durch Körpcrvorzüge ausgezeichnet
und wenig gebildet, muß sie doch nicht ohne Geist gewesen sein, ja zuletzt sehen wir
sie in Paris sogar Philosophie treiben. Ueberaus widerwärtig ist das Verhältniß
Paulinens zu ihrem ersten Mann; dennoch verkehrte Nadel mit beiden, und auch
Humboldt würdigte die Courtisane eines seiner zahllosen Briefe, in dem er sie „theure
Pauline" nennt und mit den Worten schließt: „Wir sind uns ewig nahe". Nicht
erbaulich, das, aber zeitgemäß und aus der Zeit heraus zu beurtheilen.


Alte Herren, die Vorläufer Bachs. Silhouetten von Elise Polko.
, Hannover, Carl Rümpler. 1865.

Mittheilungen über das Leben von sechs Cantoren der leipziger Thomasschule
aus dem sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert, die Form novellistisch. Willkom¬
mener wären uns einfache Biographien und Charakteristiken ohne phantastische Zuthat
gewesen; denn das Talent der Verfasserin, Ton und Wesen der Vergangenheit wieder¬
zugeben, ist nur klein.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0256] Zeit bereits abgeschlossen da in der lebendigsten Wahrheit und Porträtähnlichkeit, Detailtreue und Präcision; und mit all diesem Realismus in der Erscheinung wirkt das Ganze, dieser hohe frisch und rüstig bewegte königlich-soldatische Reiter auf dem starken, edeln, kräftig, stolz und energisch ausschreitenden Roh doch wie ein ideales Bild kriegerisch-fürstlicher Majestät als solcher. Gegenwärtig beschäftigen den Meister die Arbeiten an dem von ihm allein auszuführenden Schinkeldenkmal für Berlin. Er steht nun in seinein 61. Jahre in so gänzlich ungeminderter Schöpferkraft, Geistes- und Körperrüstigkeit da, daß ein Nachlassen seiner Thätigkeit vorläufig nicht zu befürchten ist. In der berliner Bildhauerschule behauptet er den ersten Ehrenplatz, den er keineswegs der Ancicnnetät verdankt. Was sie unter Rauchs treibender Anregung bisher anstrebte, das hat Drake noch immer vor allen aufs vollständigste erreicht und der Verwirklichung zugeführt und zwar auf seinen eignen selbstgebahnten Wegen. Vermischte Literatur. Briefe des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen an Pauline Wiesel. Nebst Briefen von A. v. Humboldt, Nabel, Varnhagen, Gentz und Marie v. Meris an dieselbe. Herausgegeben von Alexander Büchner. Leipzig, F. A. Brock-' Haus. 1865. 167. S. 8. Eine Vervollständigung zunächst des Bildes, welches uns Varnhagen von dem genialen und liederlichen Prinzen gegeben hat, dann ein nicht uninteressanter Beitrag zur Kunde jener Zeit der Lucindcn und Ardhingellos überhaupt, in der Louis Ferdinand lebte und liebte. Pauline Wiesel, geborne Cesar, war die schönste, aber auch die ihrer Sinnlichkeit gegenüber am wenigsten skrupulöse unter den Damen, deren Be¬ kanntschaft er cultivirte. Obwohl hauptsächlich durch Körpcrvorzüge ausgezeichnet und wenig gebildet, muß sie doch nicht ohne Geist gewesen sein, ja zuletzt sehen wir sie in Paris sogar Philosophie treiben. Ueberaus widerwärtig ist das Verhältniß Paulinens zu ihrem ersten Mann; dennoch verkehrte Nadel mit beiden, und auch Humboldt würdigte die Courtisane eines seiner zahllosen Briefe, in dem er sie „theure Pauline" nennt und mit den Worten schließt: „Wir sind uns ewig nahe". Nicht erbaulich, das, aber zeitgemäß und aus der Zeit heraus zu beurtheilen. Alte Herren, die Vorläufer Bachs. Silhouetten von Elise Polko. , Hannover, Carl Rümpler. 1865. Mittheilungen über das Leben von sechs Cantoren der leipziger Thomasschule aus dem sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert, die Form novellistisch. Willkom¬ mener wären uns einfache Biographien und Charakteristiken ohne phantastische Zuthat gewesen; denn das Talent der Verfasserin, Ton und Wesen der Vergangenheit wieder¬ zugeben, ist nur klein. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/256>, abgerufen am 22.07.2024.