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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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des achtzehnten Jahrhunderts bieten kein Hinderniß mehr und fügen sich
zwanglos ihrem Gesetz und des Bildhauers Absicht.

Auch ist noch hervorzuheben, wie es hier seit anderthalb Jahrhunderten
wieder zum ersten Mal ein Reiterstandbild zu schaffen galt. Und in wie immer
bewundernswürdiger bahnbrechender Weise ist grade diese Aufgabe gelöst! Wie
tief ist Rauch, der zuvor wohl kaum ein Pferd gebildet hatte, in Organismus
und Wesen des edlen Thieres eingedrungen; wie hat er das moderne Roh ei¬
gentlich zuerst für die Plastik gewonnen! Ebenso wie vordem noch in den
letzten zwanziger Jahren den Hirsch in jenen prächtigen, lebensgroßen Statuen
für ich weiß nicht welches Parkes Thor, wie den Löwen und den Adler, den
keiner vor ihm auch nur annähernd in gleicher plastischer Mächtigkeit und doch
Bewahrung des natürlichen Charakteristischen zu bilden vermocht hat. -- Die
Wirkung des Kopfes Friedrichs, des gewaltigen Blickes der unter dem be¬
schattenden Hut hervorblitzenden Augen, der gebietenden Züge, dieser ganzen
menschlichen Erscheinung, in welcher der irdischen Bedingtheit nichts abgebrochen
ist, während ihre inwohnende ideale Hoheit, Geistes- und Herrschermacht doch
zu so vollkommenem, imponirenden und hinreißenden Ausdruck gebracht ist,
-- diese Wirkung erprobt man erst recht hier vor dem kleinen Hilfsmodell
(1839--40), oder auch dem zweiten kolossalen, während uns im Original die
Höhe des Postaments und der schwärzliche Ton der Bronce dieselbe raubt oder
verkümmert. Aehnlich verhält es sich mit den Reliefs, mit den Neitcrsiguren
an den Ecken und den freilich auch hier immer äußerst gedrückt erscheinenden
darübersitzenden Gestalten der Herrschertugenden.

Im Mai 1851 wurde bekanntlich das fertige Werk feierlich enthüllt. Bis
zum letzten Moment hatte es Rauchs thätige Sorge, Arbeit, Ueberwachung in
Anspruch genommen. Des Meisters eignes reiches Leben schloß im December
1857. Und doch hat er seit der Mitte der vierziger Jahre gleichzeitig und
nach jener Schöpfung noch Zeit und Kraft zu einer Reihe von großen monu-
mentalen Werken gefunden, welche für sich allein schon hinreichen würden, eines
Künstlers Leben zu füllen und ihm den gerechten Ruhm zu sichern. Es sind
dies, um nur die hauptsächlichsten, im Museum befindlichen zu nennen, und
von der großen Zahl von Büsten, Entwürfen, kleineren Arbeiten abgesehen,
welche daneben unter seiner Hand'entstanden: Die Grabmonumente Königs
Friedrich Wilhelm des Dritten, des Königs Ernst August von Hannover, der
Gemahlin desselben; die Kolossalstatuen der Generale Aork und Gneisenau für
Berlin, Kants für Königsberg. Thacrs für Berlin, des Großherzogs Paul von
Mecklenburg-Schwerin, die Kolossalgruppe des Moses im Gebet, von Aaron
und Hur unterstützt, die Statue der Hoffnung, welche nun seine Grabstätte
schmückt, Bildwerke, denen sich das, wenn auch nur Skizze gebliebene, kleine
Modell eines Goethe-Schlllerdculmalö an innerem Werth mindestens gleichbeiech-


des achtzehnten Jahrhunderts bieten kein Hinderniß mehr und fügen sich
zwanglos ihrem Gesetz und des Bildhauers Absicht.

Auch ist noch hervorzuheben, wie es hier seit anderthalb Jahrhunderten
wieder zum ersten Mal ein Reiterstandbild zu schaffen galt. Und in wie immer
bewundernswürdiger bahnbrechender Weise ist grade diese Aufgabe gelöst! Wie
tief ist Rauch, der zuvor wohl kaum ein Pferd gebildet hatte, in Organismus
und Wesen des edlen Thieres eingedrungen; wie hat er das moderne Roh ei¬
gentlich zuerst für die Plastik gewonnen! Ebenso wie vordem noch in den
letzten zwanziger Jahren den Hirsch in jenen prächtigen, lebensgroßen Statuen
für ich weiß nicht welches Parkes Thor, wie den Löwen und den Adler, den
keiner vor ihm auch nur annähernd in gleicher plastischer Mächtigkeit und doch
Bewahrung des natürlichen Charakteristischen zu bilden vermocht hat. — Die
Wirkung des Kopfes Friedrichs, des gewaltigen Blickes der unter dem be¬
schattenden Hut hervorblitzenden Augen, der gebietenden Züge, dieser ganzen
menschlichen Erscheinung, in welcher der irdischen Bedingtheit nichts abgebrochen
ist, während ihre inwohnende ideale Hoheit, Geistes- und Herrschermacht doch
zu so vollkommenem, imponirenden und hinreißenden Ausdruck gebracht ist,
— diese Wirkung erprobt man erst recht hier vor dem kleinen Hilfsmodell
(1839—40), oder auch dem zweiten kolossalen, während uns im Original die
Höhe des Postaments und der schwärzliche Ton der Bronce dieselbe raubt oder
verkümmert. Aehnlich verhält es sich mit den Reliefs, mit den Neitcrsiguren
an den Ecken und den freilich auch hier immer äußerst gedrückt erscheinenden
darübersitzenden Gestalten der Herrschertugenden.

Im Mai 1851 wurde bekanntlich das fertige Werk feierlich enthüllt. Bis
zum letzten Moment hatte es Rauchs thätige Sorge, Arbeit, Ueberwachung in
Anspruch genommen. Des Meisters eignes reiches Leben schloß im December
1857. Und doch hat er seit der Mitte der vierziger Jahre gleichzeitig und
nach jener Schöpfung noch Zeit und Kraft zu einer Reihe von großen monu-
mentalen Werken gefunden, welche für sich allein schon hinreichen würden, eines
Künstlers Leben zu füllen und ihm den gerechten Ruhm zu sichern. Es sind
dies, um nur die hauptsächlichsten, im Museum befindlichen zu nennen, und
von der großen Zahl von Büsten, Entwürfen, kleineren Arbeiten abgesehen,
welche daneben unter seiner Hand'entstanden: Die Grabmonumente Königs
Friedrich Wilhelm des Dritten, des Königs Ernst August von Hannover, der
Gemahlin desselben; die Kolossalstatuen der Generale Aork und Gneisenau für
Berlin, Kants für Königsberg. Thacrs für Berlin, des Großherzogs Paul von
Mecklenburg-Schwerin, die Kolossalgruppe des Moses im Gebet, von Aaron
und Hur unterstützt, die Statue der Hoffnung, welche nun seine Grabstätte
schmückt, Bildwerke, denen sich das, wenn auch nur Skizze gebliebene, kleine
Modell eines Goethe-Schlllerdculmalö an innerem Werth mindestens gleichbeiech-


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[0022] des achtzehnten Jahrhunderts bieten kein Hinderniß mehr und fügen sich zwanglos ihrem Gesetz und des Bildhauers Absicht. Auch ist noch hervorzuheben, wie es hier seit anderthalb Jahrhunderten wieder zum ersten Mal ein Reiterstandbild zu schaffen galt. Und in wie immer bewundernswürdiger bahnbrechender Weise ist grade diese Aufgabe gelöst! Wie tief ist Rauch, der zuvor wohl kaum ein Pferd gebildet hatte, in Organismus und Wesen des edlen Thieres eingedrungen; wie hat er das moderne Roh ei¬ gentlich zuerst für die Plastik gewonnen! Ebenso wie vordem noch in den letzten zwanziger Jahren den Hirsch in jenen prächtigen, lebensgroßen Statuen für ich weiß nicht welches Parkes Thor, wie den Löwen und den Adler, den keiner vor ihm auch nur annähernd in gleicher plastischer Mächtigkeit und doch Bewahrung des natürlichen Charakteristischen zu bilden vermocht hat. — Die Wirkung des Kopfes Friedrichs, des gewaltigen Blickes der unter dem be¬ schattenden Hut hervorblitzenden Augen, der gebietenden Züge, dieser ganzen menschlichen Erscheinung, in welcher der irdischen Bedingtheit nichts abgebrochen ist, während ihre inwohnende ideale Hoheit, Geistes- und Herrschermacht doch zu so vollkommenem, imponirenden und hinreißenden Ausdruck gebracht ist, — diese Wirkung erprobt man erst recht hier vor dem kleinen Hilfsmodell (1839—40), oder auch dem zweiten kolossalen, während uns im Original die Höhe des Postaments und der schwärzliche Ton der Bronce dieselbe raubt oder verkümmert. Aehnlich verhält es sich mit den Reliefs, mit den Neitcrsiguren an den Ecken und den freilich auch hier immer äußerst gedrückt erscheinenden darübersitzenden Gestalten der Herrschertugenden. Im Mai 1851 wurde bekanntlich das fertige Werk feierlich enthüllt. Bis zum letzten Moment hatte es Rauchs thätige Sorge, Arbeit, Ueberwachung in Anspruch genommen. Des Meisters eignes reiches Leben schloß im December 1857. Und doch hat er seit der Mitte der vierziger Jahre gleichzeitig und nach jener Schöpfung noch Zeit und Kraft zu einer Reihe von großen monu- mentalen Werken gefunden, welche für sich allein schon hinreichen würden, eines Künstlers Leben zu füllen und ihm den gerechten Ruhm zu sichern. Es sind dies, um nur die hauptsächlichsten, im Museum befindlichen zu nennen, und von der großen Zahl von Büsten, Entwürfen, kleineren Arbeiten abgesehen, welche daneben unter seiner Hand'entstanden: Die Grabmonumente Königs Friedrich Wilhelm des Dritten, des Königs Ernst August von Hannover, der Gemahlin desselben; die Kolossalstatuen der Generale Aork und Gneisenau für Berlin, Kants für Königsberg. Thacrs für Berlin, des Großherzogs Paul von Mecklenburg-Schwerin, die Kolossalgruppe des Moses im Gebet, von Aaron und Hur unterstützt, die Statue der Hoffnung, welche nun seine Grabstätte schmückt, Bildwerke, denen sich das, wenn auch nur Skizze gebliebene, kleine Modell eines Goethe-Schlllerdculmalö an innerem Werth mindestens gleichbeiech-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/22>, abgerufen am 22.12.2024.