Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.der alten ständischen Verfassung zu feiern, aus einer öffentlichen Kasse die Der andere, auf jedem Landtage sich wiederholende Antrag Maneckes, be¬ Eine der größten Schattenseiten unserer Zustände liegt in der niedrigen 21"
der alten ständischen Verfassung zu feiern, aus einer öffentlichen Kasse die Der andere, auf jedem Landtage sich wiederholende Antrag Maneckes, be¬ Eine der größten Schattenseiten unserer Zustände liegt in der niedrigen 21"
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0177" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284647"/> <p xml:id="ID_599" prev="#ID_598"> der alten ständischen Verfassung zu feiern, aus einer öffentlichen Kasse die<lb/> Summe von 10,000 Thlr. bewilligt, und viele Einzelne erhöheten diese Summe<lb/> noch um ein Bedeutendes durch Zeichnung von Privatbeiträgen.</p><lb/> <p xml:id="ID_600"> Der andere, auf jedem Landtage sich wiederholende Antrag Maneckes, be¬<lb/> treffend den Anschluß Mecklenburgs an den deutschen Zollverein, war zwar in<lb/> die Registrande des Engeren Ausschusses aufgenommen, wurde aber in der<lb/> üblichen Weise > ohne Verlesung und ohne Vorprüfung durch einen Ausschuß,<lb/> mit dem Beschlusse abgefertigt, daß man denselben auf sich beruhen lassen wolle.<lb/> Ein dritter Antrag desselben Mitgliedes der kleinen Fortschrittspartei in der<lb/> Ritterschaft, auf Herbeiführung einer Landessynode als legislativer Kirchen¬<lb/> behörde gerichtet, wurde gleichfalls ohne vorgängige Prüfung und Begutachtung<lb/> zurückgewiesen. Man fand darin einen Angriff auf die bestehende Kirchenver¬<lb/> fassung und das herrschende Kirchenregiment, welche die Stände zu schützen be¬<lb/> rufen seien, und man stellte die Behauptung auf, daß die im Jahre 1849 er¬<lb/> theilte Verheißung einer Landessynode, an welche der Antragsteller erinnert<lb/> hatte, in der damals durch das Staatsgrundgesetz aufgerichteten Trennung<lb/> zwischen Kirche und Staat ihr alleiniges Fundament gehabt habe, während es<lb/> doch notorisch ist, daß Kliefoth, Krabbe und andere Säulen der lutherischen<lb/> Orthodoxie in Mecklenburg im Jahre 1849 die Nothwendigkeit einer auf dem<lb/> Gemeindeprincip ruhenden Kirchenverfassung aus dem Wesen und Bedürfniß<lb/> der Kirche, ganz unabhängig von deren Verhältniß zum Staat, deducirten, und<lb/> der Erstgenannte durch seinen Eintritt in die zu diesem Zwecke geschaffene Kirchen¬<lb/> commission die persönliche Verpflichtung übernahm, die Hinüberleitung der<lb/> Landeskirche in die Synodalverfassung zu bewirken. Damals freilich fand selbst<lb/> ein Kliefoth kein Bedenken, die Veranstaltung einer kirchlichen Feier der Ver¬<lb/> kündigung der deutschen Grundrechte zu sanctioniren. Aber die Zeiten sind<lb/> andere geworden, und die orthodoxen Herren lassen sich jetzt nicht gern an ihre<lb/> damaligen Anschauungen und Grundsätze erinnern. Einer der ritterschaftlichen<lb/> Führer der herrschenden Kirchenpartei, der Landrath v. Oertzen-Woltow, erhob<lb/> sogar bei der Verhandlung über den Antrag auf Herbeiführung einer Landes¬<lb/> synode seine Stimme, um die Verbindung einer mißbilligenden Aeußerung mit<lb/> dem ablehnenden Beschluß der Landtagsversammlung zu empfehlen, damit die¬<lb/> selbe nicht immer von Neuem von derselben Seite durch so widerwärtige Anträge<lb/> behelligt werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_601" next="#ID_602"> Eine der größten Schattenseiten unserer Zustände liegt in der niedrigen<lb/> Culturstufe des Schulwesens im Ritterschaftlichen. Eine Hebung desselben be¬<lb/> zweckte ein von dem Rittergutsbesitzer Bock-Gr.-Weltzien gestellter Antrag,<lb/> welcher in der geltenden Schulordnung von 1821 namentlich folgende Punkte<lb/> als einer Reform bedürftig hervorhob: die mangelhafte Ausbildung der zum<lb/> Schulamt sich meldenden Personen, die bei deren Prüfung gestellten geringen</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 21"</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0177]
der alten ständischen Verfassung zu feiern, aus einer öffentlichen Kasse die
Summe von 10,000 Thlr. bewilligt, und viele Einzelne erhöheten diese Summe
noch um ein Bedeutendes durch Zeichnung von Privatbeiträgen.
Der andere, auf jedem Landtage sich wiederholende Antrag Maneckes, be¬
treffend den Anschluß Mecklenburgs an den deutschen Zollverein, war zwar in
die Registrande des Engeren Ausschusses aufgenommen, wurde aber in der
üblichen Weise > ohne Verlesung und ohne Vorprüfung durch einen Ausschuß,
mit dem Beschlusse abgefertigt, daß man denselben auf sich beruhen lassen wolle.
Ein dritter Antrag desselben Mitgliedes der kleinen Fortschrittspartei in der
Ritterschaft, auf Herbeiführung einer Landessynode als legislativer Kirchen¬
behörde gerichtet, wurde gleichfalls ohne vorgängige Prüfung und Begutachtung
zurückgewiesen. Man fand darin einen Angriff auf die bestehende Kirchenver¬
fassung und das herrschende Kirchenregiment, welche die Stände zu schützen be¬
rufen seien, und man stellte die Behauptung auf, daß die im Jahre 1849 er¬
theilte Verheißung einer Landessynode, an welche der Antragsteller erinnert
hatte, in der damals durch das Staatsgrundgesetz aufgerichteten Trennung
zwischen Kirche und Staat ihr alleiniges Fundament gehabt habe, während es
doch notorisch ist, daß Kliefoth, Krabbe und andere Säulen der lutherischen
Orthodoxie in Mecklenburg im Jahre 1849 die Nothwendigkeit einer auf dem
Gemeindeprincip ruhenden Kirchenverfassung aus dem Wesen und Bedürfniß
der Kirche, ganz unabhängig von deren Verhältniß zum Staat, deducirten, und
der Erstgenannte durch seinen Eintritt in die zu diesem Zwecke geschaffene Kirchen¬
commission die persönliche Verpflichtung übernahm, die Hinüberleitung der
Landeskirche in die Synodalverfassung zu bewirken. Damals freilich fand selbst
ein Kliefoth kein Bedenken, die Veranstaltung einer kirchlichen Feier der Ver¬
kündigung der deutschen Grundrechte zu sanctioniren. Aber die Zeiten sind
andere geworden, und die orthodoxen Herren lassen sich jetzt nicht gern an ihre
damaligen Anschauungen und Grundsätze erinnern. Einer der ritterschaftlichen
Führer der herrschenden Kirchenpartei, der Landrath v. Oertzen-Woltow, erhob
sogar bei der Verhandlung über den Antrag auf Herbeiführung einer Landes¬
synode seine Stimme, um die Verbindung einer mißbilligenden Aeußerung mit
dem ablehnenden Beschluß der Landtagsversammlung zu empfehlen, damit die¬
selbe nicht immer von Neuem von derselben Seite durch so widerwärtige Anträge
behelligt werde.
Eine der größten Schattenseiten unserer Zustände liegt in der niedrigen
Culturstufe des Schulwesens im Ritterschaftlichen. Eine Hebung desselben be¬
zweckte ein von dem Rittergutsbesitzer Bock-Gr.-Weltzien gestellter Antrag,
welcher in der geltenden Schulordnung von 1821 namentlich folgende Punkte
als einer Reform bedürftig hervorhob: die mangelhafte Ausbildung der zum
Schulamt sich meldenden Personen, die bei deren Prüfung gestellten geringen
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