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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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Politik die einzige Basis werden würden, aus welcher ein Etabliren der höchst¬
berechtigten Ansprüche Preußens an die Herzogthümer durchführbar wäre. Wozu
^ich selbst immer neue Barrieren auf der einzigen sichern Rückzugsiinie schaffen!
Ebenso hat die Presse des Herzogthums Holstein in kurzsichtigen Eiser Schäd¬
liches gegen die Interessen ihrer Parteisache gethan. Wenn sie seit einem Jahre
beflissen ist, alles, was in dem preußischen Staat unfertig ist und unweise ge¬
schieht, mit Behagen hervorzuheben, um dadurch die Opposition gegen Preußen
zu stärken, so haben die Leiter dieser Richtung bereits den Nachtheil zu tragen,
daß nicht nur die gegenwärtige Regierung Preußens, sondern das ganze preu¬
ßische Volk darin eine häßliche Methode der Agitation empfindet, welche die
Seelen empört. Was frommt eine solche feindselige Agitation, durch welche
die Liberalen Preußens grade so verletzt werden, wie die Konservativen? Man
kann auch Preußen nicht ausstreichen aus der Reihe der europäischen Staaten; eine
Zukunft der Herzogthümer ohne vorwiegenden Einfluß Preußens ist ganz un¬
möglich; wozu hat man einen Haß gesäet, der dem Fürsten, welchen man sich
wünscht, sehr erschweren muß, irgendwelche Concession an Preußen bei dem
eigenen Lande durchzusetzen, und der ihn bei der größern Hälfte Deutsch¬
lands in den Ruf gebracht hat, ein erbitterter Feind des Staates zu sein, wel¬
chen wir doch einmal nicht entbehren können. Denn Preußen ist in Wahrheit
gar nicht mehr ein Stück von Deutschland, sondern es ist bereits Deutschland
selbst, wenn auch in sehr unvollkommener Organisation.

Es wird grade jetzt Zeit, daß man in Berlin wie in Kiel der Presse
andere Stimmung gebe. Noch besteht der feindliche Gegensatz der Interessen,
aber beide Theile haben Ursache daran zu denken, daß bei veränderter Sach¬
lage eine Versöhnung möglich werde, und der Weg dazu ist für beide nicht
ein Brüskiren und Herabziehen der Gegner, sondern anständige Behandlung.

Unterdeß bleibt bei dem Weg, auf welchem die preußischen Interessen in
den Herzogtümern geleitet worden sind, für Preußen nur noch die letzte Aussicht,
daß das Provisorium lange genug daure, um den Bewohnern der Herzog¬
thümer ein besseres Verständniß von dem Werth preußischer Unterstützung zu
geben.

Die schwere Aufgabe, welche das Abgeordnetenhaus in dieser Session hat,
wissen wir Deutsche Wohl zu würdigen, und warmer Antheil wird ihrer Thätig¬
keit nicht fehlen. Es ist eine schwere Lehrzeit, welche der jungen Kraft unserer
Volksvertreter veschieden ist; wir vertrauen, sie wird ihnen selbst und dem Lande
einst zum Segen sein! Sie sind von dem Tage, an welchem sie zusammen¬
treten , in der That die Führer der liberalen Partei in Deutschland. Sie wer¬
den um so sicherer das politische Leben der Deutschen bestimmend leiten, je
? stolzer und fester sie ihre Aufgabe erfassen, Preußen- zu sein.




Politik die einzige Basis werden würden, aus welcher ein Etabliren der höchst¬
berechtigten Ansprüche Preußens an die Herzogthümer durchführbar wäre. Wozu
^ich selbst immer neue Barrieren auf der einzigen sichern Rückzugsiinie schaffen!
Ebenso hat die Presse des Herzogthums Holstein in kurzsichtigen Eiser Schäd¬
liches gegen die Interessen ihrer Parteisache gethan. Wenn sie seit einem Jahre
beflissen ist, alles, was in dem preußischen Staat unfertig ist und unweise ge¬
schieht, mit Behagen hervorzuheben, um dadurch die Opposition gegen Preußen
zu stärken, so haben die Leiter dieser Richtung bereits den Nachtheil zu tragen,
daß nicht nur die gegenwärtige Regierung Preußens, sondern das ganze preu¬
ßische Volk darin eine häßliche Methode der Agitation empfindet, welche die
Seelen empört. Was frommt eine solche feindselige Agitation, durch welche
die Liberalen Preußens grade so verletzt werden, wie die Konservativen? Man
kann auch Preußen nicht ausstreichen aus der Reihe der europäischen Staaten; eine
Zukunft der Herzogthümer ohne vorwiegenden Einfluß Preußens ist ganz un¬
möglich; wozu hat man einen Haß gesäet, der dem Fürsten, welchen man sich
wünscht, sehr erschweren muß, irgendwelche Concession an Preußen bei dem
eigenen Lande durchzusetzen, und der ihn bei der größern Hälfte Deutsch¬
lands in den Ruf gebracht hat, ein erbitterter Feind des Staates zu sein, wel¬
chen wir doch einmal nicht entbehren können. Denn Preußen ist in Wahrheit
gar nicht mehr ein Stück von Deutschland, sondern es ist bereits Deutschland
selbst, wenn auch in sehr unvollkommener Organisation.

Es wird grade jetzt Zeit, daß man in Berlin wie in Kiel der Presse
andere Stimmung gebe. Noch besteht der feindliche Gegensatz der Interessen,
aber beide Theile haben Ursache daran zu denken, daß bei veränderter Sach¬
lage eine Versöhnung möglich werde, und der Weg dazu ist für beide nicht
ein Brüskiren und Herabziehen der Gegner, sondern anständige Behandlung.

Unterdeß bleibt bei dem Weg, auf welchem die preußischen Interessen in
den Herzogtümern geleitet worden sind, für Preußen nur noch die letzte Aussicht,
daß das Provisorium lange genug daure, um den Bewohnern der Herzog¬
thümer ein besseres Verständniß von dem Werth preußischer Unterstützung zu
geben.

Die schwere Aufgabe, welche das Abgeordnetenhaus in dieser Session hat,
wissen wir Deutsche Wohl zu würdigen, und warmer Antheil wird ihrer Thätig¬
keit nicht fehlen. Es ist eine schwere Lehrzeit, welche der jungen Kraft unserer
Volksvertreter veschieden ist; wir vertrauen, sie wird ihnen selbst und dem Lande
einst zum Segen sein! Sie sind von dem Tage, an welchem sie zusammen¬
treten , in der That die Führer der liberalen Partei in Deutschland. Sie wer¬
den um so sicherer das politische Leben der Deutschen bestimmend leiten, je
? stolzer und fester sie ihre Aufgabe erfassen, Preußen- zu sein.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/168>, abgerufen am 29.06.2024.