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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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die preußische Regierung hat sich durch eine Finanzoperation mit der Köln-
Mindener Eisenbahn große Geldsummen, vielleicht dreißig, vielleicht vierzig Mil¬
lionen beschafft, kein Zweifel, das hat Großes zu bedeuten. Leider ist dies
heimliche Waffengerciusch hinter der Scene von der Art, daß es durch einen
einzigen kleinen Artikel in einer Zeitung des Kaiser Napoleons zum Schweigen
gebracht wird. Wenn in Preußen selbst dergleichen für wichtig gehalten wird,
so beurtheilt man dort, wie uns scheint, Lage, Stimmungen und persönliche
Einwirkungen der regierenden Kreise durchaus anders, als sie verdienen. Ein
Krieg auf Tod und Leben, der die ganze Volkskraft Preußens entfesseln muß,
ist kein Krieg, den die Regierenden, auch wenn sie davon sprechen sollten, je¬
mals im Ernst wünschen dürfen. Denen aber, welche im patriotischen Zorn
immer noch hoffen, was sie wünschen, soll hier am Schluß durch eine Frage
geantwortet werden, die man nicht für ungehörig und nicht für frivol halten
möge: Die Pickelhauben der preußischen Infanterie haben sich als unbrauch¬
bar für jede Campagne bewiesen, wie kommt es wohl, daß die Absicht aufge¬
geben wurde, dies Monturstück mit einem kriegsmäßigeren zu vertauschen?
Wer diese Frage richtig beantwortet, wird den Gedanken an einen deutschen
Krieg um Schleswig-Holstein ausstreichen. -- Es sind freilich nicht die Pickel¬
hauben allein, welche einen Krieg mit Oestreich und Zubehör unthunlich oder
officiös ausgedrückt unelegant machen.

Die Frage aber steht für uns Preußen jetzt so: Krieg oder Olmütz?--


?


Vermischte Literatur.
Geschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Von Karl
Friedrich Neumann. Zweiter Band. Berlin, 1865. Karl Heymanns Verlag.
592. S. 8.

Dieser zweite Band, dem im nächsten Jahre der dritte und letzte folgen soll,
führt die Geschichte der nordamerikanischen Union von der ersten Präsidentschaft
Jeffersons bis zum Ende der zweiten Präsidentschaft Jacksons fort und behandelt
hierbei unter anderem die für Beurtheilung des gegenwärtigen Amerika besonders
wichtigen Fragen der Sklaverei in den Südstaaten und der Ereignisse, aus denen
die Monrocdoctrin hervorging, in ausführlicher Weise. Die Arbeit, mehr Geschichte
der Parteien und der Verfassung Amerikas als Darstellung der großen Actionen,


die preußische Regierung hat sich durch eine Finanzoperation mit der Köln-
Mindener Eisenbahn große Geldsummen, vielleicht dreißig, vielleicht vierzig Mil¬
lionen beschafft, kein Zweifel, das hat Großes zu bedeuten. Leider ist dies
heimliche Waffengerciusch hinter der Scene von der Art, daß es durch einen
einzigen kleinen Artikel in einer Zeitung des Kaiser Napoleons zum Schweigen
gebracht wird. Wenn in Preußen selbst dergleichen für wichtig gehalten wird,
so beurtheilt man dort, wie uns scheint, Lage, Stimmungen und persönliche
Einwirkungen der regierenden Kreise durchaus anders, als sie verdienen. Ein
Krieg auf Tod und Leben, der die ganze Volkskraft Preußens entfesseln muß,
ist kein Krieg, den die Regierenden, auch wenn sie davon sprechen sollten, je¬
mals im Ernst wünschen dürfen. Denen aber, welche im patriotischen Zorn
immer noch hoffen, was sie wünschen, soll hier am Schluß durch eine Frage
geantwortet werden, die man nicht für ungehörig und nicht für frivol halten
möge: Die Pickelhauben der preußischen Infanterie haben sich als unbrauch¬
bar für jede Campagne bewiesen, wie kommt es wohl, daß die Absicht aufge¬
geben wurde, dies Monturstück mit einem kriegsmäßigeren zu vertauschen?
Wer diese Frage richtig beantwortet, wird den Gedanken an einen deutschen
Krieg um Schleswig-Holstein ausstreichen. — Es sind freilich nicht die Pickel¬
hauben allein, welche einen Krieg mit Oestreich und Zubehör unthunlich oder
officiös ausgedrückt unelegant machen.

Die Frage aber steht für uns Preußen jetzt so: Krieg oder Olmütz?--


?


Vermischte Literatur.
Geschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Von Karl
Friedrich Neumann. Zweiter Band. Berlin, 1865. Karl Heymanns Verlag.
592. S. 8.

Dieser zweite Band, dem im nächsten Jahre der dritte und letzte folgen soll,
führt die Geschichte der nordamerikanischen Union von der ersten Präsidentschaft
Jeffersons bis zum Ende der zweiten Präsidentschaft Jacksons fort und behandelt
hierbei unter anderem die für Beurtheilung des gegenwärtigen Amerika besonders
wichtigen Fragen der Sklaverei in den Südstaaten und der Ereignisse, aus denen
die Monrocdoctrin hervorging, in ausführlicher Weise. Die Arbeit, mehr Geschichte
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[0635] die preußische Regierung hat sich durch eine Finanzoperation mit der Köln- Mindener Eisenbahn große Geldsummen, vielleicht dreißig, vielleicht vierzig Mil¬ lionen beschafft, kein Zweifel, das hat Großes zu bedeuten. Leider ist dies heimliche Waffengerciusch hinter der Scene von der Art, daß es durch einen einzigen kleinen Artikel in einer Zeitung des Kaiser Napoleons zum Schweigen gebracht wird. Wenn in Preußen selbst dergleichen für wichtig gehalten wird, so beurtheilt man dort, wie uns scheint, Lage, Stimmungen und persönliche Einwirkungen der regierenden Kreise durchaus anders, als sie verdienen. Ein Krieg auf Tod und Leben, der die ganze Volkskraft Preußens entfesseln muß, ist kein Krieg, den die Regierenden, auch wenn sie davon sprechen sollten, je¬ mals im Ernst wünschen dürfen. Denen aber, welche im patriotischen Zorn immer noch hoffen, was sie wünschen, soll hier am Schluß durch eine Frage geantwortet werden, die man nicht für ungehörig und nicht für frivol halten möge: Die Pickelhauben der preußischen Infanterie haben sich als unbrauch¬ bar für jede Campagne bewiesen, wie kommt es wohl, daß die Absicht aufge¬ geben wurde, dies Monturstück mit einem kriegsmäßigeren zu vertauschen? Wer diese Frage richtig beantwortet, wird den Gedanken an einen deutschen Krieg um Schleswig-Holstein ausstreichen. — Es sind freilich nicht die Pickel¬ hauben allein, welche einen Krieg mit Oestreich und Zubehör unthunlich oder officiös ausgedrückt unelegant machen. Die Frage aber steht für uns Preußen jetzt so: Krieg oder Olmütz?-- ? Vermischte Literatur. Geschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Von Karl Friedrich Neumann. Zweiter Band. Berlin, 1865. Karl Heymanns Verlag. 592. S. 8. Dieser zweite Band, dem im nächsten Jahre der dritte und letzte folgen soll, führt die Geschichte der nordamerikanischen Union von der ersten Präsidentschaft Jeffersons bis zum Ende der zweiten Präsidentschaft Jacksons fort und behandelt hierbei unter anderem die für Beurtheilung des gegenwärtigen Amerika besonders wichtigen Fragen der Sklaverei in den Südstaaten und der Ereignisse, aus denen die Monrocdoctrin hervorging, in ausführlicher Weise. Die Arbeit, mehr Geschichte der Parteien und der Verfassung Amerikas als Darstellung der großen Actionen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/635>, abgerufen am 15.01.2025.