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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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Ulvar, der Großinquisitor und acht Bischöfe, tritt ein. Don Pedro theilt der
Versammlung im Auftrage des Königs Emanuel mit. daß eine Expedition aus¬
gerüstet werden solle, um Spuren des untergegangenen Geschwaders des Diaz
aufzufinden. Don Ulvar erklärt dies für verlorene Mühe, da ein junger Offi¬
zier, der sich gerettet und eben angelangt sei, den völligen Untergang des
kühnen Seehelden und seiner Flotte durch Stürme am Cap der guten Hoff¬
nung berichte. Der junge Offizier, der niemand anders ist als Vasco de Gama.
wird vorgelassen. Er schließt seinen Bericht mit der Versicherung, daß alle
Schrecknisse, die er erlebt, ihn nicht vor erneuerten Versuchen, den Weg nach
den im Osten geahnten Ländern zu finden, zurückbeben ließen, und bittet den
Staatsrath, ihm dazu die Mittel zu gewähren. Die Meinungen in der Ver¬
sammlung sind getheilt. Die fanatischen Priester, denen jede Erweiterung des
Geisteshorizontes der Menschheit verhaßt, erklären den Untergang des Diaz für
ein Gottesgericht und Vasco für einen verblendeten Schwärmer. Ein Theil
der Edelleute und der Admiralität dagegen stellt sich auf Vascvs Seite. Vasco
bittet, man möge ihm. ehe man sich entscheide, den thatsächlichen Beweis zu
führen erlauben, daß er kein Träumer und daß seine Voraussetzung von fernen
Ländern im Osten des Caps der guten Hoffnung keine Hirngesp^ruhte seien.
Auf seinen Wink treten Selica, eine Königstochter des fernen Madagascar, und
Nelusco, einer der Häuptlinge ihres Volkes, ein. Beide wurden durch einen
Sturm in die Nähe des Caps verschlagen und bei dieser Gelegenheit von Vasco
gefangen, der in ihnen die Bestätigung seiner Ahnungen begrüßte und sie als
seine Sklaven mit nach Europa führte. Trotzdem entscheidet sich die Versamm¬
lung nach stürmischer Berathung, in der besonders die Priester und Pedro, der
den Vasco als seinen Nebenbuhler haßt, den Ausschlag geben, gegen den jun¬
gen Seehelden. Pedro verkündet ihm mit Hohn, daß der Staatsrath seine
Vorschläge als Wahnwitz zurückweise. Vasco. entrüstet und beleidigt, nennt
Columvus, den die Weisen seiner Zeit ebenso verächtlich behandelt und der
Vor der Geschichte doch Recht behalten. Auch über den hier versammelten
Staatsrath werde die Welt einst richten. Don Pedro ergreift diese Gelegen¬
heit, um den Tod des jungen Verwegenen zu fordern, der es wage, die höchste
Behörde im Königreiche zu beschimpfen. Man ist ganz seiner Meinung, doch
gelingt es der kleinen Partei, die Antheil an ihm nimmt, dies Urtheil auf
ewige Kerkerhaft zu mildern, welchem Beschluß der von Vasco gereizte Gro߬
inquisitor noch seinen Bannfluch hinzufügt.

Der zweite Act führt uns in das Gefängniß der Inquisition zu Lissabon.
Vasco. hier eingekerkert, sieht im Traume die Länder seiner Sehnsucht vor sich
ausgethan. Selica, die ihn liebt und seinen Schlaf belauscht, vernimmt zu
ihrem Entsetzen, daß er bereits eine Andere, daß er Ines liebt und durch den
Ruhm seiner Entdeckungen die Geliebte allen Hindernissen zum Trotz zu errin-


Ulvar, der Großinquisitor und acht Bischöfe, tritt ein. Don Pedro theilt der
Versammlung im Auftrage des Königs Emanuel mit. daß eine Expedition aus¬
gerüstet werden solle, um Spuren des untergegangenen Geschwaders des Diaz
aufzufinden. Don Ulvar erklärt dies für verlorene Mühe, da ein junger Offi¬
zier, der sich gerettet und eben angelangt sei, den völligen Untergang des
kühnen Seehelden und seiner Flotte durch Stürme am Cap der guten Hoff¬
nung berichte. Der junge Offizier, der niemand anders ist als Vasco de Gama.
wird vorgelassen. Er schließt seinen Bericht mit der Versicherung, daß alle
Schrecknisse, die er erlebt, ihn nicht vor erneuerten Versuchen, den Weg nach
den im Osten geahnten Ländern zu finden, zurückbeben ließen, und bittet den
Staatsrath, ihm dazu die Mittel zu gewähren. Die Meinungen in der Ver¬
sammlung sind getheilt. Die fanatischen Priester, denen jede Erweiterung des
Geisteshorizontes der Menschheit verhaßt, erklären den Untergang des Diaz für
ein Gottesgericht und Vasco für einen verblendeten Schwärmer. Ein Theil
der Edelleute und der Admiralität dagegen stellt sich auf Vascvs Seite. Vasco
bittet, man möge ihm. ehe man sich entscheide, den thatsächlichen Beweis zu
führen erlauben, daß er kein Träumer und daß seine Voraussetzung von fernen
Ländern im Osten des Caps der guten Hoffnung keine Hirngesp^ruhte seien.
Auf seinen Wink treten Selica, eine Königstochter des fernen Madagascar, und
Nelusco, einer der Häuptlinge ihres Volkes, ein. Beide wurden durch einen
Sturm in die Nähe des Caps verschlagen und bei dieser Gelegenheit von Vasco
gefangen, der in ihnen die Bestätigung seiner Ahnungen begrüßte und sie als
seine Sklaven mit nach Europa führte. Trotzdem entscheidet sich die Versamm¬
lung nach stürmischer Berathung, in der besonders die Priester und Pedro, der
den Vasco als seinen Nebenbuhler haßt, den Ausschlag geben, gegen den jun¬
gen Seehelden. Pedro verkündet ihm mit Hohn, daß der Staatsrath seine
Vorschläge als Wahnwitz zurückweise. Vasco. entrüstet und beleidigt, nennt
Columvus, den die Weisen seiner Zeit ebenso verächtlich behandelt und der
Vor der Geschichte doch Recht behalten. Auch über den hier versammelten
Staatsrath werde die Welt einst richten. Don Pedro ergreift diese Gelegen¬
heit, um den Tod des jungen Verwegenen zu fordern, der es wage, die höchste
Behörde im Königreiche zu beschimpfen. Man ist ganz seiner Meinung, doch
gelingt es der kleinen Partei, die Antheil an ihm nimmt, dies Urtheil auf
ewige Kerkerhaft zu mildern, welchem Beschluß der von Vasco gereizte Gro߬
inquisitor noch seinen Bannfluch hinzufügt.

Der zweite Act führt uns in das Gefängniß der Inquisition zu Lissabon.
Vasco. hier eingekerkert, sieht im Traume die Länder seiner Sehnsucht vor sich
ausgethan. Selica, die ihn liebt und seinen Schlaf belauscht, vernimmt zu
ihrem Entsetzen, daß er bereits eine Andere, daß er Ines liebt und durch den
Ruhm seiner Entdeckungen die Geliebte allen Hindernissen zum Trotz zu errin-


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[0622] Ulvar, der Großinquisitor und acht Bischöfe, tritt ein. Don Pedro theilt der Versammlung im Auftrage des Königs Emanuel mit. daß eine Expedition aus¬ gerüstet werden solle, um Spuren des untergegangenen Geschwaders des Diaz aufzufinden. Don Ulvar erklärt dies für verlorene Mühe, da ein junger Offi¬ zier, der sich gerettet und eben angelangt sei, den völligen Untergang des kühnen Seehelden und seiner Flotte durch Stürme am Cap der guten Hoff¬ nung berichte. Der junge Offizier, der niemand anders ist als Vasco de Gama. wird vorgelassen. Er schließt seinen Bericht mit der Versicherung, daß alle Schrecknisse, die er erlebt, ihn nicht vor erneuerten Versuchen, den Weg nach den im Osten geahnten Ländern zu finden, zurückbeben ließen, und bittet den Staatsrath, ihm dazu die Mittel zu gewähren. Die Meinungen in der Ver¬ sammlung sind getheilt. Die fanatischen Priester, denen jede Erweiterung des Geisteshorizontes der Menschheit verhaßt, erklären den Untergang des Diaz für ein Gottesgericht und Vasco für einen verblendeten Schwärmer. Ein Theil der Edelleute und der Admiralität dagegen stellt sich auf Vascvs Seite. Vasco bittet, man möge ihm. ehe man sich entscheide, den thatsächlichen Beweis zu führen erlauben, daß er kein Träumer und daß seine Voraussetzung von fernen Ländern im Osten des Caps der guten Hoffnung keine Hirngesp^ruhte seien. Auf seinen Wink treten Selica, eine Königstochter des fernen Madagascar, und Nelusco, einer der Häuptlinge ihres Volkes, ein. Beide wurden durch einen Sturm in die Nähe des Caps verschlagen und bei dieser Gelegenheit von Vasco gefangen, der in ihnen die Bestätigung seiner Ahnungen begrüßte und sie als seine Sklaven mit nach Europa führte. Trotzdem entscheidet sich die Versamm¬ lung nach stürmischer Berathung, in der besonders die Priester und Pedro, der den Vasco als seinen Nebenbuhler haßt, den Ausschlag geben, gegen den jun¬ gen Seehelden. Pedro verkündet ihm mit Hohn, daß der Staatsrath seine Vorschläge als Wahnwitz zurückweise. Vasco. entrüstet und beleidigt, nennt Columvus, den die Weisen seiner Zeit ebenso verächtlich behandelt und der Vor der Geschichte doch Recht behalten. Auch über den hier versammelten Staatsrath werde die Welt einst richten. Don Pedro ergreift diese Gelegen¬ heit, um den Tod des jungen Verwegenen zu fordern, der es wage, die höchste Behörde im Königreiche zu beschimpfen. Man ist ganz seiner Meinung, doch gelingt es der kleinen Partei, die Antheil an ihm nimmt, dies Urtheil auf ewige Kerkerhaft zu mildern, welchem Beschluß der von Vasco gereizte Gro߬ inquisitor noch seinen Bannfluch hinzufügt. Der zweite Act führt uns in das Gefängniß der Inquisition zu Lissabon. Vasco. hier eingekerkert, sieht im Traume die Länder seiner Sehnsucht vor sich ausgethan. Selica, die ihn liebt und seinen Schlaf belauscht, vernimmt zu ihrem Entsetzen, daß er bereits eine Andere, daß er Ines liebt und durch den Ruhm seiner Entdeckungen die Geliebte allen Hindernissen zum Trotz zu errin-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/622>, abgerufen am 15.01.2025.