Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band."Anträger" bekommen mitunter noch einen Extrawecken mit dareingebackenem Mit einem "Walt's Gott bis über's Jahr" wird das Feld verlassen. Auf Die Feier des Ernteschlusses fällt in Mitte oder Ende des Juli; sie heißt An dem Erntesonntag, dem kirchlichen Dankfest, pflegte man noch unlängst Bald nun, nachdem mit dem leichten Unterpflügen der Stoppeln, welches „Anträger" bekommen mitunter noch einen Extrawecken mit dareingebackenem Mit einem „Walt's Gott bis über's Jahr" wird das Feld verlassen. Auf Die Feier des Ernteschlusses fällt in Mitte oder Ende des Juli; sie heißt An dem Erntesonntag, dem kirchlichen Dankfest, pflegte man noch unlängst Bald nun, nachdem mit dem leichten Unterpflügen der Stoppeln, welches <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0589" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283942"/> <p xml:id="ID_1698" prev="#ID_1697"> „Anträger" bekommen mitunter noch einen Extrawecken mit dareingebackenem<lb/> Trinkgeld.</p><lb/> <p xml:id="ID_1699"> Mit einem „Walt's Gott bis über's Jahr" wird das Feld verlassen. Auf<lb/> der Heimfahrt gilt es mit dem vollen Wagen vorsichtig zu sein; denn hat dieser<lb/> das „Ungefäll", umzuleeren, so trägt dies dem Eigenthümer gemeiniglich den<lb/> Ruf ein. Geizes halber bestraft worden zu sein, und der ungeschickte Fuhrmann<lb/> selbst — wenn nicht der Sohn des Bauers — wird mit dem Orakelspruch<lb/> geschreckt, er werde eine böse Sieben zur Frau bekommen. Einen besonderen<lb/> Act des Ernteschlusses bildet die Maskirung und Bekränzung deS Sichelträgers,<lb/> nämlich des jüngsten oder des zuletzt in Arbeit getretenen Schmieders, welcher<lb/> täglich die Sicheln zu Felde nachzutragen hatte. Jetzt, am letzten Erntetag,<lb/> wird er von seinen Mitarbeitern mit einer Vermummung abgelohnt und nach<lb/> dem Instrument, in welchem er sein Bündel Sicheln trug, das „Sichelschit"<lb/> benamset, und hat fortan die Rolle eines Hanswurstes zu spielen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1700"> Die Feier des Ernteschlusses fällt in Mitte oder Ende des Juli; sie heißt<lb/> Sichellegi, Sichelhcnki, Sichcllösi, oder — nach dem Vogel der Fruchtbarkeit<lb/> und des Erntesegens, der ehemals dabei gefeiert und zugleich verschmaust wurde<lb/> — Krähhahne; denn den Mittelpunkt dieser Feier bildet eben die Mahlzeit mit<lb/> ihrem mancherlei Heuerimbiß. Da Pflegt denn auch der Dorfschlächter dem<lb/> Gutsherrn einen „Schafschlegel" (Hammelkeule) zu überschicken, womit er sich<lb/> die Erlaubniß erwirbt, die Stoppelfelder mit seiner Schafherde auszuweiden.<lb/> Eine charakteristische Redensart bei dieser Erntemahlzeit heißt: „Der Wein muß<lb/> um ein paar Dauben tiefer stehn". Sache der Hausfrau ist es, dafür zu sorgen,<lb/> daß wo möglich schon am Abend dieses Tages einige große „Erntebrotc". aus<lb/> dem neuen Getreide gebacken, aufgetischt werden. Feiern, wie das gewöhnlich<lb/> geschieht, mehre Häuser oder Höfe den Krähhahnen gleichzeitig, so besucht man<lb/> sich paarweise und unter allerlei Maskeraden, bis schließlich ein gemeinschaftlicher<lb/> Tanz alle vereinigt. Oft stattet man auch einer Nachbargemeinde einen Besuch<lb/> ab aus einem Wagen, aus welchem all das Geräthe mitgeführt wird, welches<lb/> man zur Ernte gebrauchte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1701"> An dem Erntesonntag, dem kirchlichen Dankfest, pflegte man noch unlängst<lb/> eine gewaltige Garbe mit zur Kirche zu bringen, die dann schließlich den Armen<lb/> der Gemeinde überlassen wurde. Am Abend dieses Tages holt jeder „Schnitter-<lb/> chnab" sein „Schnittermaidli" zum Tanz ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_1702" next="#ID_1703"> Bald nun, nachdem mit dem leichten Unterpflügen der Stoppeln, welches<lb/> Strüchen oder Serum heißt im Gegensatz zu dem Eren, d. h. dem eigentlichen<lb/> Pflügen, das Erntewerk auf dem Felde völlig beendigt ist, geht es ans Dreschen.<lb/> Am liebsten wird diese Arbeit im Wintermonat und zwar im abnehmenden<lb/> Mond unternommen; denn „im Neumond ausgedroschene Körner werden leben¬<lb/> dig". Um dem jungen Anfänger das schwere Werk zu erleichtern und ihn in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0589]
„Anträger" bekommen mitunter noch einen Extrawecken mit dareingebackenem
Trinkgeld.
Mit einem „Walt's Gott bis über's Jahr" wird das Feld verlassen. Auf
der Heimfahrt gilt es mit dem vollen Wagen vorsichtig zu sein; denn hat dieser
das „Ungefäll", umzuleeren, so trägt dies dem Eigenthümer gemeiniglich den
Ruf ein. Geizes halber bestraft worden zu sein, und der ungeschickte Fuhrmann
selbst — wenn nicht der Sohn des Bauers — wird mit dem Orakelspruch
geschreckt, er werde eine böse Sieben zur Frau bekommen. Einen besonderen
Act des Ernteschlusses bildet die Maskirung und Bekränzung deS Sichelträgers,
nämlich des jüngsten oder des zuletzt in Arbeit getretenen Schmieders, welcher
täglich die Sicheln zu Felde nachzutragen hatte. Jetzt, am letzten Erntetag,
wird er von seinen Mitarbeitern mit einer Vermummung abgelohnt und nach
dem Instrument, in welchem er sein Bündel Sicheln trug, das „Sichelschit"
benamset, und hat fortan die Rolle eines Hanswurstes zu spielen.
Die Feier des Ernteschlusses fällt in Mitte oder Ende des Juli; sie heißt
Sichellegi, Sichelhcnki, Sichcllösi, oder — nach dem Vogel der Fruchtbarkeit
und des Erntesegens, der ehemals dabei gefeiert und zugleich verschmaust wurde
— Krähhahne; denn den Mittelpunkt dieser Feier bildet eben die Mahlzeit mit
ihrem mancherlei Heuerimbiß. Da Pflegt denn auch der Dorfschlächter dem
Gutsherrn einen „Schafschlegel" (Hammelkeule) zu überschicken, womit er sich
die Erlaubniß erwirbt, die Stoppelfelder mit seiner Schafherde auszuweiden.
Eine charakteristische Redensart bei dieser Erntemahlzeit heißt: „Der Wein muß
um ein paar Dauben tiefer stehn". Sache der Hausfrau ist es, dafür zu sorgen,
daß wo möglich schon am Abend dieses Tages einige große „Erntebrotc". aus
dem neuen Getreide gebacken, aufgetischt werden. Feiern, wie das gewöhnlich
geschieht, mehre Häuser oder Höfe den Krähhahnen gleichzeitig, so besucht man
sich paarweise und unter allerlei Maskeraden, bis schließlich ein gemeinschaftlicher
Tanz alle vereinigt. Oft stattet man auch einer Nachbargemeinde einen Besuch
ab aus einem Wagen, aus welchem all das Geräthe mitgeführt wird, welches
man zur Ernte gebrauchte.
An dem Erntesonntag, dem kirchlichen Dankfest, pflegte man noch unlängst
eine gewaltige Garbe mit zur Kirche zu bringen, die dann schließlich den Armen
der Gemeinde überlassen wurde. Am Abend dieses Tages holt jeder „Schnitter-
chnab" sein „Schnittermaidli" zum Tanz ab.
Bald nun, nachdem mit dem leichten Unterpflügen der Stoppeln, welches
Strüchen oder Serum heißt im Gegensatz zu dem Eren, d. h. dem eigentlichen
Pflügen, das Erntewerk auf dem Felde völlig beendigt ist, geht es ans Dreschen.
Am liebsten wird diese Arbeit im Wintermonat und zwar im abnehmenden
Mond unternommen; denn „im Neumond ausgedroschene Körner werden leben¬
dig". Um dem jungen Anfänger das schwere Werk zu erleichtern und ihn in
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