Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.in den Aeußerungen derer, welche von einem Aufgehen in Preußen sprechen, Der letztere Fall, die Verzweiflung an der Kleinstaaterei, kann natürlich Wird aber der Rechts- und Verwaltungszustand Kurhesseus wieder auf A us Seit ich Ihnen zuletzt geschrieben, haben so große und weittragende Vor- 69-
in den Aeußerungen derer, welche von einem Aufgehen in Preußen sprechen, Der letztere Fall, die Verzweiflung an der Kleinstaaterei, kann natürlich Wird aber der Rechts- und Verwaltungszustand Kurhesseus wieder auf A us Seit ich Ihnen zuletzt geschrieben, haben so große und weittragende Vor- 69-
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0537" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283890"/> <p xml:id="ID_1543" prev="#ID_1542"> in den Aeußerungen derer, welche von einem Aufgehen in Preußen sprechen,<lb/> und nicht grade in Aeußerungen von Doktrinären in Kurhessen, sondern von<lb/> Geschäftsleuten, denen der jetzige kurhessische Geschäftsbetrieb gesundheitsgefährlich<lb/> wird. Alle sind doch nicht in der Lage auszuwandern!</p><lb/> <p xml:id="ID_1544"> Der letztere Fall, die Verzweiflung an der Kleinstaaterei, kann natürlich<lb/> für den Regenten von Kurhessen nur der weniger erwünschte sein; wenn ihm<lb/> die Wahl lediglich zwischen zweien bleibt, wird er unbedingt den ersteren nehmen,<lb/> bei dem er höchstens gewinnen kann — und zwar an Popularität — und<lb/> nicht verlieren kann, was doch nicht zu retten ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1545"> Wird aber der Rechts- und Verwaltungszustand Kurhesseus wieder auf<lb/> den gesetzlichen Stand der Jahre 1848 und 1849 zurückgeführt, dann macht sich<lb/> die übrige Entwickelung von selbst. Die oben erwähnten Stockungen werden<lb/> dann verschwinden wie die Spreu vor dem Winde.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> A us </head><lb/> <p xml:id="ID_1546" next="#ID_1547"> Seit ich Ihnen zuletzt geschrieben, haben so große und weittragende Vor-<lb/> gänge auf dem Gebiete der großen Politik die Aufmerksamkeit derjenigen, welche<lb/> den Entwicklungen des öffentlichen Lebens in Deutschland mit ernsterem An¬<lb/> theil folgen, gefesselt, daß die Bewegung, die sich indeß auch bei uns vollzog,<lb/> auswärts ziemlich unbeachtet vorübergegangen ist. Wir haben eigentlich weder<lb/> Recht noch Ursache, darüber zu klagen. Kein Recht; denn die Zeiten sind vorbei,<lb/> da man einen Kleinstaat berufen glaubte, als Muster und nachahmungswerthes<lb/> Beispiel dem ganzen deutschen Vaterlande voranzuleuchten, und leider auch jene<lb/> besseren und vernünftigeren, wo wir in Baden glauben durften, mit der Politik<lb/> unserer liberalen Regierung in ihren Beziehungen zum Lande und zu der<lb/> deutschen Verfassungsfrage in einem Fahrwasser zu segeln, in das naturgemäß<lb/> auch die Kiele der übrigen Staatsschiffe und Schifflein hineinsteuern oder hinein¬<lb/> treiben müßten. Keine Ursache; denn wie die Dinge jetzt liegen, ist der beste<lb/> Wunsch für unsere innern Verhältnisse das archimedische uolits turbare eir-<lb/> eulos asos! Laßt uns in unserem südwestlichen Winkel Deutschlands unsere<lb/> Reformen ruhig und ungestört durchführen. Wir wollen kein Musterstaat für</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 69-</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0537]
in den Aeußerungen derer, welche von einem Aufgehen in Preußen sprechen,
und nicht grade in Aeußerungen von Doktrinären in Kurhessen, sondern von
Geschäftsleuten, denen der jetzige kurhessische Geschäftsbetrieb gesundheitsgefährlich
wird. Alle sind doch nicht in der Lage auszuwandern!
Der letztere Fall, die Verzweiflung an der Kleinstaaterei, kann natürlich
für den Regenten von Kurhessen nur der weniger erwünschte sein; wenn ihm
die Wahl lediglich zwischen zweien bleibt, wird er unbedingt den ersteren nehmen,
bei dem er höchstens gewinnen kann — und zwar an Popularität — und
nicht verlieren kann, was doch nicht zu retten ist.
Wird aber der Rechts- und Verwaltungszustand Kurhesseus wieder auf
den gesetzlichen Stand der Jahre 1848 und 1849 zurückgeführt, dann macht sich
die übrige Entwickelung von selbst. Die oben erwähnten Stockungen werden
dann verschwinden wie die Spreu vor dem Winde.
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Seit ich Ihnen zuletzt geschrieben, haben so große und weittragende Vor-
gänge auf dem Gebiete der großen Politik die Aufmerksamkeit derjenigen, welche
den Entwicklungen des öffentlichen Lebens in Deutschland mit ernsterem An¬
theil folgen, gefesselt, daß die Bewegung, die sich indeß auch bei uns vollzog,
auswärts ziemlich unbeachtet vorübergegangen ist. Wir haben eigentlich weder
Recht noch Ursache, darüber zu klagen. Kein Recht; denn die Zeiten sind vorbei,
da man einen Kleinstaat berufen glaubte, als Muster und nachahmungswerthes
Beispiel dem ganzen deutschen Vaterlande voranzuleuchten, und leider auch jene
besseren und vernünftigeren, wo wir in Baden glauben durften, mit der Politik
unserer liberalen Regierung in ihren Beziehungen zum Lande und zu der
deutschen Verfassungsfrage in einem Fahrwasser zu segeln, in das naturgemäß
auch die Kiele der übrigen Staatsschiffe und Schifflein hineinsteuern oder hinein¬
treiben müßten. Keine Ursache; denn wie die Dinge jetzt liegen, ist der beste
Wunsch für unsere innern Verhältnisse das archimedische uolits turbare eir-
eulos asos! Laßt uns in unserem südwestlichen Winkel Deutschlands unsere
Reformen ruhig und ungestört durchführen. Wir wollen kein Musterstaat für
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