Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.er uns ein Bild jenes Chaos geliefert, welches so klar und durchsichtig ist. daß Das Ganze zerfällt in fünf Bücher, von denen das erste die Genesis der Vortrefflich ist in den drei Abschnitten des ersten Buches der Uebergang er uns ein Bild jenes Chaos geliefert, welches so klar und durchsichtig ist. daß Das Ganze zerfällt in fünf Bücher, von denen das erste die Genesis der Vortrefflich ist in den drei Abschnitten des ersten Buches der Uebergang <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283823"/> <p xml:id="ID_1351" prev="#ID_1350"> er uns ein Bild jenes Chaos geliefert, welches so klar und durchsichtig ist. daß<lb/> wir alle in demselben durcheinander fluthenden Elemente deutlich unterscheiden<lb/> und die einzelnen Hauptströmungen vom Ausgang bis zum Endpunkt verfolgen<lb/> können. Mit Geschick ist gruppirt, was zusammengehört, mit Scharfsinn aus¬<lb/> gespürt, was sich verbergen will. Allenthalben beinahe gelingt es dem Ver¬<lb/> sasser. uns zu den letzten Beweggründen der Handelnden, zu den wahren Ur¬<lb/> sachen der Ereignisse zu führen, die Dinge vor uns wachsen zu lassen. Dazu<lb/> eine schöne vornehme Ruhe in der Sprache, Anschaulichkeit der Beschreibung,<lb/> die Gabe, im Einzelnen gut zu erzählen, an der rechten Stelle kurz oder aus¬<lb/> führlich zu sein, hier und da ein starkes Wort ohne Scheu, häusiger ein iro¬<lb/> nischer Ton in der Farbe der Schilderung, endlich, worauf ganz besonders auf¬<lb/> merksam zu machen ist, ein vorzügliches Talent, dem Leser die Haupthelden<lb/> und die bedeutenderen Nebenpersonen der Handlung in Charakterskizzen oder<lb/> ausgeführten Porträts zu vergegenwärtigen — in der That, die historische Lite¬<lb/> ratur der letzten Jahre weist nicht viele Bücher auf, welche der Aufgabe, die<lb/> sie sich gesetzt, nach Inhalt wie Form in dem Grade wie das vorliegende ge¬<lb/> recht geworden sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1352"> Das Ganze zerfällt in fünf Bücher, von denen das erste die Genesis der<lb/> Revolution mit Einschluß der ersten Ausbrüche derselben in den Märztagen von<lb/> 1848, das zweite die kurze Jubelzeit der siegreich gewesenen Parteien und<lb/> Stämme bis zum großen Slawencongreß in Prag, das dritte die ruhigere Pe¬<lb/> riode, wo die Reichs- und Landtage sich mit der Arbeit der Neugestaltung ver¬<lb/> suchten, das vierte die Krisis, welche sich in der wiener Oktoberrevolution, der<lb/> Verlegung des Reichstags nach Kremfier und dem ersten Feldzug in Ungarn<lb/> ausprägte, das fünfte und letzte endlich die Monate zum Gegenstand hat, in<lb/> denen sich die Rückkehr zum Absolutismus vollzog — gleichsam ein fünfactiges<lb/> Drama, in welchem Einleitung und Erregung, Steigerung, fallende Handlung,<lb/> letzte Spannung und Katastrophe deutlich erkennbar sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1353" next="#ID_1354"> Vortrefflich ist in den drei Abschnitten des ersten Buches der Uebergang<lb/> aus der Zeit, in weicher das Volk Null, die Regierung vollkommen in den<lb/> Händen einer kleinen Gruppe Auserwählter ist. die selbständig für dasselbe<lb/> denken und handeln und die Herrschaft eifersüchtig als ihren unbestreitbaren<lb/> Besitz wahren, zu der Zeit des erwachten nationalen Bewußtseins und des<lb/> Drängens nach Mitentscheidung über ihr Schicksal in den einzelnen Stämmen<lb/> Oestreichs geschildert. Wir sehen zunächst, wie diese Stämme sich neben und<lb/> durcheinander gelagert haben, die nationalen Gegensätze, die Anfänge der P»'<lb/> Mischen Agitation unter den Czechen, Slowaken und Kroaten, zuletzt das erste<lb/> Auftreten des Panslawismus. Wir verfolgen ferner in einem zweiten sehr in¬<lb/> haltreichen Capitel die Entwickelung der Parteien in Ungarn seit 1848, die<lb/> Wirksamkeit Kossuths als Redner und Journalist, den Zusammenstoß mit den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0470]
er uns ein Bild jenes Chaos geliefert, welches so klar und durchsichtig ist. daß
wir alle in demselben durcheinander fluthenden Elemente deutlich unterscheiden
und die einzelnen Hauptströmungen vom Ausgang bis zum Endpunkt verfolgen
können. Mit Geschick ist gruppirt, was zusammengehört, mit Scharfsinn aus¬
gespürt, was sich verbergen will. Allenthalben beinahe gelingt es dem Ver¬
sasser. uns zu den letzten Beweggründen der Handelnden, zu den wahren Ur¬
sachen der Ereignisse zu führen, die Dinge vor uns wachsen zu lassen. Dazu
eine schöne vornehme Ruhe in der Sprache, Anschaulichkeit der Beschreibung,
die Gabe, im Einzelnen gut zu erzählen, an der rechten Stelle kurz oder aus¬
führlich zu sein, hier und da ein starkes Wort ohne Scheu, häusiger ein iro¬
nischer Ton in der Farbe der Schilderung, endlich, worauf ganz besonders auf¬
merksam zu machen ist, ein vorzügliches Talent, dem Leser die Haupthelden
und die bedeutenderen Nebenpersonen der Handlung in Charakterskizzen oder
ausgeführten Porträts zu vergegenwärtigen — in der That, die historische Lite¬
ratur der letzten Jahre weist nicht viele Bücher auf, welche der Aufgabe, die
sie sich gesetzt, nach Inhalt wie Form in dem Grade wie das vorliegende ge¬
recht geworden sind.
Das Ganze zerfällt in fünf Bücher, von denen das erste die Genesis der
Revolution mit Einschluß der ersten Ausbrüche derselben in den Märztagen von
1848, das zweite die kurze Jubelzeit der siegreich gewesenen Parteien und
Stämme bis zum großen Slawencongreß in Prag, das dritte die ruhigere Pe¬
riode, wo die Reichs- und Landtage sich mit der Arbeit der Neugestaltung ver¬
suchten, das vierte die Krisis, welche sich in der wiener Oktoberrevolution, der
Verlegung des Reichstags nach Kremfier und dem ersten Feldzug in Ungarn
ausprägte, das fünfte und letzte endlich die Monate zum Gegenstand hat, in
denen sich die Rückkehr zum Absolutismus vollzog — gleichsam ein fünfactiges
Drama, in welchem Einleitung und Erregung, Steigerung, fallende Handlung,
letzte Spannung und Katastrophe deutlich erkennbar sind.
Vortrefflich ist in den drei Abschnitten des ersten Buches der Uebergang
aus der Zeit, in weicher das Volk Null, die Regierung vollkommen in den
Händen einer kleinen Gruppe Auserwählter ist. die selbständig für dasselbe
denken und handeln und die Herrschaft eifersüchtig als ihren unbestreitbaren
Besitz wahren, zu der Zeit des erwachten nationalen Bewußtseins und des
Drängens nach Mitentscheidung über ihr Schicksal in den einzelnen Stämmen
Oestreichs geschildert. Wir sehen zunächst, wie diese Stämme sich neben und
durcheinander gelagert haben, die nationalen Gegensätze, die Anfänge der P»'
Mischen Agitation unter den Czechen, Slowaken und Kroaten, zuletzt das erste
Auftreten des Panslawismus. Wir verfolgen ferner in einem zweiten sehr in¬
haltreichen Capitel die Entwickelung der Parteien in Ungarn seit 1848, die
Wirksamkeit Kossuths als Redner und Journalist, den Zusammenstoß mit den
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