Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.Königs Histia und besonders der letzten Zeit Jerusalems, haben wir durch die Die Sammlungen der Reden eines Propheten sind theils von ihnen selbst Durch Anhängung anonymer und pseudepigrapher Stücke an größere und Wir würden die erhaltenen Prophetien am besten auf vier Perioden ver- 59*
Königs Histia und besonders der letzten Zeit Jerusalems, haben wir durch die Die Sammlungen der Reden eines Propheten sind theils von ihnen selbst Durch Anhängung anonymer und pseudepigrapher Stücke an größere und Wir würden die erhaltenen Prophetien am besten auf vier Perioden ver- 59*
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Königs Histia und besonders der letzten Zeit Jerusalems, haben wir durch die
prophetische Literatur besonders genaue Kenntniß. Die geschichtlichen Schriften
geben uns über die Propheten, deren Werke wir noch besitzen, übrigens sehr
wenig Nachrichten, und auch über andere Propheten haben wir wenig streng
geschichtliche Angaben, während allerdings mancherlei Legendenhaftes über sie
erzählt wird. Ueber die persönlichen Verhältnisse unserer Propheten sind wir
deshalb sehr ungenügend unterrichtet, von einigen wissen wir gar nichts Näheres.
Die Sammlungen der Reden eines Propheten sind theils von ihnen selbst
veranstaltet, theils wohl erst nach ihnen. Ersteres ist sicher der Fall mit dem
nach einer bestimmten Ordnung disponirten Buch des Ezechiel, während Jere-
mias Prophetien wahrscheinlich, möglicherweise freilich noch bei seinen Lebzeiten,
v»n seinem Schreiber und Freund Baruch gesammelt sind, dem ich auch die
ausführlichen geschichtlichen Nachrichten über die letzte Wirksamkeit des Propheten
Zuschreiben möchte. Im Lauf der Zeiten haben sich den größeren Büchern ano¬
nyme Prophetien angehängt, theils zufällig, theils weil man später glauben
mochte, sie stammten von denen ab, in deren Bücher man sie versetzt hat. Sehr
Muck treten dagegen die absichtlichen Unterschiebungen, entweder als Zusätze
und weitere Ausführungen des Echten (wie Ich. 19, 16—25; 23. Is—18) oder
als selbständige Stücke (wie Jer. 60 f.).
Durch Anhängung anonymer und pseudepigrapher Stücke an größere und
Vereinigung kleinerer Prophetien mit einander entstanden die jetzigen vier pro¬
phetischen Bücher, Jesaia, Jeremia, Ezechiel und das Buch der zwölf oder der
deinen Propheten. Bon dem ersten dieser vier Bücher gehört mehr als die
Hälfte anderen Propheten, als dem Jesaia; vom Buch Jeremia sind, abgesehen
von einzelnen kleineren Zusätzen, nur die letzten drei Capitel unecht, während
°as Buch Ezechiel uns im Wesentlichen so vorliegt, wie es aus der Hand
^zechiels hervorgegangen ist. Das vierte Buch enthält kleinere prophetische
Schriften nebst einer Prophetenlegende (Jona); jene sind sämmtlich von denen
Erfaßt, nach denen sie benannt sind, nur daß an die Schrift Sacharjas zwei
"leere anonyme Anhänge gefügt sind, und daß Maleachi wahrscheinlich kein
wahrer Eigenname, sondern blos aus Mißverstand als Bezeichnung des ano¬
nymen Verfassers angesehen ist. Die heilige Zwölfzahl ist hier offenbar ab-
suhtlich gewählt; die Anordnung der einzelnen Schriften folgt einem chrono¬
logischen Princip, aber nicht ohne gewisse leicht erklärliche Fehler.
Wir würden die erhaltenen Prophetien am besten auf vier Perioden ver-
theilen. Die erste Periode, etwa bis in die Mitte des siebenten Jahrhunderts
S°l)end. umfaßt die bedeutendsten, kräftigsten und poetisch vollendetsten Schriften.
D'e zweite, welche bis in den Anfang des Exils reicht und die Propheten
^Knja. Habakuk, Jeremia, Ezechiel. Obadja und den einen Anhang zum
Sacharja in sich schließt, zeigt im Ganzen schon eine merkliche Abnahme des
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