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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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schwachen Kräften steht, aufzubieten, um wenigstens meinen guten Willen zu
zeigen, wenn es sich um seinen Dienst handelt. Ich nehme mir deshalb die
Freiheit, Mylord, Sie gehorsamst zu ersuchen, Sr. Majestät versichern zu wollen,
daß im Fall irgendwelche Verhältnisse es nöthig machen, fremde Truppen an¬
zuwerben, ich es als eine große Gunst Ihrerseits (d. h. von Seiten der Majestät)
betrachten werde, wenn Sie ein Regiment von 600 Mann annimmt, das wie
sein Fürst vor Verlangen brennt, sich für Sie zu opfern." Suffolk nimmt denn
auch das Anerbieten an, Faucitt erscheint in Arolsen, aber es ergeben sich
Schwierigkeiten. Der gute Wille des Fürsten ist größer , als sein Vermögen.
Indeß zuletzt geht es, die Pfarrer Waldecks müssen von den Kanzeln herab
zum Eintritt in das Regiment auffordern*), was zur Completirung desselben
noch mangelt, wird in dem benachbarten Bisthum Hildesheim gestohlen, dann
schafft man die Leute mit berittenen Landjägern wie einen Haufen Sträflinge
an die Grenze und aus die Weserschiffe. Der Fürst aber bewahrt schmunzelnd
in seinem Documentenschrank einen Contract, in dem ihm 20,100 Kronen
Werbegeld, 25,050 Kronen jährlicher Substdien sowie 30 Kronen für jeden seiner
in Amerika etwa fallenden Unterthanen zugesichert sind.

Der Feldzug des Sommers 1776 war den englischen Waffen so günstig,
daß Suffolk sich nicht sehr beeilte, von den ihm nun auch von Seiten andrer
deutscher Fürsten zugehenden Truppenanerbietungen Gebrauch zu machen. Solche
Anerbietungen aber kamen in Menge, und die betreffenden Souveräne machten ein¬
ander -- man lese S. 10S -- oft in recht unanständig krämerhafter Weise
Concurrenz. Die katholischen, namentlich die geistlichen Reichsfürsten blieben
ihren alten Verbindungen mit Frankreich treu, und so konnte England nur mit
den protestantischen Verträge eingehen. Blos Bayern, das seit langen Jahren
schon sich zu verkaufen gewohnt war, wenn es einen fetten Profit zu schlucken
gab, wollte sich auch diesmal die Gelegenheit zu einem hübschen Gewinn nicht
entgehen lassen. Man lese, wie der alte Kurfürst den englischen Gesandten Elliott
anbettelte, und wie höhnisch dieser ihn abfertigte (S. 106). Der Kurfürst drückte
ihm wiederholt aufs wärmste seinen Wunsch aus, mit England Subsidiei"
Verträge einzugehen, und gab ihm aufs unzweideutigste zu verstehen, daß er sich
ihm in keiner Weise angenehmer machen könne, als durch Förderung dieses
Wunsches. Elliott that erstaunt und sagte, er habe geglaubt, Hoheit seien mit
Oestreich und Frankreich zu eng verbunden, als daß Sie ohne deren Zustim¬
mung Ihre Truppen vermiethen könnten. Der Kurfürst aber- erwiderte, "daß
es ihm ganz frei stehe, über seine Truppen in der ihm profitabelsten, seinen
Interessen entsprechendsten Weise zu verfügen"; dann bat er den Gesandten,



") Fourier Steurnagel meint, indem er dies in seinem Tagebuch berichtet, die schwarzen
Herrn hätten dabei wohl auch den 13. Vers des 44. Psalm anzuführen nicht unterlasse" -
"Du vertauscht dein Volk umsonst und nimmst nichts dafür."

schwachen Kräften steht, aufzubieten, um wenigstens meinen guten Willen zu
zeigen, wenn es sich um seinen Dienst handelt. Ich nehme mir deshalb die
Freiheit, Mylord, Sie gehorsamst zu ersuchen, Sr. Majestät versichern zu wollen,
daß im Fall irgendwelche Verhältnisse es nöthig machen, fremde Truppen an¬
zuwerben, ich es als eine große Gunst Ihrerseits (d. h. von Seiten der Majestät)
betrachten werde, wenn Sie ein Regiment von 600 Mann annimmt, das wie
sein Fürst vor Verlangen brennt, sich für Sie zu opfern." Suffolk nimmt denn
auch das Anerbieten an, Faucitt erscheint in Arolsen, aber es ergeben sich
Schwierigkeiten. Der gute Wille des Fürsten ist größer , als sein Vermögen.
Indeß zuletzt geht es, die Pfarrer Waldecks müssen von den Kanzeln herab
zum Eintritt in das Regiment auffordern*), was zur Completirung desselben
noch mangelt, wird in dem benachbarten Bisthum Hildesheim gestohlen, dann
schafft man die Leute mit berittenen Landjägern wie einen Haufen Sträflinge
an die Grenze und aus die Weserschiffe. Der Fürst aber bewahrt schmunzelnd
in seinem Documentenschrank einen Contract, in dem ihm 20,100 Kronen
Werbegeld, 25,050 Kronen jährlicher Substdien sowie 30 Kronen für jeden seiner
in Amerika etwa fallenden Unterthanen zugesichert sind.

Der Feldzug des Sommers 1776 war den englischen Waffen so günstig,
daß Suffolk sich nicht sehr beeilte, von den ihm nun auch von Seiten andrer
deutscher Fürsten zugehenden Truppenanerbietungen Gebrauch zu machen. Solche
Anerbietungen aber kamen in Menge, und die betreffenden Souveräne machten ein¬
ander — man lese S. 10S — oft in recht unanständig krämerhafter Weise
Concurrenz. Die katholischen, namentlich die geistlichen Reichsfürsten blieben
ihren alten Verbindungen mit Frankreich treu, und so konnte England nur mit
den protestantischen Verträge eingehen. Blos Bayern, das seit langen Jahren
schon sich zu verkaufen gewohnt war, wenn es einen fetten Profit zu schlucken
gab, wollte sich auch diesmal die Gelegenheit zu einem hübschen Gewinn nicht
entgehen lassen. Man lese, wie der alte Kurfürst den englischen Gesandten Elliott
anbettelte, und wie höhnisch dieser ihn abfertigte (S. 106). Der Kurfürst drückte
ihm wiederholt aufs wärmste seinen Wunsch aus, mit England Subsidiei"
Verträge einzugehen, und gab ihm aufs unzweideutigste zu verstehen, daß er sich
ihm in keiner Weise angenehmer machen könne, als durch Förderung dieses
Wunsches. Elliott that erstaunt und sagte, er habe geglaubt, Hoheit seien mit
Oestreich und Frankreich zu eng verbunden, als daß Sie ohne deren Zustim¬
mung Ihre Truppen vermiethen könnten. Der Kurfürst aber- erwiderte, „daß
es ihm ganz frei stehe, über seine Truppen in der ihm profitabelsten, seinen
Interessen entsprechendsten Weise zu verfügen"; dann bat er den Gesandten,



") Fourier Steurnagel meint, indem er dies in seinem Tagebuch berichtet, die schwarzen
Herrn hätten dabei wohl auch den 13. Vers des 44. Psalm anzuführen nicht unterlasse" -
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/432>, abgerufen am 15.01.2025.