Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.und eine zuverlässigere Garantie davor geschaffen, daß die Bäume wieder ein¬ Nachdem dies festgestellt ist, können wir allerdings mit einem gewissen Ge¬ Wir lassen, um das zu zeigen, die Schatten der Landesväter, die sich an 66*
und eine zuverlässigere Garantie davor geschaffen, daß die Bäume wieder ein¬ Nachdem dies festgestellt ist, können wir allerdings mit einem gewissen Ge¬ Wir lassen, um das zu zeigen, die Schatten der Landesväter, die sich an 66*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0429" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283782"/> <p xml:id="ID_1215" prev="#ID_1214"> und eine zuverlässigere Garantie davor geschaffen, daß die Bäume wieder ein¬<lb/> mal in den Himmel wachsen — den deutschen Großstaat in Preußen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1216"> Nachdem dies festgestellt ist, können wir allerdings mit einem gewissen Ge¬<lb/> fühl der Befriedigung auch auf den Fortschritt blicken, der sich zeigt, wenn<lb/> man die Form der Vorgänge, welche Kapps Schilderungen uns vorführen, mit<lb/> der Gegenwart vergleicht. Die Welt ist doch ein ganz rechtschaffnes Stück<lb/> weiter in die Sphäre der Humanität hineingerückt seitdem, und die „gute alte<lb/> Zeit", in die uns das Buch zurückschauen läßt, nimmt sich neben der unsern<lb/> in vielen Stücken mehr wie ein böser Traum als wie Wirklichkeit aus. Vieles<lb/> zwar ist seitdem noch möglich gewesen, und mehr vielleicht, als man meint, ist<lb/> noch jetzt möglich. Die schattige Geldgier aber, die ruchlose Verhöhnung aller<lb/> Menschenrechte, das hündische Schweifwedeln deutscher Zwergsouveräne vor den<lb/> Ministern einer fremden Großmacht, welchem wir hier begegnen, ist, in dem<lb/> Grade wenigstens, kaum mehr möglich, und noch sicherer ist, daß die stumpf¬<lb/> sinnige Sklavengeduld der Völker, die alle diese Elendigkeiten ertrug, einem<lb/> Geschlechte angehört, von dem das unsre erheblich, wenn auch wohl noch nicht<lb/> weit genug verschieden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1217" next="#ID_1218"> Wir lassen, um das zu zeigen, die Schatten der Landesväter, die sich an<lb/> jenem Handel betheiligt, rasch an uns vorübergehen und greifen uns schließlich<lb/> einen der anmuthigen Gesellschaft zu genauerer Betrachtung heraus. Die Tra¬<lb/> gödie — für uns Unbetheiligte stellenweise Tragikomödie — beginnt mit einer<lb/> Verlegenheit: England braucht Soldaten zur Bekämpfung der Rebellen in den<lb/> nordamerikanischen Colonien, und die drei Königreiche Sr. großbritannischen<lb/> Majestät liefern deren nicht genug. Was thun? Man denkt an Rußland, läßt<lb/> sondiren, unterstützt das darauf folgende Gesuch um ein Hilfscorps durch einen<lb/> eigenhändigen Brief Georgs des Dritten an die Kaiserin Katharina und wird<lb/> abgewiesen, ja obendrein von den hochmütigen Barbaren verhöhnt. Man<lb/> wendet sich an Holland, und wieder läßt sich kein Geschäft machen. Dagegen<lb/> kommen von verschiedenen deutschen Höfen Briefe mit eifrigen Anerbietungen<lb/> militärischer Gefälligkeit gegen ein gutes Stück Geld an, und kaum hat man<lb/> die Blicke nach dieser Seite gewendet, so hat man auch schon ein halb Dutzend<lb/> kleiner Herren hinter sich am Rockschoß, die mehr oder minder zu brauchen sind, und<lb/> die sich um Aufträge in Menschcnwaare förmlich reißen. Sehen wir uns das einmal<lb/> «n. Ein Oberst Faucitt schließt im Auftrag Lord Suffolks, des englischen<lb/> Ministers des Auswärtigen die Lieferungsverträge ab. Uorke, der Gesandte<lb/> Großbritanniens im Haag, hilft gelegentlich als Vermittler den Wünschen der<lb/> nach Guineen hungernden Serenissimi zum Ziele. Faucitt kommt zunächst nach<lb/> Braun schweig. Herzog ist hier Karl der Erste, ein alter prachtliebender,<lb/> liederlicher und gründlich verschuldeter Herr, dem italienische Oper, französisches<lb/> Ballet, Maitressen, Militärspielerei und Geldmacherei ungeheure Summen ver-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 66*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0429]
und eine zuverlässigere Garantie davor geschaffen, daß die Bäume wieder ein¬
mal in den Himmel wachsen — den deutschen Großstaat in Preußen.
Nachdem dies festgestellt ist, können wir allerdings mit einem gewissen Ge¬
fühl der Befriedigung auch auf den Fortschritt blicken, der sich zeigt, wenn
man die Form der Vorgänge, welche Kapps Schilderungen uns vorführen, mit
der Gegenwart vergleicht. Die Welt ist doch ein ganz rechtschaffnes Stück
weiter in die Sphäre der Humanität hineingerückt seitdem, und die „gute alte
Zeit", in die uns das Buch zurückschauen läßt, nimmt sich neben der unsern
in vielen Stücken mehr wie ein böser Traum als wie Wirklichkeit aus. Vieles
zwar ist seitdem noch möglich gewesen, und mehr vielleicht, als man meint, ist
noch jetzt möglich. Die schattige Geldgier aber, die ruchlose Verhöhnung aller
Menschenrechte, das hündische Schweifwedeln deutscher Zwergsouveräne vor den
Ministern einer fremden Großmacht, welchem wir hier begegnen, ist, in dem
Grade wenigstens, kaum mehr möglich, und noch sicherer ist, daß die stumpf¬
sinnige Sklavengeduld der Völker, die alle diese Elendigkeiten ertrug, einem
Geschlechte angehört, von dem das unsre erheblich, wenn auch wohl noch nicht
weit genug verschieden ist.
Wir lassen, um das zu zeigen, die Schatten der Landesväter, die sich an
jenem Handel betheiligt, rasch an uns vorübergehen und greifen uns schließlich
einen der anmuthigen Gesellschaft zu genauerer Betrachtung heraus. Die Tra¬
gödie — für uns Unbetheiligte stellenweise Tragikomödie — beginnt mit einer
Verlegenheit: England braucht Soldaten zur Bekämpfung der Rebellen in den
nordamerikanischen Colonien, und die drei Königreiche Sr. großbritannischen
Majestät liefern deren nicht genug. Was thun? Man denkt an Rußland, läßt
sondiren, unterstützt das darauf folgende Gesuch um ein Hilfscorps durch einen
eigenhändigen Brief Georgs des Dritten an die Kaiserin Katharina und wird
abgewiesen, ja obendrein von den hochmütigen Barbaren verhöhnt. Man
wendet sich an Holland, und wieder läßt sich kein Geschäft machen. Dagegen
kommen von verschiedenen deutschen Höfen Briefe mit eifrigen Anerbietungen
militärischer Gefälligkeit gegen ein gutes Stück Geld an, und kaum hat man
die Blicke nach dieser Seite gewendet, so hat man auch schon ein halb Dutzend
kleiner Herren hinter sich am Rockschoß, die mehr oder minder zu brauchen sind, und
die sich um Aufträge in Menschcnwaare förmlich reißen. Sehen wir uns das einmal
«n. Ein Oberst Faucitt schließt im Auftrag Lord Suffolks, des englischen
Ministers des Auswärtigen die Lieferungsverträge ab. Uorke, der Gesandte
Großbritanniens im Haag, hilft gelegentlich als Vermittler den Wünschen der
nach Guineen hungernden Serenissimi zum Ziele. Faucitt kommt zunächst nach
Braun schweig. Herzog ist hier Karl der Erste, ein alter prachtliebender,
liederlicher und gründlich verschuldeter Herr, dem italienische Oper, französisches
Ballet, Maitressen, Militärspielerei und Geldmacherei ungeheure Summen ver-
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