Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.wechselt. Sehr auffallend ist der Fehler gleich im Anfang des Buchs, nach Unter diesen Umstanden werden wir uns nicht wundern, wenn dem Ver¬ Innerhalb dieser 490 Jahre der Noth macht die Wiederherstellung Jeru¬ ") Allerdings ist der Standpunkt des Jeremias ein ungefähr um 10 Jahre früherer.
wechselt. Sehr auffallend ist der Fehler gleich im Anfang des Buchs, nach Unter diesen Umstanden werden wir uns nicht wundern, wenn dem Ver¬ Innerhalb dieser 490 Jahre der Noth macht die Wiederherstellung Jeru¬ ") Allerdings ist der Standpunkt des Jeremias ein ungefähr um 10 Jahre früherer.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0355" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283708"/> <p xml:id="ID_1005" prev="#ID_1004"> wechselt. Sehr auffallend ist der Fehler gleich im Anfang des Buchs, nach<lb/> welchem Nebukadnezar als König von Babel im dritten Jahre Jojakims Jeru¬<lb/> salem belagert und erobert haben soll, während er nach Jer. 28,1 und 2 Kön.<lb/> 26,8 erst im vierten Jahre Jojakims zur Regierung kam.</p><lb/> <p xml:id="ID_1006"> Unter diesen Umstanden werden wir uns nicht wundern, wenn dem Ver¬<lb/> fasser keine Chronologie der älteren Ereignisse zu Gebote stand. Bis zur Auf¬<lb/> stellung der seleucidischen Aera haben die Jsraeliten immer nach den Jahren der<lb/> regierenden Könige gerechnet. Die Gesammtdauer der Zeit von der Zerstörung<lb/> Jerusalems bis Alexander wäre daher nur durch Addition der Regierungsjahre<lb/> der babylonischen und persischen Könige zu ermitteln gewesen, welche dem Ver¬<lb/> fasser, welcher sich über die Zahl der Könige so sehr irrte, schwerlich möglich<lb/> War. Wir brauchen uns deshalb nicht auf künstliche Erklärungen einzulassen,<lb/> um die Zahl der 70 Jahrwochen von Jerusalems Untergang bis zum Epiphanes<lb/> mit der Geschichte in Einklang zu bringen. Der Verfasser kam auf die seltsame<lb/> Ausdeutung der unerfüllten, aber dennoch als prophetisches Wort keinem Zweifel<lb/> unterworfenen Verheißung Jeremias wahrscheinlich durch die Stelle 3 Mose<lb/> 26, 34, wo den Jsraeliten gedroht wird, wenn sie fortwährend Gottes Gebote<lb/> nicht hielten, so solle ihr Land verwüstet werden und „seine Sabbate feiern"<lb/> d. h. keinen Ertrag geben, wie im Sabbatjahre, in dem das Land nicht bebaut<lb/> werden darf. Der Verfasser deutete imm so, daß die 70 Jahre der Verwüstung<lb/> lauter Sabbatjahre seien; dazu gehören dann aber je 6 gemeine Jahre, mithin<lb/> bedeuten ihm die 70 Jahre 70 Jahrwochen. Wir haben hier das älteste Bei¬<lb/> spiel einer Erklärungsweise, welche wir bei Juden und Christen wenige Jahr¬<lb/> hunderte später in üppiger Blüthe finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1007" next="#ID_1008"> Innerhalb dieser 490 Jahre der Noth macht die Wiederherstellung Jeru¬<lb/> salems unter dem „fürstlichen Gesalbten" (Cyrus) einen wichtigen Punkt aus;<lb/> war auch wenig von den Hoffnungen erfüllt, welche die damaligen Propheten<lb/> an die Beendigung des Exils geknüpft hatten, so war hier doch immer ein<lb/> erster Anfang zur Wiederherstellung des Gottesreiches gegeben. Da dies Er-<lb/> "gniß aber vom Standpunkt des Verfassers aus ein sehr altes war, so mußte<lb/> ^ es in den Anfang der 70 Wochen legen und da war die Periode von 7<lb/> Jahrwochen eine ganz sich von selbst ergebende. Da nun aber- wirklich zwischen<lb/> der Zerstörung Jerusalems*) und dem Anfang der Rückkehr gerade 49 Jahre<lb/> verflossen sind, so mag der Verfasser hier eine wirkliche chronologische Angabe<lb/> über diese Zeit gehabt haben. Dagegen würden die 490 Jahre uns von Jere-<lb/> mias Verkündigung (597 oder S98) aus viel weiter führen, als bis auf die<lb/> Zeit des Epiphanes. Daß der Versasser die letzte Woche und in dieser wie! er<lb/> letzte Hälfte (die hier und da etwas variirten 3V- Jahre) als die Zeit der</p><lb/> <note xml:id="FID_24" place="foot"> ") Allerdings ist der Standpunkt des Jeremias ein ungefähr um 10 Jahre früherer.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0355]
wechselt. Sehr auffallend ist der Fehler gleich im Anfang des Buchs, nach
welchem Nebukadnezar als König von Babel im dritten Jahre Jojakims Jeru¬
salem belagert und erobert haben soll, während er nach Jer. 28,1 und 2 Kön.
26,8 erst im vierten Jahre Jojakims zur Regierung kam.
Unter diesen Umstanden werden wir uns nicht wundern, wenn dem Ver¬
fasser keine Chronologie der älteren Ereignisse zu Gebote stand. Bis zur Auf¬
stellung der seleucidischen Aera haben die Jsraeliten immer nach den Jahren der
regierenden Könige gerechnet. Die Gesammtdauer der Zeit von der Zerstörung
Jerusalems bis Alexander wäre daher nur durch Addition der Regierungsjahre
der babylonischen und persischen Könige zu ermitteln gewesen, welche dem Ver¬
fasser, welcher sich über die Zahl der Könige so sehr irrte, schwerlich möglich
War. Wir brauchen uns deshalb nicht auf künstliche Erklärungen einzulassen,
um die Zahl der 70 Jahrwochen von Jerusalems Untergang bis zum Epiphanes
mit der Geschichte in Einklang zu bringen. Der Verfasser kam auf die seltsame
Ausdeutung der unerfüllten, aber dennoch als prophetisches Wort keinem Zweifel
unterworfenen Verheißung Jeremias wahrscheinlich durch die Stelle 3 Mose
26, 34, wo den Jsraeliten gedroht wird, wenn sie fortwährend Gottes Gebote
nicht hielten, so solle ihr Land verwüstet werden und „seine Sabbate feiern"
d. h. keinen Ertrag geben, wie im Sabbatjahre, in dem das Land nicht bebaut
werden darf. Der Verfasser deutete imm so, daß die 70 Jahre der Verwüstung
lauter Sabbatjahre seien; dazu gehören dann aber je 6 gemeine Jahre, mithin
bedeuten ihm die 70 Jahre 70 Jahrwochen. Wir haben hier das älteste Bei¬
spiel einer Erklärungsweise, welche wir bei Juden und Christen wenige Jahr¬
hunderte später in üppiger Blüthe finden.
Innerhalb dieser 490 Jahre der Noth macht die Wiederherstellung Jeru¬
salems unter dem „fürstlichen Gesalbten" (Cyrus) einen wichtigen Punkt aus;
war auch wenig von den Hoffnungen erfüllt, welche die damaligen Propheten
an die Beendigung des Exils geknüpft hatten, so war hier doch immer ein
erster Anfang zur Wiederherstellung des Gottesreiches gegeben. Da dies Er-
"gniß aber vom Standpunkt des Verfassers aus ein sehr altes war, so mußte
^ es in den Anfang der 70 Wochen legen und da war die Periode von 7
Jahrwochen eine ganz sich von selbst ergebende. Da nun aber- wirklich zwischen
der Zerstörung Jerusalems*) und dem Anfang der Rückkehr gerade 49 Jahre
verflossen sind, so mag der Verfasser hier eine wirkliche chronologische Angabe
über diese Zeit gehabt haben. Dagegen würden die 490 Jahre uns von Jere-
mias Verkündigung (597 oder S98) aus viel weiter führen, als bis auf die
Zeit des Epiphanes. Daß der Versasser die letzte Woche und in dieser wie! er
letzte Hälfte (die hier und da etwas variirten 3V- Jahre) als die Zeit der
") Allerdings ist der Standpunkt des Jeremias ein ungefähr um 10 Jahre früherer.
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