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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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Die Mittelstaaten vom finanziellen Standpunkt.

Vergleichende Zusammenstellung der europäischen Staatsausgaben von Eduard Pfeiffer.
Stuttgart und Leipzig. Verlag von A. Kröner. 1865. 100 S. 8.

In den kleineren Staaten giebts weniger Steuern als in den großen, also
ists besser, einem von jenen als einem von diesen anzugehören -- Nassau und
Würtemberg, Sachsen und Bayern geben weniger aus als Preußen, also muß
dort wohlfeiler regiert werden können als hier -- so oder in ähnlicher Weise
hört man häusig nicht blos von politischer Einfalt, sondern auch von Klügeren
raisonniren. Prüfen wir das einmal mit den Augen des Verfassers obiger
Schrift. Zahlen sollen ja nach Goethe beweisen, wie die Welt regiert wird,
und das thun sie auch, nur kommt es auf das Arrangement an.

Nicht viele Dinge nämlich giebt es. mit denen so leicht und so oft Mi߬
brauch getrieben wird, als mit statistischen Begleichungen. Ohne daß man
eine Zahlensälschung vorzunehmen braucht, lassen sich doch immer durch die
Art der Anordnung solcher Tabellen, durch Gegenüberstellung gleichnamiger,
aber nicht gleichartiger Größen u. d. in. diejenigen Ergebnisse herausdemonstriren,
die man dem Leser oder Hörer vorhalten zu können wünscht, und so erklärt
sich, wie nicht selten der Versuch gemacht wurde, die allerentgegengesetztesten
Dinge mit denselben Ziffern zu beweisen.

Erfordert nun schon an und für sich jede statistische Vergleichung die größte
Sorgfalt und Unparteilichkeit, wenn es nicht zu grober Täuschung kommen soll,
so ist eine solche, die sich mit Budgetzahlen beschäftigt, noch mit der ganz be¬
sondern Schwierigkeit verbunden, daß die Abfassung des Budgets fast in jedem
Staate nach andern Grundsätzen vorgenommen wird.

Die obenangeführte Arbeit vermeidet diese Schwierigkeit auf eine Weise,
die ebenso neu als zweckentsprechend ist. Sie ist der erste Versuch einer finanz¬
statistischen Vergleichung im größern Maßstabe, der nicht auf blos oberflächlicher
Zusammenstellung der in den EinzelnbudgctS ausgeworfenen Hauptsummen be¬
ruht, sondern auf Grund möglichst genauen Eingehens in die Details und mit
strenger Einhaltung derselben Methode ganz unabhängig von der Verschiedenheit
unternommen wird, die in der Behandlung der einzelnen Budgetanlagen ob¬
waltet. Nur so war es möglich, auch wirklich Gleichartiges zur Vergleichung
nebeneinanderzustellen, und so viel auch in dieser Richtung ohne Zweifel
noch zu leisten ist, übertrifft doch das hier Gegebene die nach der bisher üb¬
lichen Methode gelieferten sinanzstatistischen Vergleichungen im Allgemeinen*)



-) In Einzelheiten (z. B. bei den Zahlen Badens) scheint der Verfasser sich nicht un.
erheblich verrechnet zu haben.
Die Mittelstaaten vom finanziellen Standpunkt.

Vergleichende Zusammenstellung der europäischen Staatsausgaben von Eduard Pfeiffer.
Stuttgart und Leipzig. Verlag von A. Kröner. 1865. 100 S. 8.

In den kleineren Staaten giebts weniger Steuern als in den großen, also
ists besser, einem von jenen als einem von diesen anzugehören — Nassau und
Würtemberg, Sachsen und Bayern geben weniger aus als Preußen, also muß
dort wohlfeiler regiert werden können als hier — so oder in ähnlicher Weise
hört man häusig nicht blos von politischer Einfalt, sondern auch von Klügeren
raisonniren. Prüfen wir das einmal mit den Augen des Verfassers obiger
Schrift. Zahlen sollen ja nach Goethe beweisen, wie die Welt regiert wird,
und das thun sie auch, nur kommt es auf das Arrangement an.

Nicht viele Dinge nämlich giebt es. mit denen so leicht und so oft Mi߬
brauch getrieben wird, als mit statistischen Begleichungen. Ohne daß man
eine Zahlensälschung vorzunehmen braucht, lassen sich doch immer durch die
Art der Anordnung solcher Tabellen, durch Gegenüberstellung gleichnamiger,
aber nicht gleichartiger Größen u. d. in. diejenigen Ergebnisse herausdemonstriren,
die man dem Leser oder Hörer vorhalten zu können wünscht, und so erklärt
sich, wie nicht selten der Versuch gemacht wurde, die allerentgegengesetztesten
Dinge mit denselben Ziffern zu beweisen.

Erfordert nun schon an und für sich jede statistische Vergleichung die größte
Sorgfalt und Unparteilichkeit, wenn es nicht zu grober Täuschung kommen soll,
so ist eine solche, die sich mit Budgetzahlen beschäftigt, noch mit der ganz be¬
sondern Schwierigkeit verbunden, daß die Abfassung des Budgets fast in jedem
Staate nach andern Grundsätzen vorgenommen wird.

Die obenangeführte Arbeit vermeidet diese Schwierigkeit auf eine Weise,
die ebenso neu als zweckentsprechend ist. Sie ist der erste Versuch einer finanz¬
statistischen Vergleichung im größern Maßstabe, der nicht auf blos oberflächlicher
Zusammenstellung der in den EinzelnbudgctS ausgeworfenen Hauptsummen be¬
ruht, sondern auf Grund möglichst genauen Eingehens in die Details und mit
strenger Einhaltung derselben Methode ganz unabhängig von der Verschiedenheit
unternommen wird, die in der Behandlung der einzelnen Budgetanlagen ob¬
waltet. Nur so war es möglich, auch wirklich Gleichartiges zur Vergleichung
nebeneinanderzustellen, und so viel auch in dieser Richtung ohne Zweifel
noch zu leisten ist, übertrifft doch das hier Gegebene die nach der bisher üb¬
lichen Methode gelieferten sinanzstatistischen Vergleichungen im Allgemeinen*)



-) In Einzelheiten (z. B. bei den Zahlen Badens) scheint der Verfasser sich nicht un.
erheblich verrechnet zu haben.
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[0313] Die Mittelstaaten vom finanziellen Standpunkt. Vergleichende Zusammenstellung der europäischen Staatsausgaben von Eduard Pfeiffer. Stuttgart und Leipzig. Verlag von A. Kröner. 1865. 100 S. 8. In den kleineren Staaten giebts weniger Steuern als in den großen, also ists besser, einem von jenen als einem von diesen anzugehören — Nassau und Würtemberg, Sachsen und Bayern geben weniger aus als Preußen, also muß dort wohlfeiler regiert werden können als hier — so oder in ähnlicher Weise hört man häusig nicht blos von politischer Einfalt, sondern auch von Klügeren raisonniren. Prüfen wir das einmal mit den Augen des Verfassers obiger Schrift. Zahlen sollen ja nach Goethe beweisen, wie die Welt regiert wird, und das thun sie auch, nur kommt es auf das Arrangement an. Nicht viele Dinge nämlich giebt es. mit denen so leicht und so oft Mi߬ brauch getrieben wird, als mit statistischen Begleichungen. Ohne daß man eine Zahlensälschung vorzunehmen braucht, lassen sich doch immer durch die Art der Anordnung solcher Tabellen, durch Gegenüberstellung gleichnamiger, aber nicht gleichartiger Größen u. d. in. diejenigen Ergebnisse herausdemonstriren, die man dem Leser oder Hörer vorhalten zu können wünscht, und so erklärt sich, wie nicht selten der Versuch gemacht wurde, die allerentgegengesetztesten Dinge mit denselben Ziffern zu beweisen. Erfordert nun schon an und für sich jede statistische Vergleichung die größte Sorgfalt und Unparteilichkeit, wenn es nicht zu grober Täuschung kommen soll, so ist eine solche, die sich mit Budgetzahlen beschäftigt, noch mit der ganz be¬ sondern Schwierigkeit verbunden, daß die Abfassung des Budgets fast in jedem Staate nach andern Grundsätzen vorgenommen wird. Die obenangeführte Arbeit vermeidet diese Schwierigkeit auf eine Weise, die ebenso neu als zweckentsprechend ist. Sie ist der erste Versuch einer finanz¬ statistischen Vergleichung im größern Maßstabe, der nicht auf blos oberflächlicher Zusammenstellung der in den EinzelnbudgctS ausgeworfenen Hauptsummen be¬ ruht, sondern auf Grund möglichst genauen Eingehens in die Details und mit strenger Einhaltung derselben Methode ganz unabhängig von der Verschiedenheit unternommen wird, die in der Behandlung der einzelnen Budgetanlagen ob¬ waltet. Nur so war es möglich, auch wirklich Gleichartiges zur Vergleichung nebeneinanderzustellen, und so viel auch in dieser Richtung ohne Zweifel noch zu leisten ist, übertrifft doch das hier Gegebene die nach der bisher üb¬ lichen Methode gelieferten sinanzstatistischen Vergleichungen im Allgemeinen*) -) In Einzelheiten (z. B. bei den Zahlen Badens) scheint der Verfasser sich nicht un. erheblich verrechnet zu haben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/313>, abgerufen am 15.01.2025.