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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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Gebietstheile und des Herzogtums Lauenburz seine Kriegskostenrechnung striche,
so würde das eine Erleichterung der Zinsenlast um nahezu 900,000 Thlr. sein.
Rechnen wir nunmehr für alle Ersparnisse zusammen, auch die noch nicht an¬
geschlagenen im Post- und Telegraphenwesen mit eingerechnet, 3 Mill. Thlr., so
gelangen wir zu einem Budget von nur 9 Mill. Thlr. und einer Last auf den
Kopf von etwa 9^2 Thlr. Das Verhältniß würde noch unter dem Hannovers
mit 10,g und Lübecks mit 10,2 bleiben.

Das hier gezeichnete Verhältniß eines souveränen Schleswig-Holsteins ist
aber bereits nicht ohne Analogie in Deutschland. Das Fürstenthum Waldeck
hat durch eine Militärcvnvcntion seine Kriegsmacht mit der preußischen ver¬
bunden, seine auswärtige Vertretung ganz Preußen übertragen, preußische Post¬
Verwaltung, findet seine letzte Gerichtsinstanz im Obertribunal zu Berlin und
bildet der Obcrcvntrole wegen einen Theil einer preußischen Steuerprovinz-
Doch wollen wir auch noch den Fall erwägen, daß Schleswig-Holstein zwar ein
halbsouvcräner Staat, aber nicht nach den Forderungen Preußens vom 22. Fe¬
bruar 1865, sondern nur durch eine Militär- und Flottenconvcntion mit Preußen
verbunden wäre. In diesem Falle würde das oben aufgestellte Budget
wesentlich maßgebend bleiben und vielleicht nur das Kriegsbudget um einen,
doch schwerlich bedeutenden Betrag, vermindert erscheinen.

Das Gesammtcrgebniß unserer Untersuchung ist in materieller Hinsicht kein
günstiges für die Errichtung eines souveränen Staates Schleswig-Holstein.
Von der geringeren Kostspieligkeit eines solchen läßt sich kein Beweismittel gegen
einen engern Anschluß an Preußen hernehmen. Ob ein solcher aus andern
Gründen zu empfehlen, ist nicht Aufgabe dieser Untersuchung; wir wünschen
am Schluß derselben nur, daß sie zu einer allseitigen und gründlichen Erwä¬
gung der besten Lösung der Schleswig - holsteinischen Frage das Ihrige bei¬
tragen möge.




Gebietstheile und des Herzogtums Lauenburz seine Kriegskostenrechnung striche,
so würde das eine Erleichterung der Zinsenlast um nahezu 900,000 Thlr. sein.
Rechnen wir nunmehr für alle Ersparnisse zusammen, auch die noch nicht an¬
geschlagenen im Post- und Telegraphenwesen mit eingerechnet, 3 Mill. Thlr., so
gelangen wir zu einem Budget von nur 9 Mill. Thlr. und einer Last auf den
Kopf von etwa 9^2 Thlr. Das Verhältniß würde noch unter dem Hannovers
mit 10,g und Lübecks mit 10,2 bleiben.

Das hier gezeichnete Verhältniß eines souveränen Schleswig-Holsteins ist
aber bereits nicht ohne Analogie in Deutschland. Das Fürstenthum Waldeck
hat durch eine Militärcvnvcntion seine Kriegsmacht mit der preußischen ver¬
bunden, seine auswärtige Vertretung ganz Preußen übertragen, preußische Post¬
Verwaltung, findet seine letzte Gerichtsinstanz im Obertribunal zu Berlin und
bildet der Obcrcvntrole wegen einen Theil einer preußischen Steuerprovinz-
Doch wollen wir auch noch den Fall erwägen, daß Schleswig-Holstein zwar ein
halbsouvcräner Staat, aber nicht nach den Forderungen Preußens vom 22. Fe¬
bruar 1865, sondern nur durch eine Militär- und Flottenconvcntion mit Preußen
verbunden wäre. In diesem Falle würde das oben aufgestellte Budget
wesentlich maßgebend bleiben und vielleicht nur das Kriegsbudget um einen,
doch schwerlich bedeutenden Betrag, vermindert erscheinen.

Das Gesammtcrgebniß unserer Untersuchung ist in materieller Hinsicht kein
günstiges für die Errichtung eines souveränen Staates Schleswig-Holstein.
Von der geringeren Kostspieligkeit eines solchen läßt sich kein Beweismittel gegen
einen engern Anschluß an Preußen hernehmen. Ob ein solcher aus andern
Gründen zu empfehlen, ist nicht Aufgabe dieser Untersuchung; wir wünschen
am Schluß derselben nur, daß sie zu einer allseitigen und gründlichen Erwä¬
gung der besten Lösung der Schleswig - holsteinischen Frage das Ihrige bei¬
tragen möge.




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[0268] Gebietstheile und des Herzogtums Lauenburz seine Kriegskostenrechnung striche, so würde das eine Erleichterung der Zinsenlast um nahezu 900,000 Thlr. sein. Rechnen wir nunmehr für alle Ersparnisse zusammen, auch die noch nicht an¬ geschlagenen im Post- und Telegraphenwesen mit eingerechnet, 3 Mill. Thlr., so gelangen wir zu einem Budget von nur 9 Mill. Thlr. und einer Last auf den Kopf von etwa 9^2 Thlr. Das Verhältniß würde noch unter dem Hannovers mit 10,g und Lübecks mit 10,2 bleiben. Das hier gezeichnete Verhältniß eines souveränen Schleswig-Holsteins ist aber bereits nicht ohne Analogie in Deutschland. Das Fürstenthum Waldeck hat durch eine Militärcvnvcntion seine Kriegsmacht mit der preußischen ver¬ bunden, seine auswärtige Vertretung ganz Preußen übertragen, preußische Post¬ Verwaltung, findet seine letzte Gerichtsinstanz im Obertribunal zu Berlin und bildet der Obcrcvntrole wegen einen Theil einer preußischen Steuerprovinz- Doch wollen wir auch noch den Fall erwägen, daß Schleswig-Holstein zwar ein halbsouvcräner Staat, aber nicht nach den Forderungen Preußens vom 22. Fe¬ bruar 1865, sondern nur durch eine Militär- und Flottenconvcntion mit Preußen verbunden wäre. In diesem Falle würde das oben aufgestellte Budget wesentlich maßgebend bleiben und vielleicht nur das Kriegsbudget um einen, doch schwerlich bedeutenden Betrag, vermindert erscheinen. Das Gesammtcrgebniß unserer Untersuchung ist in materieller Hinsicht kein günstiges für die Errichtung eines souveränen Staates Schleswig-Holstein. Von der geringeren Kostspieligkeit eines solchen läßt sich kein Beweismittel gegen einen engern Anschluß an Preußen hernehmen. Ob ein solcher aus andern Gründen zu empfehlen, ist nicht Aufgabe dieser Untersuchung; wir wünschen am Schluß derselben nur, daß sie zu einer allseitigen und gründlichen Erwä¬ gung der besten Lösung der Schleswig - holsteinischen Frage das Ihrige bei¬ tragen möge.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/268>, abgerufen am 15.01.2025.