Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.resolution faßte. Man durste hoffen, daß das große Wort, welches sie damals ge¬ Die Volksvertreter hatten es ja auch gar nicht fo schlimm gemeint. Was sie Uebrigens ist unser Etat unerwartet noch mit einem kleinen Andenken an den resolution faßte. Man durste hoffen, daß das große Wort, welches sie damals ge¬ Die Volksvertreter hatten es ja auch gar nicht fo schlimm gemeint. Was sie Uebrigens ist unser Etat unerwartet noch mit einem kleinen Andenken an den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0252" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283605"/> <p xml:id="ID_690" prev="#ID_689"> resolution faßte. Man durste hoffen, daß das große Wort, welches sie damals ge¬<lb/> lassen aussprach, in Kurzem vergessen und zu den übrigen gelegt sein werde, und<lb/> in der That hat die Erfahrung gezeigt, daß die Bewegung, welche in jener Zeit in<lb/> unserer Armee stattfand, keineswegs kriegerischen Ursprungs war, fondern rein ästhe¬<lb/> tische Motive hatte. Unsere Landesvertheidiger wurden nach reiflicher Berathungen<lb/> an Allerhöchster Stelle mit einer kleidsamen Uniform bedacht, dies war alles.</p><lb/> <p xml:id="ID_691"> Die Volksvertreter hatten es ja auch gar nicht fo schlimm gemeint. Was sie<lb/> wollten, war eine einfache Ncchtsverwahrung aussprechen, ihre juridische Ueberzeu¬<lb/> gung salviren, und wenn der Ausdruck dieser Manifestation etwas ungeschickt her¬<lb/> auskam, nun, wer wird denn die Worte so zudringlich auf die Wagschale legen!<lb/> Hatten sie doch selbst ungern genug sich zu dem entschlossen, was sie nun einmal<lb/> für ihre Pflicht hielten, und dessen Eindruck auf die Mitwelt ihnen kaum zweifel¬<lb/> haft sein konnte. Froh, eines peinlichen Geschäfts entledigt zu sein, enthielten sie<lb/> sich denn auch, später wieder Nachfrage zu halten, wie denn die Negierung ihrer<lb/> Aufforderung zur That nachgekommen sei. Jetzt ist die Session ihrer sechsmonat¬<lb/> lichen Dauer müde, die Sommerhitze beginnt die Sitzreihen zu entvölkern, die drin¬<lb/> gendsten Geschäfte aber und der langsam reifende Etat nehmen immerhin noch einige<lb/> Wochen in Anspruch, und so wird die Kammer wohl keine Gelegenheit mehr auf¬<lb/> suchen, sich mit einer Sache zu beschäftigen, welche nur jedesmal aufs Neue die<lb/> Unmacht der kleineren Staaten, d. h. des staatlich nicht organisirten Deutschlands<lb/> illustrirt.</p><lb/> <p xml:id="ID_692" next="#ID_693"> Uebrigens ist unser Etat unerwartet noch mit einem kleinen Andenken an den<lb/> Schleswig-holsteinischen Krieg bedacht worden, so unschuldig wir auch an der Erobe¬<lb/> rung der düppler Schanzen und der Einnahme Athens sind. Die Negierung brachte<lb/> nämlich den Antrag ein, die Apanage für den Herzog Wilhelm von Würtemberg,<lb/> der im Dienste des Hauses Habsburg in den italienischen Feldzügen sich auszeich¬<lb/> nete und im vorigen Jahr als Oberst des Regiments Belgien bei Oeversee verwun¬<lb/> det wurde, namhaft zu erhöhen. Man hatte für diese Erigcnz auch einen juridi¬<lb/> schen Grund auszufinden versucht. Der Herzog war nämlich zur Zeit als im<lb/> Jahre 1828 ein neues Gesetz die Apanagen für die von da auf die Welt kommen¬<lb/> den Prinzen sparsamer regelte, zwar noch nicht geboren, aber doch in hohem Grad<lb/> vasoitnrus. Es fehlten nur wenige Wochen, so wäre des Prinzen Gehalt noch nach<lb/> dem älteren günstigeren Gesetze zu bemessen gewesen. Indessen konnte die Regierung<lb/> selbst auf die Rechtsfrage kein ernsthaftes Gewicht legen; um so mehr appcllirte sie an<lb/> das Billigkeitsgesühl, welches verlange, daß dem verdienten General, der durch das<lb/> zufällige Datum seiner Geburtsstunde so eigenthümlich verkürzt sei, ermöglicht werde,<lb/> standesgemäß zu leben und eintretendenfalls sich ebenbürtig zu vermählen. Ganz<lb/> besonders aber appcllirte sie an die stets bewährten patriotischen Gesinnungen der<lb/> Stände, sie beschwor die Anhänglichkeit an das angestammte Fürstenhaus, dessen<lb/> Großthaten auch auf die Heimath einen erlauchten Schimmer zurückwerfen, sie er¬<lb/> innerte an die Thaten seines Vaters, des Helden von Kulm und Wachau, und<lb/> sprach von einer Ehrenschuld des Landes gegen das um Deutschland so verdiente<lb/> Mitglied des würtembergischen Herrscherhauses. Da es sich nicht etwa um eine<lb/> Dankadresse, sondern um eine reelle Etatsposition handelte, so konnte es nicht feh¬<lb/> len, daß in der Kammer hiergegen sehr nüchterne Erwägungen sich geltend machten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0252]
resolution faßte. Man durste hoffen, daß das große Wort, welches sie damals ge¬
lassen aussprach, in Kurzem vergessen und zu den übrigen gelegt sein werde, und
in der That hat die Erfahrung gezeigt, daß die Bewegung, welche in jener Zeit in
unserer Armee stattfand, keineswegs kriegerischen Ursprungs war, fondern rein ästhe¬
tische Motive hatte. Unsere Landesvertheidiger wurden nach reiflicher Berathungen
an Allerhöchster Stelle mit einer kleidsamen Uniform bedacht, dies war alles.
Die Volksvertreter hatten es ja auch gar nicht fo schlimm gemeint. Was sie
wollten, war eine einfache Ncchtsverwahrung aussprechen, ihre juridische Ueberzeu¬
gung salviren, und wenn der Ausdruck dieser Manifestation etwas ungeschickt her¬
auskam, nun, wer wird denn die Worte so zudringlich auf die Wagschale legen!
Hatten sie doch selbst ungern genug sich zu dem entschlossen, was sie nun einmal
für ihre Pflicht hielten, und dessen Eindruck auf die Mitwelt ihnen kaum zweifel¬
haft sein konnte. Froh, eines peinlichen Geschäfts entledigt zu sein, enthielten sie
sich denn auch, später wieder Nachfrage zu halten, wie denn die Negierung ihrer
Aufforderung zur That nachgekommen sei. Jetzt ist die Session ihrer sechsmonat¬
lichen Dauer müde, die Sommerhitze beginnt die Sitzreihen zu entvölkern, die drin¬
gendsten Geschäfte aber und der langsam reifende Etat nehmen immerhin noch einige
Wochen in Anspruch, und so wird die Kammer wohl keine Gelegenheit mehr auf¬
suchen, sich mit einer Sache zu beschäftigen, welche nur jedesmal aufs Neue die
Unmacht der kleineren Staaten, d. h. des staatlich nicht organisirten Deutschlands
illustrirt.
Uebrigens ist unser Etat unerwartet noch mit einem kleinen Andenken an den
Schleswig-holsteinischen Krieg bedacht worden, so unschuldig wir auch an der Erobe¬
rung der düppler Schanzen und der Einnahme Athens sind. Die Negierung brachte
nämlich den Antrag ein, die Apanage für den Herzog Wilhelm von Würtemberg,
der im Dienste des Hauses Habsburg in den italienischen Feldzügen sich auszeich¬
nete und im vorigen Jahr als Oberst des Regiments Belgien bei Oeversee verwun¬
det wurde, namhaft zu erhöhen. Man hatte für diese Erigcnz auch einen juridi¬
schen Grund auszufinden versucht. Der Herzog war nämlich zur Zeit als im
Jahre 1828 ein neues Gesetz die Apanagen für die von da auf die Welt kommen¬
den Prinzen sparsamer regelte, zwar noch nicht geboren, aber doch in hohem Grad
vasoitnrus. Es fehlten nur wenige Wochen, so wäre des Prinzen Gehalt noch nach
dem älteren günstigeren Gesetze zu bemessen gewesen. Indessen konnte die Regierung
selbst auf die Rechtsfrage kein ernsthaftes Gewicht legen; um so mehr appcllirte sie an
das Billigkeitsgesühl, welches verlange, daß dem verdienten General, der durch das
zufällige Datum seiner Geburtsstunde so eigenthümlich verkürzt sei, ermöglicht werde,
standesgemäß zu leben und eintretendenfalls sich ebenbürtig zu vermählen. Ganz
besonders aber appcllirte sie an die stets bewährten patriotischen Gesinnungen der
Stände, sie beschwor die Anhänglichkeit an das angestammte Fürstenhaus, dessen
Großthaten auch auf die Heimath einen erlauchten Schimmer zurückwerfen, sie er¬
innerte an die Thaten seines Vaters, des Helden von Kulm und Wachau, und
sprach von einer Ehrenschuld des Landes gegen das um Deutschland so verdiente
Mitglied des würtembergischen Herrscherhauses. Da es sich nicht etwa um eine
Dankadresse, sondern um eine reelle Etatsposition handelte, so konnte es nicht feh¬
len, daß in der Kammer hiergegen sehr nüchterne Erwägungen sich geltend machten.
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