Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.kann, sagen die Einen. Oder von dem Leichtsinn der Masse nicht stark em¬ In gewissem Maße -- das bedarf freilich starker Betonung den enthusiastischen Allerdings sind die großen Feste, welche die Deutschen seit einigen Jahren Nicht weniger bedeutsam für den Fortschritt der Nation ist, daß die Feste, Unsre Nationalfeste tragen ferner durch die Bekanntschaften, die sie vermitteln, kann, sagen die Einen. Oder von dem Leichtsinn der Masse nicht stark em¬ In gewissem Maße — das bedarf freilich starker Betonung den enthusiastischen Allerdings sind die großen Feste, welche die Deutschen seit einigen Jahren Nicht weniger bedeutsam für den Fortschritt der Nation ist, daß die Feste, Unsre Nationalfeste tragen ferner durch die Bekanntschaften, die sie vermitteln, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0205" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283558"/> <p xml:id="ID_574" prev="#ID_573"> kann, sagen die Einen. Oder von dem Leichtsinn der Masse nicht stark em¬<lb/> pfunden werden, erwidern die Andern. Wir meinen, beide haben Recht, wenn<lb/> wir sie richtig verstehen. Ohne Zweifel ist unter der Menge mehr leichter<lb/> Sinn und weniger Verständniß der Lage, als für eine rasche Entwickelung gut<lb/> wäre, aber auch Ernstere und Tieferblickende dürfen aus einige Zeit die Sorge<lb/> dahinten lassen; denn trotz der geschilderten unerfreulichen Zustände auf der<lb/> Oberfläche unsrer politischen Existenz wächst das deutsche Volk in der Tiefe still<lb/> und unaufhaltsam weiter, der ihm beschiedenen Größe und Freiheit entgegen,<lb/> und gerade die Feste, die es feiert, sind in gewissem Maße einer der Factoren<lb/> dieses Wachsthums.</p><lb/> <p xml:id="ID_575"> In gewissem Maße — das bedarf freilich starker Betonung den enthusiastischen<lb/> Sanguinikern gegenüber, die mit Toasten und Resolutionen den Himmel stür¬<lb/> men und die goldne Zeit herabnöthigen zu können meinen, und die. wie<lb/> allenthalben, auch hier nur die lichte Seite der Sache sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_576"> Allerdings sind die großen Feste, welche die Deutschen seit einigen Jahren<lb/> feiern — nur von diesen ist hier die Rede — allerdings sind unsre National-<lb/> feste ein nicht unwesentliches Moment in unsrer Entwickelung aus politischer<lb/> Verkommenheit zu großem und freiem Dasein. Wie sie aus mächtig gesteiger¬<lb/> tem Wohlstand der Nation hervorgewachsen sind,, so führen sie, zeigend, was<lb/> diese oder jene Stadt gastfreundlich vermag, was diese oder jene Landschaft<lb/> oder Gesellschaft leistet, was die Gesammtheit zur Verherrlichung des Tages an<lb/> Menschen und Gaben sandte, jenen Wohlstand und die darin wurzelnde Kraft<lb/> zur Erringung auch idealer Güter dem Einzelnen, und zwar bei der Thätigkeit<lb/> der Presse nicht blos dem einzelnen Festgäste, vor Augen und mehren dadurch<lb/> dessen Selbstgefühl. Das Volk hält in diesen Festen gleichsam Revue über sich<lb/> selvst, sieht sich im Spiegel, zählt sich und mißt sich. Das Ergebniß wird<lb/> nicht von Allen als klarer Gewinn, sicher aber von der Mehrzahl als befrie¬<lb/> digende Empfindung bewahrt.</p><lb/> <p xml:id="ID_577"> Nicht weniger bedeutsam für den Fortschritt der Nation ist, daß die Feste,<lb/> die von ganz Deutschland begangen werden, den Angehörigen des Kleinstaats<lb/> oder der Kleinstadt aus seiner beschränkten Sphäre herausheben, ihn in das<lb/> große Leben des Volkes führen und ihn gewöhnen, sich als Glied des Ganzen,<lb/> als Deutschen zu fühlen und darnach bei ernsteren Gelegenheiten zu handeln.</p><lb/> <p xml:id="ID_578" next="#ID_579"> Unsre Nationalfeste tragen ferner durch die Bekanntschaften, die sie vermitteln,<lb/> und durch die Gastfreundschaft, die sie gebieten, wesentlich dazu bei, Vorurtheile<lb/> und Abneigungen der einzelnen Landschaften gegen einander zu gerechter Wür¬<lb/> digung der Betreffenden abzuklären. Endlich aber — und das ist nicht das Un¬<lb/> wichtigste — ist jedes von diesen großen Festen mit der Masse von Bedürfnissen,<lb/> die zu befriedigen, der Menge von Hindernissen, die zu überwinden, dem ge¬<lb/> waltigen Zudrang von Menschen in erregtem Zustand, der in Zucht zu halten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0205]
kann, sagen die Einen. Oder von dem Leichtsinn der Masse nicht stark em¬
pfunden werden, erwidern die Andern. Wir meinen, beide haben Recht, wenn
wir sie richtig verstehen. Ohne Zweifel ist unter der Menge mehr leichter
Sinn und weniger Verständniß der Lage, als für eine rasche Entwickelung gut
wäre, aber auch Ernstere und Tieferblickende dürfen aus einige Zeit die Sorge
dahinten lassen; denn trotz der geschilderten unerfreulichen Zustände auf der
Oberfläche unsrer politischen Existenz wächst das deutsche Volk in der Tiefe still
und unaufhaltsam weiter, der ihm beschiedenen Größe und Freiheit entgegen,
und gerade die Feste, die es feiert, sind in gewissem Maße einer der Factoren
dieses Wachsthums.
In gewissem Maße — das bedarf freilich starker Betonung den enthusiastischen
Sanguinikern gegenüber, die mit Toasten und Resolutionen den Himmel stür¬
men und die goldne Zeit herabnöthigen zu können meinen, und die. wie
allenthalben, auch hier nur die lichte Seite der Sache sehen.
Allerdings sind die großen Feste, welche die Deutschen seit einigen Jahren
feiern — nur von diesen ist hier die Rede — allerdings sind unsre National-
feste ein nicht unwesentliches Moment in unsrer Entwickelung aus politischer
Verkommenheit zu großem und freiem Dasein. Wie sie aus mächtig gesteiger¬
tem Wohlstand der Nation hervorgewachsen sind,, so führen sie, zeigend, was
diese oder jene Stadt gastfreundlich vermag, was diese oder jene Landschaft
oder Gesellschaft leistet, was die Gesammtheit zur Verherrlichung des Tages an
Menschen und Gaben sandte, jenen Wohlstand und die darin wurzelnde Kraft
zur Erringung auch idealer Güter dem Einzelnen, und zwar bei der Thätigkeit
der Presse nicht blos dem einzelnen Festgäste, vor Augen und mehren dadurch
dessen Selbstgefühl. Das Volk hält in diesen Festen gleichsam Revue über sich
selvst, sieht sich im Spiegel, zählt sich und mißt sich. Das Ergebniß wird
nicht von Allen als klarer Gewinn, sicher aber von der Mehrzahl als befrie¬
digende Empfindung bewahrt.
Nicht weniger bedeutsam für den Fortschritt der Nation ist, daß die Feste,
die von ganz Deutschland begangen werden, den Angehörigen des Kleinstaats
oder der Kleinstadt aus seiner beschränkten Sphäre herausheben, ihn in das
große Leben des Volkes führen und ihn gewöhnen, sich als Glied des Ganzen,
als Deutschen zu fühlen und darnach bei ernsteren Gelegenheiten zu handeln.
Unsre Nationalfeste tragen ferner durch die Bekanntschaften, die sie vermitteln,
und durch die Gastfreundschaft, die sie gebieten, wesentlich dazu bei, Vorurtheile
und Abneigungen der einzelnen Landschaften gegen einander zu gerechter Wür¬
digung der Betreffenden abzuklären. Endlich aber — und das ist nicht das Un¬
wichtigste — ist jedes von diesen großen Festen mit der Masse von Bedürfnissen,
die zu befriedigen, der Menge von Hindernissen, die zu überwinden, dem ge¬
waltigen Zudrang von Menschen in erregtem Zustand, der in Zucht zu halten
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