Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.jedem Gericht, kein Frauen- oder Bettelklostcr, im nebligen nur 1--3 Stifte Was diese Leute unter Freiheit begriffen, bestand zunächst in gleichem Am 11. Juni begann der Landtag zu Innsbruck, der als ein "offener" jedem Gericht, kein Frauen- oder Bettelklostcr, im nebligen nur 1—3 Stifte Was diese Leute unter Freiheit begriffen, bestand zunächst in gleichem Am 11. Juni begann der Landtag zu Innsbruck, der als ein „offener" <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0192" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283545"/> <p xml:id="ID_545" prev="#ID_544"> jedem Gericht, kein Frauen- oder Bettelklostcr, im nebligen nur 1—3 Stifte<lb/> wollte man mehr dulden, die Aufnahme selbst in diesen beschränken und nur<lb/> solche Ordensleute und Laicnpriester zulassen, die im Predigen des Wortes<lb/> Gottes ohne allen ungegründeten Zusatz geschickt, ehrbar und dem Trunke nicht<lb/> ergeben find. Den Geistlichen wurde untersagt, mehr als ein Benesicium zu<lb/> besitzen, der Pfarrer sollte von der Gemeinde gewählt sein, am Orte selbst<lb/> seinen Sitz haben und kein Ordensmann dazu befähigt sein. Die Stolgebüh¬<lb/> ren wurden abgeschafft, der Ueberschuß geistlichen Einkommens zur Gründung<lb/> von Krankenanstalten und zum Unterhalte der Hausarmen bestimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_546"> Was diese Leute unter Freiheit begriffen, bestand zunächst in gleichem<lb/> Stecht für alle. Sämmtliche Bewohner eines Gerichts sollten vor demselben<lb/> Stab Recht nehmen, im ganzen Lande nur ein Brauch gehalten, alle Statuten<lb/> und Gebräuche an einzelnen Orten abgethan sein. Die Wahl, Ein- und Ab¬<lb/> setzung der Richter, Gerichtsschreiberund Frohnboten war den Gemeinden, nur<lb/> die Bestellung der Beamten zur Eintreibung der landesfürstlichen Einkünfte<lb/> dem Erzherzog eingeräumt, andere Rentenverwalter (Pfleger) dachte man auf¬<lb/> zuheben, ebenso die Antheile der Richter an den Strafen. Betreffs der Re¬<lb/> gierung zu Innsbruck war festgesetzt, daß sie mit ehrlichen Landleuten, nicht<lb/> mit Fremden, Geistlichen oder Doctoren besetzt, und alle Handlung sogleich<lb/> und mündlich vorgenommen werde. Insbesondere sprach sich der Unwille gegen<lb/> den Landeshauptmann Leonhard v. Vels und den Schatzmeister Salamanca<lb/> aus. Man drang auf Entfernung des ersteren von seiner Stelle, die nicht<lb/> wieder zu besetzen wäre, gegen den letzteren war in einem eigenen Artikel aus¬<lb/> gesprochen, daß er, seine Freunde, Diener und Anhänger gänzlich aus dem<lb/> Lande gewiesen und alle seine Schlösser, Gerichte und Herrschaften dem Erz¬<lb/> herzog eingeantwortet werden. Die Fugger, Hochstetter, Welser und andere<lb/> Kaufmannsgesellschaften, sie seien klein oder groß, wollte man abgestellt haben,<lb/> damit die Waare wieder den rechten Preis erhalte; fremdes Volk war nicht<lb/> mehr ohne Erlaubniß des Bürgermeisters oder Richters in den Städten zu<lb/> dulden, auch mußte es geloben, nicht wider Se. Durchlaucht und das Gericht<lb/> zu sein. Um das bürgerliche Wesen in guter Einigkeit zu erhalten, dachte<lb/> man alle Bürger dem Landesfürsten und der Obrigkeit ihren Eid erneuern zu<lb/> lassen, die Widerspenstigen ihrer Bürgerrechte zu entsetzen und in den Städten<lb/> nicht mehr zu leiden. Die Leibeigenschaft, die Roboten, Holzfuhren, Vogtei-<lb/> und Schaltjahrzinsen, das Siegelgeld, alle unbilligen Zölle sollten in der<lb/> ganzen Grafschaft Tirol ab und das Wild, Geflügel, die Fischerei und Weide<lb/> frei sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_547" next="#ID_548"> Am 11. Juni begann der Landtag zu Innsbruck, der als ein „offener"<lb/> oder allgemeiner angekündet war. Das Recht auf diesem zu erscheinen stand neben<lb/> den souveränen Bischöfen von Trient und Brixen und den Abgeordneten ihrer Dom-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0192]
jedem Gericht, kein Frauen- oder Bettelklostcr, im nebligen nur 1—3 Stifte
wollte man mehr dulden, die Aufnahme selbst in diesen beschränken und nur
solche Ordensleute und Laicnpriester zulassen, die im Predigen des Wortes
Gottes ohne allen ungegründeten Zusatz geschickt, ehrbar und dem Trunke nicht
ergeben find. Den Geistlichen wurde untersagt, mehr als ein Benesicium zu
besitzen, der Pfarrer sollte von der Gemeinde gewählt sein, am Orte selbst
seinen Sitz haben und kein Ordensmann dazu befähigt sein. Die Stolgebüh¬
ren wurden abgeschafft, der Ueberschuß geistlichen Einkommens zur Gründung
von Krankenanstalten und zum Unterhalte der Hausarmen bestimmt.
Was diese Leute unter Freiheit begriffen, bestand zunächst in gleichem
Stecht für alle. Sämmtliche Bewohner eines Gerichts sollten vor demselben
Stab Recht nehmen, im ganzen Lande nur ein Brauch gehalten, alle Statuten
und Gebräuche an einzelnen Orten abgethan sein. Die Wahl, Ein- und Ab¬
setzung der Richter, Gerichtsschreiberund Frohnboten war den Gemeinden, nur
die Bestellung der Beamten zur Eintreibung der landesfürstlichen Einkünfte
dem Erzherzog eingeräumt, andere Rentenverwalter (Pfleger) dachte man auf¬
zuheben, ebenso die Antheile der Richter an den Strafen. Betreffs der Re¬
gierung zu Innsbruck war festgesetzt, daß sie mit ehrlichen Landleuten, nicht
mit Fremden, Geistlichen oder Doctoren besetzt, und alle Handlung sogleich
und mündlich vorgenommen werde. Insbesondere sprach sich der Unwille gegen
den Landeshauptmann Leonhard v. Vels und den Schatzmeister Salamanca
aus. Man drang auf Entfernung des ersteren von seiner Stelle, die nicht
wieder zu besetzen wäre, gegen den letzteren war in einem eigenen Artikel aus¬
gesprochen, daß er, seine Freunde, Diener und Anhänger gänzlich aus dem
Lande gewiesen und alle seine Schlösser, Gerichte und Herrschaften dem Erz¬
herzog eingeantwortet werden. Die Fugger, Hochstetter, Welser und andere
Kaufmannsgesellschaften, sie seien klein oder groß, wollte man abgestellt haben,
damit die Waare wieder den rechten Preis erhalte; fremdes Volk war nicht
mehr ohne Erlaubniß des Bürgermeisters oder Richters in den Städten zu
dulden, auch mußte es geloben, nicht wider Se. Durchlaucht und das Gericht
zu sein. Um das bürgerliche Wesen in guter Einigkeit zu erhalten, dachte
man alle Bürger dem Landesfürsten und der Obrigkeit ihren Eid erneuern zu
lassen, die Widerspenstigen ihrer Bürgerrechte zu entsetzen und in den Städten
nicht mehr zu leiden. Die Leibeigenschaft, die Roboten, Holzfuhren, Vogtei-
und Schaltjahrzinsen, das Siegelgeld, alle unbilligen Zölle sollten in der
ganzen Grafschaft Tirol ab und das Wild, Geflügel, die Fischerei und Weide
frei sein.
Am 11. Juni begann der Landtag zu Innsbruck, der als ein „offener"
oder allgemeiner angekündet war. Das Recht auf diesem zu erscheinen stand neben
den souveränen Bischöfen von Trient und Brixen und den Abgeordneten ihrer Dom-
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