Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.und selbständige Forschungen enthalten. Was er in ihnen vorträgt, das giebt er Tagebuch einer griechischen Reise von F. G. Welcker. 2 Bde. Berlin, Verlag von W. Hertz. 1865. Ein wirkliches Tagebuch nach Form und Inhalt, ganz so gelassen, wie es bei und selbständige Forschungen enthalten. Was er in ihnen vorträgt, das giebt er Tagebuch einer griechischen Reise von F. G. Welcker. 2 Bde. Berlin, Verlag von W. Hertz. 1865. Ein wirkliches Tagebuch nach Form und Inhalt, ganz so gelassen, wie es bei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0171" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283524"/> <p xml:id="ID_509" prev="#ID_508"> und selbständige Forschungen enthalten. Was er in ihnen vorträgt, das giebt er<lb/> anspruchslos zur flüchtigen Unterhaltung eines größeren Kreises, aber er giebt nur<lb/> Solches, was ihn selbst lebhabt interessirte, und sucht dafür eine lebendige Theil¬<lb/> nahme auch bei den Zuhörern zu wecken. Und das gelang ihm in ausgezeichneter<lb/> Weise, obwohl der Redner weder durch seine äußere Erscheinung noch durch glänzende<lb/> Action wirken konnte. Es war die innige Ueberzeugung und die tiefe Wahrhaftig¬<lb/> keit, welche die Reden so eindrucksvoll machte. Auch im feinen Spott, in der heitern<lb/> Ironie spiegelte sich dieses wahrhaftige Wesen des Mannes wieder. Diesen Zauber<lb/> der lebendigen Rede freilich kann die stumme Schrift nicht wiedergeben, aber sie<lb/> kann, wie der Herausgeber sagt, „die Erinnerung wecken und dazu beitragen, daß<lb/> die verehrte Gestalt, deren Umrisse allmälig verblassen, in dem Herzen derer, die<lb/> von ihr Anregung und Förderung empfingen, von Neuem sich belebe." Dies ist<lb/> der Hauptzweck, den der Herausgeber bei Veröffentlichung dieser Vorträge im Auge<lb/> gehabt hat, und dieser auf alle Fälle wird mit dem Buche erreicht werden. Denn<lb/> wenn auch, wie bemerkt, nicht alles, was hier dargeboten wird, an sich bedeutend<lb/> ist, für Lobecks Schüler und Verehrer wird es Werth haben, weil es ihnen den Ge¬<lb/> schiedenen wiederbringt. Aber auch im weiteren Kreise der Gebildeten können diese<lb/> Reden Theilnahme erwecken, einmal weil sie, leicht verständlich, dem der Sache<lb/> ferner Stehenden in mancherlei Gebiete des classischen Alterthums neue Einblicke ge¬<lb/> währen, dann, weil ein großer Theil der Reden dnrch Zeitereignisse veranlaßt ist und<lb/> so widerspiegelt, wie Lobeck sich zu der politischen und religiösen Strömung in der<lb/> Gegenwart stellte, und weil jeder Leser den Eindruck empfangen wird, daß hier ein edler,<lb/> hochfinniger Charakter aus der Fülle seines Herzens redet, nicht mit feierlicher Würde<lb/> und hocheinhcrstelzender Phrase, wie so mancher Professor der Beredsamkeit bei der¬<lb/> artigen Gelegenheiten, aber stets mit seinem Geist und natürlicher Anmuth und des¬<lb/> halb nie langweilig.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Tagebuch einer griechischen Reise von F. G. Welcker. 2 Bde. Berlin,<lb/> Verlag von W. Hertz. 1865.</head><lb/> <p xml:id="ID_510" next="#ID_511"> Ein wirkliches Tagebuch nach Form und Inhalt, ganz so gelassen, wie es bei<lb/> der Wanderung von Rom nach Athen und von dort durch den Peloponnes und Nord-<lb/> griechcnland, dann nach einigen Inseln und wieder nach dem Peloponnes niederge¬<lb/> schrieben wurde. Werth für die Wissenschaft haben diese Aufzeichnungen nur wenig.<lb/> Die Reise wurde im Jahre 1842 unternommen, und nicht zu dem Zwecke, gelehrte<lb/> Forschungen anzustellen, sondern einfach, um „Anschauung zu gewinnen von dem<lb/> Boden und Himmel und Erfahrung von dem Klima des Landes, das mich so viel<lb/> und so befriedigend beschäftigt hatte, und die merkwürdigsten Ueberbleibsel aus dem<lb/> Alterthum auch mit eignen Angen zu sehen." Seitdem aber ist Griechenland wieder¬<lb/> holt von deutschen Gelehrten zu jenem Höheren Zwecke bereist und gründlich nach<lb/> den verschiedensten Richtungen und Beziehungen hin untersucht worden. Der Werth<lb/> des Buches liegt in der Person des Reisenden. Es ist ein verehrter Veteran der<lb/> Philologischen Wissenschaft, der uns hier mit seiner Liebe zum Alterthum, die ihn<lb/> auch das Kleinste von den Resten classischer Zeit beobachten läßt, mit seiner Freude<lb/> an landschaftlicher Schönheit, die ihn anmuthige oder großartige Punkte ausführlich<lb/> und mit Berücksichtigung selbst der Details in der Vegetation schildern heißt, und<lb/> überhaupt mit einem Capitel aus seiner Selbstbiographie, mit einem Stück seines<lb/> bedeutungsvollen und fruchtbaren Lebens entgegentritt. Manche^von den Natur-<lb/> beschreibungen bedürfte nur der Feile, um — wir können nach eigner Beobachtung<lb/> das Meiste controliren — ein kleines Cabinetsstück zu werden. Auch die Schilde¬<lb/> rung des einen und des andern Erlebnisses ist hübsch. Doch muß bisweilen die<lb/> Pietät über Breiten hinweghelfen, und selbst diese Tugend vermag wenigstens bei<lb/> uns nicht ganz die Meinung zurückzudrängen, daß Einiges doch besser wegge¬<lb/> blieben wäre. Wir können vor einem Geiste, der die Wissenschaft gefördert hat, wie</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0171]
und selbständige Forschungen enthalten. Was er in ihnen vorträgt, das giebt er
anspruchslos zur flüchtigen Unterhaltung eines größeren Kreises, aber er giebt nur
Solches, was ihn selbst lebhabt interessirte, und sucht dafür eine lebendige Theil¬
nahme auch bei den Zuhörern zu wecken. Und das gelang ihm in ausgezeichneter
Weise, obwohl der Redner weder durch seine äußere Erscheinung noch durch glänzende
Action wirken konnte. Es war die innige Ueberzeugung und die tiefe Wahrhaftig¬
keit, welche die Reden so eindrucksvoll machte. Auch im feinen Spott, in der heitern
Ironie spiegelte sich dieses wahrhaftige Wesen des Mannes wieder. Diesen Zauber
der lebendigen Rede freilich kann die stumme Schrift nicht wiedergeben, aber sie
kann, wie der Herausgeber sagt, „die Erinnerung wecken und dazu beitragen, daß
die verehrte Gestalt, deren Umrisse allmälig verblassen, in dem Herzen derer, die
von ihr Anregung und Förderung empfingen, von Neuem sich belebe." Dies ist
der Hauptzweck, den der Herausgeber bei Veröffentlichung dieser Vorträge im Auge
gehabt hat, und dieser auf alle Fälle wird mit dem Buche erreicht werden. Denn
wenn auch, wie bemerkt, nicht alles, was hier dargeboten wird, an sich bedeutend
ist, für Lobecks Schüler und Verehrer wird es Werth haben, weil es ihnen den Ge¬
schiedenen wiederbringt. Aber auch im weiteren Kreise der Gebildeten können diese
Reden Theilnahme erwecken, einmal weil sie, leicht verständlich, dem der Sache
ferner Stehenden in mancherlei Gebiete des classischen Alterthums neue Einblicke ge¬
währen, dann, weil ein großer Theil der Reden dnrch Zeitereignisse veranlaßt ist und
so widerspiegelt, wie Lobeck sich zu der politischen und religiösen Strömung in der
Gegenwart stellte, und weil jeder Leser den Eindruck empfangen wird, daß hier ein edler,
hochfinniger Charakter aus der Fülle seines Herzens redet, nicht mit feierlicher Würde
und hocheinhcrstelzender Phrase, wie so mancher Professor der Beredsamkeit bei der¬
artigen Gelegenheiten, aber stets mit seinem Geist und natürlicher Anmuth und des¬
halb nie langweilig.
Tagebuch einer griechischen Reise von F. G. Welcker. 2 Bde. Berlin,
Verlag von W. Hertz. 1865.
Ein wirkliches Tagebuch nach Form und Inhalt, ganz so gelassen, wie es bei
der Wanderung von Rom nach Athen und von dort durch den Peloponnes und Nord-
griechcnland, dann nach einigen Inseln und wieder nach dem Peloponnes niederge¬
schrieben wurde. Werth für die Wissenschaft haben diese Aufzeichnungen nur wenig.
Die Reise wurde im Jahre 1842 unternommen, und nicht zu dem Zwecke, gelehrte
Forschungen anzustellen, sondern einfach, um „Anschauung zu gewinnen von dem
Boden und Himmel und Erfahrung von dem Klima des Landes, das mich so viel
und so befriedigend beschäftigt hatte, und die merkwürdigsten Ueberbleibsel aus dem
Alterthum auch mit eignen Angen zu sehen." Seitdem aber ist Griechenland wieder¬
holt von deutschen Gelehrten zu jenem Höheren Zwecke bereist und gründlich nach
den verschiedensten Richtungen und Beziehungen hin untersucht worden. Der Werth
des Buches liegt in der Person des Reisenden. Es ist ein verehrter Veteran der
Philologischen Wissenschaft, der uns hier mit seiner Liebe zum Alterthum, die ihn
auch das Kleinste von den Resten classischer Zeit beobachten läßt, mit seiner Freude
an landschaftlicher Schönheit, die ihn anmuthige oder großartige Punkte ausführlich
und mit Berücksichtigung selbst der Details in der Vegetation schildern heißt, und
überhaupt mit einem Capitel aus seiner Selbstbiographie, mit einem Stück seines
bedeutungsvollen und fruchtbaren Lebens entgegentritt. Manche^von den Natur-
beschreibungen bedürfte nur der Feile, um — wir können nach eigner Beobachtung
das Meiste controliren — ein kleines Cabinetsstück zu werden. Auch die Schilde¬
rung des einen und des andern Erlebnisses ist hübsch. Doch muß bisweilen die
Pietät über Breiten hinweghelfen, und selbst diese Tugend vermag wenigstens bei
uns nicht ganz die Meinung zurückzudrängen, daß Einiges doch besser wegge¬
blieben wäre. Wir können vor einem Geiste, der die Wissenschaft gefördert hat, wie
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