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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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ordnung, welche der Venezianer Krieg hervorgerufen, die darin noch sonst ent¬
haltenen sogenannten "Freiheiten" beschränkten sich auf Privilegien einzelner
Stände und Familien. Es war dem Kaiser auch wenig damit geholfen; denn
da die Mannschaft außer Land zu ziehen nicht verpflichtet war, sicherte daS
Aufgebot nur seinen Rücken, für den Kampf selbst benöthigte er außerdem noch
Geldbeiträge, und forderte deren alljährlich noch größere, so daß die Stände
auf dem Landtag von 1517 zu Innsbruck klagten, der Krieg mit Venedig hätte
sie schon über zwei Millionen Gulden gekostet, während sie unter Erzherzog
Sigmund nie mehr als höchstens 15.000 si. gesteuert, ihre Freiheiten ständen
in Gefahr, es nütze nichts, oftmalige und kostspielige Landtage zu halten,
wenn die kaiserlichen Postulate doch bis auf den letzten Pfennig gewährt wer-
den sollten. Gleichwohl mußten sie beim großen Landtag Von 1518. auf dem
auch die Ausschüsse der fünf Herzogthümer und der Vorlande erschienen, dem
Kaiser für seinen Hofstaat und zur Einlösung der verpfändeten Bergwerke
120,000 si. in vierjährigen Raten bewilligen, während die ganze, den sämmtlichen
Erbländer auferlegte Steuer volle 400,000 si. betrug.

Der große Kriegsaufwand hinderte den Kaiser nicht, nebenher auch auf
Feste und Jagden ungeheure Summen zu verwenden. So wird erzählt, daß
nur seine Rüstung bei dem zu Augsburg 1510 mit dem Kurfürsten Friedrich
gehaltenen Scharfrennen den Werth von 200.000 si. erreicht habe. Bei der
Doppelverlobung seiner Enkelin Marie und der ungarischen Prinzessin Anna
verbrauchte er 150,000 si., dafür konnte er oft auch nicht seine dringendsten
Bedürfnisse decken. Im Jahre 1601 mußte seine und seiner Gemahlin Zeche
bei ihrer Reise durch Sterzing und Bruneck der Bischof Melchior von Brixen
bezahlen, und die Bürger von Innsbruck wollten 1518 wegen früherer Rück¬
stände selbst seine Pferde nicht einlassen. Fast immer waren es die Fugger. die in
den Tagen der Noth gegen hohen Wucherzins Rath und Hilfe schafften. Neue
Zölle wurden errichtet, für den freien Durchzug der Waaren während deS
Venezianer Krieges namhafte Summen, z. B. 3000 Ducaten für 200 Saum¬
last, abgeheischt und den größern Häusern für ihre unentbehrliche Geldhilfe die
Mittel gestattet, ihren Handel wie ein Monopol auszunützen. Sie bestimmten
die Preise nicht nur für Gegenstände des verfeinerten Genusses, sondern auch
für die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse, die sie durch Vorlauf vertheuerten und
dem Verkehr vorenthielten. Nach Tirol hatten sich die Fugger durch die Ver¬
pfändung der Bergwerke hereingezogen, sie steigerten die Lebensmittel auf daS
Dreifache und brachten geringhaltiges Geld ins Land, das ebenfalls zur Ver-
theuerung beitrug. Der Kaiser wollte diesem Uebel zwar durch eine Münz¬
ordnung abhelfen, allein es blieb auch mit dieser beim Versuche.

Auf dem zu Innsbruck 1518 gehaltenen großen Landtage führte der Aus-
schuß über diesen Unfug laute. Klage, das "Glaitgeld" für die Kaufmannsgüter,


Gltnzboten III. 186ö. 19

ordnung, welche der Venezianer Krieg hervorgerufen, die darin noch sonst ent¬
haltenen sogenannten „Freiheiten" beschränkten sich auf Privilegien einzelner
Stände und Familien. Es war dem Kaiser auch wenig damit geholfen; denn
da die Mannschaft außer Land zu ziehen nicht verpflichtet war, sicherte daS
Aufgebot nur seinen Rücken, für den Kampf selbst benöthigte er außerdem noch
Geldbeiträge, und forderte deren alljährlich noch größere, so daß die Stände
auf dem Landtag von 1517 zu Innsbruck klagten, der Krieg mit Venedig hätte
sie schon über zwei Millionen Gulden gekostet, während sie unter Erzherzog
Sigmund nie mehr als höchstens 15.000 si. gesteuert, ihre Freiheiten ständen
in Gefahr, es nütze nichts, oftmalige und kostspielige Landtage zu halten,
wenn die kaiserlichen Postulate doch bis auf den letzten Pfennig gewährt wer-
den sollten. Gleichwohl mußten sie beim großen Landtag Von 1518. auf dem
auch die Ausschüsse der fünf Herzogthümer und der Vorlande erschienen, dem
Kaiser für seinen Hofstaat und zur Einlösung der verpfändeten Bergwerke
120,000 si. in vierjährigen Raten bewilligen, während die ganze, den sämmtlichen
Erbländer auferlegte Steuer volle 400,000 si. betrug.

Der große Kriegsaufwand hinderte den Kaiser nicht, nebenher auch auf
Feste und Jagden ungeheure Summen zu verwenden. So wird erzählt, daß
nur seine Rüstung bei dem zu Augsburg 1510 mit dem Kurfürsten Friedrich
gehaltenen Scharfrennen den Werth von 200.000 si. erreicht habe. Bei der
Doppelverlobung seiner Enkelin Marie und der ungarischen Prinzessin Anna
verbrauchte er 150,000 si., dafür konnte er oft auch nicht seine dringendsten
Bedürfnisse decken. Im Jahre 1601 mußte seine und seiner Gemahlin Zeche
bei ihrer Reise durch Sterzing und Bruneck der Bischof Melchior von Brixen
bezahlen, und die Bürger von Innsbruck wollten 1518 wegen früherer Rück¬
stände selbst seine Pferde nicht einlassen. Fast immer waren es die Fugger. die in
den Tagen der Noth gegen hohen Wucherzins Rath und Hilfe schafften. Neue
Zölle wurden errichtet, für den freien Durchzug der Waaren während deS
Venezianer Krieges namhafte Summen, z. B. 3000 Ducaten für 200 Saum¬
last, abgeheischt und den größern Häusern für ihre unentbehrliche Geldhilfe die
Mittel gestattet, ihren Handel wie ein Monopol auszunützen. Sie bestimmten
die Preise nicht nur für Gegenstände des verfeinerten Genusses, sondern auch
für die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse, die sie durch Vorlauf vertheuerten und
dem Verkehr vorenthielten. Nach Tirol hatten sich die Fugger durch die Ver¬
pfändung der Bergwerke hereingezogen, sie steigerten die Lebensmittel auf daS
Dreifache und brachten geringhaltiges Geld ins Land, das ebenfalls zur Ver-
theuerung beitrug. Der Kaiser wollte diesem Uebel zwar durch eine Münz¬
ordnung abhelfen, allein es blieb auch mit dieser beim Versuche.

Auf dem zu Innsbruck 1518 gehaltenen großen Landtage führte der Aus-
schuß über diesen Unfug laute. Klage, das „Glaitgeld" für die Kaufmannsgüter,


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[0157] ordnung, welche der Venezianer Krieg hervorgerufen, die darin noch sonst ent¬ haltenen sogenannten „Freiheiten" beschränkten sich auf Privilegien einzelner Stände und Familien. Es war dem Kaiser auch wenig damit geholfen; denn da die Mannschaft außer Land zu ziehen nicht verpflichtet war, sicherte daS Aufgebot nur seinen Rücken, für den Kampf selbst benöthigte er außerdem noch Geldbeiträge, und forderte deren alljährlich noch größere, so daß die Stände auf dem Landtag von 1517 zu Innsbruck klagten, der Krieg mit Venedig hätte sie schon über zwei Millionen Gulden gekostet, während sie unter Erzherzog Sigmund nie mehr als höchstens 15.000 si. gesteuert, ihre Freiheiten ständen in Gefahr, es nütze nichts, oftmalige und kostspielige Landtage zu halten, wenn die kaiserlichen Postulate doch bis auf den letzten Pfennig gewährt wer- den sollten. Gleichwohl mußten sie beim großen Landtag Von 1518. auf dem auch die Ausschüsse der fünf Herzogthümer und der Vorlande erschienen, dem Kaiser für seinen Hofstaat und zur Einlösung der verpfändeten Bergwerke 120,000 si. in vierjährigen Raten bewilligen, während die ganze, den sämmtlichen Erbländer auferlegte Steuer volle 400,000 si. betrug. Der große Kriegsaufwand hinderte den Kaiser nicht, nebenher auch auf Feste und Jagden ungeheure Summen zu verwenden. So wird erzählt, daß nur seine Rüstung bei dem zu Augsburg 1510 mit dem Kurfürsten Friedrich gehaltenen Scharfrennen den Werth von 200.000 si. erreicht habe. Bei der Doppelverlobung seiner Enkelin Marie und der ungarischen Prinzessin Anna verbrauchte er 150,000 si., dafür konnte er oft auch nicht seine dringendsten Bedürfnisse decken. Im Jahre 1601 mußte seine und seiner Gemahlin Zeche bei ihrer Reise durch Sterzing und Bruneck der Bischof Melchior von Brixen bezahlen, und die Bürger von Innsbruck wollten 1518 wegen früherer Rück¬ stände selbst seine Pferde nicht einlassen. Fast immer waren es die Fugger. die in den Tagen der Noth gegen hohen Wucherzins Rath und Hilfe schafften. Neue Zölle wurden errichtet, für den freien Durchzug der Waaren während deS Venezianer Krieges namhafte Summen, z. B. 3000 Ducaten für 200 Saum¬ last, abgeheischt und den größern Häusern für ihre unentbehrliche Geldhilfe die Mittel gestattet, ihren Handel wie ein Monopol auszunützen. Sie bestimmten die Preise nicht nur für Gegenstände des verfeinerten Genusses, sondern auch für die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse, die sie durch Vorlauf vertheuerten und dem Verkehr vorenthielten. Nach Tirol hatten sich die Fugger durch die Ver¬ pfändung der Bergwerke hereingezogen, sie steigerten die Lebensmittel auf daS Dreifache und brachten geringhaltiges Geld ins Land, das ebenfalls zur Ver- theuerung beitrug. Der Kaiser wollte diesem Uebel zwar durch eine Münz¬ ordnung abhelfen, allein es blieb auch mit dieser beim Versuche. Auf dem zu Innsbruck 1518 gehaltenen großen Landtage führte der Aus- schuß über diesen Unfug laute. Klage, das „Glaitgeld" für die Kaufmannsgüter, Gltnzboten III. 186ö. 19

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/157>, abgerufen am 15.01.2025.