Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.den Reichsständen scheiterte der Erfolg aller Reichstagsverhandlungen von 1495 Mit kühner Begeisterung ergriff er jeden seiner weitcuissehenden Pläne, den Reichsständen scheiterte der Erfolg aller Reichstagsverhandlungen von 1495 Mit kühner Begeisterung ergriff er jeden seiner weitcuissehenden Pläne, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283509"/> <p xml:id="ID_472" prev="#ID_471"> den Reichsständen scheiterte der Erfolg aller Reichstagsverhandlungen von 1495<lb/> bis 1518, das Schlimmste dabei war, daß Maximilian weder den Geist noch<lb/> die Kraft hatte, der Schöpfer einer neuen Zeit zu werden. Er war der Sohn<lb/> des scheidenden Mittelalters, „der letzte Ritter"; darin lag ein vorzüglicher<lb/> Grund, warum er seine Aufgabe nicht erfüllte.</p><lb/> <p xml:id="ID_473" next="#ID_474"> Mit kühner Begeisterung ergriff er jeden seiner weitcuissehenden Pläne,<lb/> warf leichtfertig dem Gegner den Handschuh hin, erlahmte aber bald und<lb/> unterließ, den Kampf fortzusetzen. Nicht blos bei der Einführung der neuen<lb/> Reichsverfassung, auch bei der Reform der Kirchenordnung und namentlich den<lb/> vielen von ihm begonnenen Kriegen wiederholte sich immer dasselbe Schau-,<lb/> spiel. Das romantisch Ritterliche, das solche Turniere in großem Stile<lb/> boten, war das Element, worin er sich heimisch fühlte. Diesem hervorragenden<lb/> Charakterzug begegnen wir auf der glänzenden Brautfahrt um die burgundische<lb/> Marie, den mißglückter Zügen gegen die Franzosen, Ungarn, Italiener und<lb/> Schweizer, im neunjährigen Kriege gegen Venedig und noch zuletzt auf dem<lb/> Reichstag zu Augsburg bei der beabsichtigten Kreuzfahrt gegen die Ungläubigen.<lb/> In allen seinen Kriegen war er der ersten Aufwallung des Muthes gefolgt,<lb/> ohne die Kräfte zu bedenken, auf die er nachhaltig rechnen durfte. Als der<lb/> gemeine Pfennig nicht eingehen wollte, beschäftigte ihn aus dem Reichstag zu<lb/> Augsburg von 1500 der Gedanke, durch eine Art von Aushebung ein stehendes<lb/> Heer zu bilden, je vierhundert Einwohner sollten einen ausgerüsteten Mann<lb/> zu Fuß stellen. wodurch er eine Macht von 30,000 Mann aufzubringen hoffte.<lb/> Es mochte ihm hierbei die Einrichtung Ludwig des Elster vorschweben, der durch<lb/> seine gsris ä'armW und sreders ä'oräonr>g.rie6den Grund zu einem stehenden Heere<lb/> legte. Die Landsknechte, mit denen er es in Brabant und Flandern versucht<lb/> hatte, waren auf die Dauer der großen Kosten halber nicht zu halten . und das<lb/> Reich wollte zu einem ständigen Institute dieser Art nicht behülflich sein. Was<lb/> mit den Reichsständen nicht gelang, dachte er in Tirol einzuleiten, wo die<lb/> Pflicht zum Zuzug in Kriegsfällen schon lange bestand, es handelte sich nur<lb/> darum, sie besser zu ordne». Den Anfang machten seine Commissarien auf<lb/> dem Landtag zu Sterzing 1502, wo sie sich von den Ständen einer Kriegshilfe<lb/> von'7815 Mann, 425 Pferden und dem zehnten Pfennig versicherten. Auf<lb/> dem späteren zu Bozen 1509 wurde bereits ein Anschlag von 5000 Mann ge¬<lb/> macht, auf die Stifte. Prälaten, den Adel, die Städte und Gerichte vertheilt<lb/> und ihre Vermehrung bis auf 20,000 Mann im Falle der Noth ausgesprochen,<lb/> schon damals aber die Stellung von 10,000 Mann zugesichert. Dies bot die<lb/> Grundlage zum tiroler Landlivell von 1511, worin jedoch, wie schon zwei Jahre<lb/> früher, die Beschränkung festgesetzt war, daß in Zukunft ohne Wissen, Willen<lb/> und Rath der Landschaft kein Krieg durch das Land begonnen werde. Diese<lb/> gerühmte rrmMa, ekarts, von Tirol war im Grunde nichts als eine Zuzugs-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
den Reichsständen scheiterte der Erfolg aller Reichstagsverhandlungen von 1495
bis 1518, das Schlimmste dabei war, daß Maximilian weder den Geist noch
die Kraft hatte, der Schöpfer einer neuen Zeit zu werden. Er war der Sohn
des scheidenden Mittelalters, „der letzte Ritter"; darin lag ein vorzüglicher
Grund, warum er seine Aufgabe nicht erfüllte.
Mit kühner Begeisterung ergriff er jeden seiner weitcuissehenden Pläne,
warf leichtfertig dem Gegner den Handschuh hin, erlahmte aber bald und
unterließ, den Kampf fortzusetzen. Nicht blos bei der Einführung der neuen
Reichsverfassung, auch bei der Reform der Kirchenordnung und namentlich den
vielen von ihm begonnenen Kriegen wiederholte sich immer dasselbe Schau-,
spiel. Das romantisch Ritterliche, das solche Turniere in großem Stile
boten, war das Element, worin er sich heimisch fühlte. Diesem hervorragenden
Charakterzug begegnen wir auf der glänzenden Brautfahrt um die burgundische
Marie, den mißglückter Zügen gegen die Franzosen, Ungarn, Italiener und
Schweizer, im neunjährigen Kriege gegen Venedig und noch zuletzt auf dem
Reichstag zu Augsburg bei der beabsichtigten Kreuzfahrt gegen die Ungläubigen.
In allen seinen Kriegen war er der ersten Aufwallung des Muthes gefolgt,
ohne die Kräfte zu bedenken, auf die er nachhaltig rechnen durfte. Als der
gemeine Pfennig nicht eingehen wollte, beschäftigte ihn aus dem Reichstag zu
Augsburg von 1500 der Gedanke, durch eine Art von Aushebung ein stehendes
Heer zu bilden, je vierhundert Einwohner sollten einen ausgerüsteten Mann
zu Fuß stellen. wodurch er eine Macht von 30,000 Mann aufzubringen hoffte.
Es mochte ihm hierbei die Einrichtung Ludwig des Elster vorschweben, der durch
seine gsris ä'armW und sreders ä'oräonr>g.rie6den Grund zu einem stehenden Heere
legte. Die Landsknechte, mit denen er es in Brabant und Flandern versucht
hatte, waren auf die Dauer der großen Kosten halber nicht zu halten . und das
Reich wollte zu einem ständigen Institute dieser Art nicht behülflich sein. Was
mit den Reichsständen nicht gelang, dachte er in Tirol einzuleiten, wo die
Pflicht zum Zuzug in Kriegsfällen schon lange bestand, es handelte sich nur
darum, sie besser zu ordne». Den Anfang machten seine Commissarien auf
dem Landtag zu Sterzing 1502, wo sie sich von den Ständen einer Kriegshilfe
von'7815 Mann, 425 Pferden und dem zehnten Pfennig versicherten. Auf
dem späteren zu Bozen 1509 wurde bereits ein Anschlag von 5000 Mann ge¬
macht, auf die Stifte. Prälaten, den Adel, die Städte und Gerichte vertheilt
und ihre Vermehrung bis auf 20,000 Mann im Falle der Noth ausgesprochen,
schon damals aber die Stellung von 10,000 Mann zugesichert. Dies bot die
Grundlage zum tiroler Landlivell von 1511, worin jedoch, wie schon zwei Jahre
früher, die Beschränkung festgesetzt war, daß in Zukunft ohne Wissen, Willen
und Rath der Landschaft kein Krieg durch das Land begonnen werde. Diese
gerühmte rrmMa, ekarts, von Tirol war im Grunde nichts als eine Zuzugs-
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