Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.Die Presse in Schleswig-Holstein. Zeitungen sind entweder Parteiorgane oder industrielle Unternehmungen, Der Grund, aus dem gerade diese letzteren hier hervorgehoben werden, Im Allgemeinen versteht sich nach dem Obigen von selbst, daß die Mehr¬ Die Presse in Schleswig-Holstein. Zeitungen sind entweder Parteiorgane oder industrielle Unternehmungen, Der Grund, aus dem gerade diese letzteren hier hervorgehoben werden, Im Allgemeinen versteht sich nach dem Obigen von selbst, daß die Mehr¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0054" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282851"/> </div> <div n="1"> <head> Die Presse in Schleswig-Holstein.</head><lb/> <p xml:id="ID_165"> Zeitungen sind entweder Parteiorgane oder industrielle Unternehmungen,<lb/> oder sie werden — den Verhältnissen nach der am häusigsten vorkommende<lb/> Fall — von gemischten Rücksichten in ihrer Haltung bestimmt und haben, ob¬<lb/> wohl auf die Existenz einer Partei oder einer politischen Stimmung hin be¬<lb/> gründet, mehr oder minder merklich zugleich das materielle Interesse des Ver¬<lb/> legers oder Besitzers im Auge. Reines Parteiorgan war die „Süddeutsche<lb/> Zeitung". Einen ähnlichen Charakter hatte die „Berliner Allgemeine Zeitung".<lb/> Ferner gehören hierher alle Regierungsblätter, wenn auch die Redacteure und<lb/> Mitarbeiter derselben oft mehr Industrielle, als Politiker sind. Als rein<lb/> industrielle Unternehmungen dagegen werden wir beispielsweise, ohne beachtens-<lb/> werthen Widerspruch fürchten zu müssen, fast die sämmtlichen großen Zeitungen<lb/> Hamburgs bezeichnen dürfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_166"> Der Grund, aus dem gerade diese letzteren hier hervorgehoben werden,<lb/> liegt darin, daß die Hamburger Presse lange Zeit hindurch die Versorgung der<lb/> nach Tagesneuigkeiten verlangenden Theile der deutschen Bevölkerung Schleswig-<lb/> Holsteins fast allein vermittelte, und daß die von dieser Presse gelieferten<lb/> journalistischen Waaren noch jetzt, da Hamburg in vielen Beziehungen die<lb/> eigentliche Hauptstadt der Herzogthümer ist, bis über die Eider hinaus zahlreiche<lb/> Abnehmer finden. So möchten einige Andeutungen über den Charakter dieser<lb/> Blätter, soweit derselbe unseren Zweck angeht, der Betrachtung des eigentlichen<lb/> Gegenstandes unseres Aufsatzes vorauszusenden sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_167" next="#ID_168"> Im Allgemeinen versteht sich nach dem Obigen von selbst, daß die Mehr¬<lb/> zahl der Hamburger Zeitungen keine stark ausgeprägte politische Meinung ver-<lb/> tritt, vielmehr, wenn wir von der allen bis auf zwei gemeinsamen liberalen<lb/> Färbung absehen, so ziemlich allen Parteien, um die sichs im Folgenden handeln<lb/> wird, gleich bereitwillig ihre Spalten öffnet. Hierher gehören zuvörderst die<lb/> „Bvrsenhalle" und die „Hamburger Nachrichten", von denen jene,<lb/> durch ihren mercantilen Theil unentbehrliches Bedürfniß der kaufmännischen<lb/> Welt im ganzen deutschen Norden, in ihrer politischen Haltung beinahe völlig<lb/> gesinnungslos ist, bald, und zwar am häusigsten, eifrig für Oestreichs Interesse<lb/> in die Schranken tritt, bald für die Ansprüche des Großherzogs von Oldenburg<lb/> Liebhaber zu werben sucht, bald wieder die Vortrefflichkeit der preußischen Erb¬<lb/> rechte in den Herzogthümern in langen Abhandlungen zu illustriren bestrebt ist.<lb/> Die „Nachrichten", die einige gute Korrespondenten haben, sind etwas kon¬<lb/> sequenter und neigten stets mehr nach preußischer Seite hin, ließen aber in der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0054]
Die Presse in Schleswig-Holstein.
Zeitungen sind entweder Parteiorgane oder industrielle Unternehmungen,
oder sie werden — den Verhältnissen nach der am häusigsten vorkommende
Fall — von gemischten Rücksichten in ihrer Haltung bestimmt und haben, ob¬
wohl auf die Existenz einer Partei oder einer politischen Stimmung hin be¬
gründet, mehr oder minder merklich zugleich das materielle Interesse des Ver¬
legers oder Besitzers im Auge. Reines Parteiorgan war die „Süddeutsche
Zeitung". Einen ähnlichen Charakter hatte die „Berliner Allgemeine Zeitung".
Ferner gehören hierher alle Regierungsblätter, wenn auch die Redacteure und
Mitarbeiter derselben oft mehr Industrielle, als Politiker sind. Als rein
industrielle Unternehmungen dagegen werden wir beispielsweise, ohne beachtens-
werthen Widerspruch fürchten zu müssen, fast die sämmtlichen großen Zeitungen
Hamburgs bezeichnen dürfen.
Der Grund, aus dem gerade diese letzteren hier hervorgehoben werden,
liegt darin, daß die Hamburger Presse lange Zeit hindurch die Versorgung der
nach Tagesneuigkeiten verlangenden Theile der deutschen Bevölkerung Schleswig-
Holsteins fast allein vermittelte, und daß die von dieser Presse gelieferten
journalistischen Waaren noch jetzt, da Hamburg in vielen Beziehungen die
eigentliche Hauptstadt der Herzogthümer ist, bis über die Eider hinaus zahlreiche
Abnehmer finden. So möchten einige Andeutungen über den Charakter dieser
Blätter, soweit derselbe unseren Zweck angeht, der Betrachtung des eigentlichen
Gegenstandes unseres Aufsatzes vorauszusenden sein.
Im Allgemeinen versteht sich nach dem Obigen von selbst, daß die Mehr¬
zahl der Hamburger Zeitungen keine stark ausgeprägte politische Meinung ver-
tritt, vielmehr, wenn wir von der allen bis auf zwei gemeinsamen liberalen
Färbung absehen, so ziemlich allen Parteien, um die sichs im Folgenden handeln
wird, gleich bereitwillig ihre Spalten öffnet. Hierher gehören zuvörderst die
„Bvrsenhalle" und die „Hamburger Nachrichten", von denen jene,
durch ihren mercantilen Theil unentbehrliches Bedürfniß der kaufmännischen
Welt im ganzen deutschen Norden, in ihrer politischen Haltung beinahe völlig
gesinnungslos ist, bald, und zwar am häusigsten, eifrig für Oestreichs Interesse
in die Schranken tritt, bald für die Ansprüche des Großherzogs von Oldenburg
Liebhaber zu werben sucht, bald wieder die Vortrefflichkeit der preußischen Erb¬
rechte in den Herzogthümern in langen Abhandlungen zu illustriren bestrebt ist.
Die „Nachrichten", die einige gute Korrespondenten haben, sind etwas kon¬
sequenter und neigten stets mehr nach preußischer Seite hin, ließen aber in der
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |