Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.qberist die königliche Ernennung (natürlich mit der Maßgabe, daß grundsätzlich eine Auch auf dem Gebiete des Gemeindewcsens, das mit der Kreisverwaltung ') Bereits am 2. Januar 1849 erging ti" betreffende Verordnung, durch die, wie der
B-rfasscr anführt, 6616 Patrimoniolgerichte aufgehoben und mit königlichen Gerichten ver¬ einigt wurden. qberist die königliche Ernennung (natürlich mit der Maßgabe, daß grundsätzlich eine Auch auf dem Gebiete des Gemeindewcsens, das mit der Kreisverwaltung ') Bereits am 2. Januar 1849 erging ti« betreffende Verordnung, durch die, wie der
B-rfasscr anführt, 6616 Patrimoniolgerichte aufgehoben und mit königlichen Gerichten ver¬ einigt wurden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0507" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283304"/> <p xml:id="ID_1610" prev="#ID_1609"> qberist die königliche Ernennung (natürlich mit der Maßgabe, daß grundsätzlich eine<lb/> der im Kreise angesessenen Notabilitäten mit dem Amte betraut werde) unbe¬<lb/> dingt nothwendig, um die Landräthe wieder ausschließlich zu dem zu machen,<lb/> was sie sein sollen, zu den Vertrauten und Leitern der allgemeinen Kreis¬<lb/> interessen, während sie gegenwärtig nothwendig die Neigung haben müssen,<lb/> sich als die berufenen Vertreter der Interessen ihrer Committenten (wenn<lb/> man den Ausdruck hier gebrauchen darf) anzusehn. Demgemäß kann eine<lb/> Regierung, die sich auf die feudale Partei stützt, sicher darauf rechnen, in<lb/> ihnen eifrige und energische Organe zu besitzen, während eine liberale Ne¬<lb/> gierung vielfach nur auf widerwilligen Gehorsam wird rechnen können.<lb/> Nun wird aber eine liberale Regierung von ihrer Befugniß, feindlich gesinnte<lb/> Landräthe zur Disposition zu stellen, ungern und nur im äußersten Falle<lb/> Gebrauch machen, in der richtigen Erwägung, daß es zu einer völligen Desorga¬<lb/> nisation der Localverwaltung und zu einer bodenlosen Depravation einer der<lb/> einflußreichsten Beamtenclasse führen würde, wenn jeder Wechsel des Negierungs-<lb/> shstems auch einen durchgreifenden Personenwechsel im Landrathsamte nach<lb/> sich ziehen sollte. Eine liberale Regierung wird sich also damit begnügen,<lb/> müssen, die Landräthe möglichst auf ihre administrative Thätigkeit zu beschränken,<lb/> sie wird aber nicht fordern, ja sie würde es nicht einmal gestatten dürfen,<lb/> daß von Seiten der Landräthe ein amtlicher Druck auf die öffentliche Meinung<lb/> in liberalem Sinne ausgeübt wird. In diesem Verhältniß — und da» wird<lb/> Wohl völlig verkannt oder wenigstens übersehen — liegt in Preußen ein unbe-<lb/> rechenbarer Vortheil für eine conservative Regierung, die sicher ist, nach jeder<lb/> Niederlage, sobald sie wieder ans Ruder glangt. gerade an der einflußreichsten<lb/> Stelle der Verwaltung eifrige Werkzeuge wieder zu finden. Eine Aenderung<lb/> kann an diesem, wie an vielen andern Punkten nur von einer liberalen Re¬<lb/> gierung durchgesetzt werden, welche Zeit hat. ein umfassendes, nach einem Plane<lb/> angelegtes Resormsystem in allen seinen Consequenzen ins Leben zu führen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1611" next="#ID_1612"> Auch auf dem Gebiete des Gemeindewcsens, das mit der Kreisverwaltung<lb/> im engsten, wesentlichsten Zusammenhange steht, hat die Reaction der fünfziger<lb/> Jahre ihren Triumph gefeiert, der mehr als alles andere dazu beigetragen hat,<lb/> den Grundadel in seiner unrichtigen und verkehrten Stellung festzuhalten: wir<lb/> meinen die theilweise Wiederherstellung der gutsherrlichen Amtsgewalt. Zwar<lb/> die Patrimonialgerichtsbarkeit ist. dank der raschen und energischen Reorgani¬<lb/> sation des Gerichtswesens") aufgehoben geblieben; die Polizeiverwaltung ist den<lb/> Rittergutsbesitzern wiedergegeben worden. Die Versuche, die in den Jahren</p><lb/> <note xml:id="FID_99" place="foot"> ') Bereits am 2. Januar 1849 erging ti« betreffende Verordnung, durch die, wie der<lb/> B-rfasscr anführt, 6616 Patrimoniolgerichte aufgehoben und mit königlichen Gerichten ver¬<lb/> einigt wurden.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0507]
qberist die königliche Ernennung (natürlich mit der Maßgabe, daß grundsätzlich eine
der im Kreise angesessenen Notabilitäten mit dem Amte betraut werde) unbe¬
dingt nothwendig, um die Landräthe wieder ausschließlich zu dem zu machen,
was sie sein sollen, zu den Vertrauten und Leitern der allgemeinen Kreis¬
interessen, während sie gegenwärtig nothwendig die Neigung haben müssen,
sich als die berufenen Vertreter der Interessen ihrer Committenten (wenn
man den Ausdruck hier gebrauchen darf) anzusehn. Demgemäß kann eine
Regierung, die sich auf die feudale Partei stützt, sicher darauf rechnen, in
ihnen eifrige und energische Organe zu besitzen, während eine liberale Ne¬
gierung vielfach nur auf widerwilligen Gehorsam wird rechnen können.
Nun wird aber eine liberale Regierung von ihrer Befugniß, feindlich gesinnte
Landräthe zur Disposition zu stellen, ungern und nur im äußersten Falle
Gebrauch machen, in der richtigen Erwägung, daß es zu einer völligen Desorga¬
nisation der Localverwaltung und zu einer bodenlosen Depravation einer der
einflußreichsten Beamtenclasse führen würde, wenn jeder Wechsel des Negierungs-
shstems auch einen durchgreifenden Personenwechsel im Landrathsamte nach
sich ziehen sollte. Eine liberale Regierung wird sich also damit begnügen,
müssen, die Landräthe möglichst auf ihre administrative Thätigkeit zu beschränken,
sie wird aber nicht fordern, ja sie würde es nicht einmal gestatten dürfen,
daß von Seiten der Landräthe ein amtlicher Druck auf die öffentliche Meinung
in liberalem Sinne ausgeübt wird. In diesem Verhältniß — und da» wird
Wohl völlig verkannt oder wenigstens übersehen — liegt in Preußen ein unbe-
rechenbarer Vortheil für eine conservative Regierung, die sicher ist, nach jeder
Niederlage, sobald sie wieder ans Ruder glangt. gerade an der einflußreichsten
Stelle der Verwaltung eifrige Werkzeuge wieder zu finden. Eine Aenderung
kann an diesem, wie an vielen andern Punkten nur von einer liberalen Re¬
gierung durchgesetzt werden, welche Zeit hat. ein umfassendes, nach einem Plane
angelegtes Resormsystem in allen seinen Consequenzen ins Leben zu führen.
Auch auf dem Gebiete des Gemeindewcsens, das mit der Kreisverwaltung
im engsten, wesentlichsten Zusammenhange steht, hat die Reaction der fünfziger
Jahre ihren Triumph gefeiert, der mehr als alles andere dazu beigetragen hat,
den Grundadel in seiner unrichtigen und verkehrten Stellung festzuhalten: wir
meinen die theilweise Wiederherstellung der gutsherrlichen Amtsgewalt. Zwar
die Patrimonialgerichtsbarkeit ist. dank der raschen und energischen Reorgani¬
sation des Gerichtswesens") aufgehoben geblieben; die Polizeiverwaltung ist den
Rittergutsbesitzern wiedergegeben worden. Die Versuche, die in den Jahren
') Bereits am 2. Januar 1849 erging ti« betreffende Verordnung, durch die, wie der
B-rfasscr anführt, 6616 Patrimoniolgerichte aufgehoben und mit königlichen Gerichten ver¬
einigt wurden.
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