Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sondern um an den leitenden Männern des Krieges und an den Heeren, mit
denen sie siegten, die Fortschritte kennen zu lernen, welche auch den letzten Er¬
folg möglich machten, und welche mehr oder minder die Zukunft Nordamerika's
bestimmen werden.

Grant wie Sherman stammen aus der regulären Armee und haben ihre
militärischen Studien auf der Akademie zu Westpoint gemacht. Beide geboren
von Hause aus den Westsiaatcn c>" und machten ihre ersten praktischen Knegscr-
fahningen in der Westarmee, am Tennessee. Mississippi u. s. w. In diesen
Staaten lag, wie wir aus früherer Betrachtung wissen, das treibende Element
des Krieges, der wirkliche Haß gegen den Süden und was die Hauptsache war,
die Ueberzeugung, daß die Abschaffung der Sklaverei nothwendig sei. Hier im
Westen enthielten die Heere des Nordens die der militärischen Dise plin zu¬
gänglichsten Elemente, die Deutschen und Jrländer. Hier bildete sich zuerst
eine militärische Macht, die der Kriegführung auf dieser Seite "ach und nach
das Uebergewicht gegen das Haupte'negsiheater im Osten gab und endlich die
Heerführer des Westens an die Spitze der Armeen des ganzen Nordens stellte. --
In den drei ersten Kriegsjahren 1861, 1862 und 1863 hatte der Osten, die Ne"-E"g-
landsstaatcn, mehr ober minder politische Führer zu Generalen gemacht und
war damit gescheitert. Das im Westen erzogene, rein soldatische Element
übernahm 1864 die Leitung im Osten und damit im Staate. In keiner
politischen Angelegenheit machte sich nach Außen die Uebernahme der
Heirsche.it durch den Westen mehr geltend als in der Negerfrage. Hatte man
un Beginn des Krieges überhaupt Scheu gehabt, sich über die Befreiung der
Neger auszusprechen, und war man langsam dazu fortgeschritten, die Farbigen
als Contrebande und schließlich als nützliches Kriegsmaterial anzusehen, so
schritt man jetzt zu ihrer vollen Emancipation. Grant erhielt den Oberbefehl
der gesammten Streitkräfte der Union. Er ist gleich Lincoln kein genialer
Staatsmann, aber ein treuer, durch und durch tüchtiger Arbeiter, der mit der
Zähigkeit seiner Race, unbeirrt von kleinen Zwischenfällen, an dem einmal ge¬
faßten Plan festhält und nicht abläßt, bis er das gestellte Ziel erreicht hat.
Sein erstes Streben ging dahin, die Armee zu reorganisiert, die Streitkräfte
^ concentriren und ihre stete Vollzähligkeit sicher zu stellen. In ersterer und
in letzter Beziehung richtete er sein Augenmerk besonders darauf, die Truppen¬
körper in sich fester zu machen. Dies erreichte er durch eine strengere Disciplin,
durch Vermehrung des stehenden Heeres, der sogenannten regulären Armee
der Vereinigten Staaten, und durch längere Dienstzeit der von den einzelnen Staaten
gestellten Truppen, der Volunteersarmee. Zur Besserung der Disciplin ent¬
fernte er nach und nach alle jene Bürgergenerale, welche es nicht verstanden
hatten Soldaten zu werden. Butter siel als einer der letzten, aber auch der
besten, erst ja der neuesten Zeit. Demnächst wurden stehende Kriegsgerichte ein-


Grcnjbvtm II. 180ö. 4S

sondern um an den leitenden Männern des Krieges und an den Heeren, mit
denen sie siegten, die Fortschritte kennen zu lernen, welche auch den letzten Er¬
folg möglich machten, und welche mehr oder minder die Zukunft Nordamerika's
bestimmen werden.

Grant wie Sherman stammen aus der regulären Armee und haben ihre
militärischen Studien auf der Akademie zu Westpoint gemacht. Beide geboren
von Hause aus den Westsiaatcn c>» und machten ihre ersten praktischen Knegscr-
fahningen in der Westarmee, am Tennessee. Mississippi u. s. w. In diesen
Staaten lag, wie wir aus früherer Betrachtung wissen, das treibende Element
des Krieges, der wirkliche Haß gegen den Süden und was die Hauptsache war,
die Ueberzeugung, daß die Abschaffung der Sklaverei nothwendig sei. Hier im
Westen enthielten die Heere des Nordens die der militärischen Dise plin zu¬
gänglichsten Elemente, die Deutschen und Jrländer. Hier bildete sich zuerst
eine militärische Macht, die der Kriegführung auf dieser Seite »ach und nach
das Uebergewicht gegen das Haupte'negsiheater im Osten gab und endlich die
Heerführer des Westens an die Spitze der Armeen des ganzen Nordens stellte. —
In den drei ersten Kriegsjahren 1861, 1862 und 1863 hatte der Osten, die Ne»-E»g-
landsstaatcn, mehr ober minder politische Führer zu Generalen gemacht und
war damit gescheitert. Das im Westen erzogene, rein soldatische Element
übernahm 1864 die Leitung im Osten und damit im Staate. In keiner
politischen Angelegenheit machte sich nach Außen die Uebernahme der
Heirsche.it durch den Westen mehr geltend als in der Negerfrage. Hatte man
un Beginn des Krieges überhaupt Scheu gehabt, sich über die Befreiung der
Neger auszusprechen, und war man langsam dazu fortgeschritten, die Farbigen
als Contrebande und schließlich als nützliches Kriegsmaterial anzusehen, so
schritt man jetzt zu ihrer vollen Emancipation. Grant erhielt den Oberbefehl
der gesammten Streitkräfte der Union. Er ist gleich Lincoln kein genialer
Staatsmann, aber ein treuer, durch und durch tüchtiger Arbeiter, der mit der
Zähigkeit seiner Race, unbeirrt von kleinen Zwischenfällen, an dem einmal ge¬
faßten Plan festhält und nicht abläßt, bis er das gestellte Ziel erreicht hat.
Sein erstes Streben ging dahin, die Armee zu reorganisiert, die Streitkräfte
^ concentriren und ihre stete Vollzähligkeit sicher zu stellen. In ersterer und
in letzter Beziehung richtete er sein Augenmerk besonders darauf, die Truppen¬
körper in sich fester zu machen. Dies erreichte er durch eine strengere Disciplin,
durch Vermehrung des stehenden Heeres, der sogenannten regulären Armee
der Vereinigten Staaten, und durch längere Dienstzeit der von den einzelnen Staaten
gestellten Truppen, der Volunteersarmee. Zur Besserung der Disciplin ent¬
fernte er nach und nach alle jene Bürgergenerale, welche es nicht verstanden
hatten Soldaten zu werden. Butter siel als einer der letzten, aber auch der
besten, erst ja der neuesten Zeit. Demnächst wurden stehende Kriegsgerichte ein-


Grcnjbvtm II. 180ö. 4S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283172"/>
          <p xml:id="ID_1215" prev="#ID_1214"> sondern um an den leitenden Männern des Krieges und an den Heeren, mit<lb/>
denen sie siegten, die Fortschritte kennen zu lernen, welche auch den letzten Er¬<lb/>
folg möglich machten, und welche mehr oder minder die Zukunft Nordamerika's<lb/>
bestimmen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1216" next="#ID_1217"> Grant wie Sherman stammen aus der regulären Armee und haben ihre<lb/>
militärischen Studien auf der Akademie zu Westpoint gemacht. Beide geboren<lb/>
von Hause aus den Westsiaatcn c&gt;» und machten ihre ersten praktischen Knegscr-<lb/>
fahningen in der Westarmee, am Tennessee. Mississippi u. s. w. In diesen<lb/>
Staaten lag, wie wir aus früherer Betrachtung wissen, das treibende Element<lb/>
des Krieges, der wirkliche Haß gegen den Süden und was die Hauptsache war,<lb/>
die Ueberzeugung, daß die Abschaffung der Sklaverei nothwendig sei. Hier im<lb/>
Westen enthielten die Heere des Nordens die der militärischen Dise plin zu¬<lb/>
gänglichsten Elemente, die Deutschen und Jrländer. Hier bildete sich zuerst<lb/>
eine militärische Macht, die der Kriegführung auf dieser Seite »ach und nach<lb/>
das Uebergewicht gegen das Haupte'negsiheater im Osten gab und endlich die<lb/>
Heerführer des Westens an die Spitze der Armeen des ganzen Nordens stellte. &#x2014;<lb/>
In den drei ersten Kriegsjahren 1861, 1862 und 1863 hatte der Osten, die Ne»-E»g-<lb/>
landsstaatcn, mehr ober minder politische Führer zu Generalen gemacht und<lb/>
war damit gescheitert. Das im Westen erzogene, rein soldatische Element<lb/>
übernahm 1864 die Leitung im Osten und damit im Staate. In keiner<lb/>
politischen Angelegenheit machte sich nach Außen die Uebernahme der<lb/>
Heirsche.it durch den Westen mehr geltend als in der Negerfrage. Hatte man<lb/>
un Beginn des Krieges überhaupt Scheu gehabt, sich über die Befreiung der<lb/>
Neger auszusprechen, und war man langsam dazu fortgeschritten, die Farbigen<lb/>
als Contrebande und schließlich als nützliches Kriegsmaterial anzusehen, so<lb/>
schritt man jetzt zu ihrer vollen Emancipation. Grant erhielt den Oberbefehl<lb/>
der gesammten Streitkräfte der Union. Er ist gleich Lincoln kein genialer<lb/>
Staatsmann, aber ein treuer, durch und durch tüchtiger Arbeiter, der mit der<lb/>
Zähigkeit seiner Race, unbeirrt von kleinen Zwischenfällen, an dem einmal ge¬<lb/>
faßten Plan festhält und nicht abläßt, bis er das gestellte Ziel erreicht hat.<lb/>
Sein erstes Streben ging dahin, die Armee zu reorganisiert, die Streitkräfte<lb/>
^ concentriren und ihre stete Vollzähligkeit sicher zu stellen. In ersterer und<lb/>
in letzter Beziehung richtete er sein Augenmerk besonders darauf, die Truppen¬<lb/>
körper in sich fester zu machen. Dies erreichte er durch eine strengere Disciplin,<lb/>
durch Vermehrung des stehenden Heeres, der sogenannten regulären Armee<lb/>
der Vereinigten Staaten, und durch längere Dienstzeit der von den einzelnen Staaten<lb/>
gestellten Truppen, der Volunteersarmee. Zur Besserung der Disciplin ent¬<lb/>
fernte er nach und nach alle jene Bürgergenerale, welche es nicht verstanden<lb/>
hatten Soldaten zu werden. Butter siel als einer der letzten, aber auch der<lb/>
besten, erst ja der neuesten Zeit. Demnächst wurden stehende Kriegsgerichte ein-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grcnjbvtm II. 180ö. 4S</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0375] sondern um an den leitenden Männern des Krieges und an den Heeren, mit denen sie siegten, die Fortschritte kennen zu lernen, welche auch den letzten Er¬ folg möglich machten, und welche mehr oder minder die Zukunft Nordamerika's bestimmen werden. Grant wie Sherman stammen aus der regulären Armee und haben ihre militärischen Studien auf der Akademie zu Westpoint gemacht. Beide geboren von Hause aus den Westsiaatcn c>» und machten ihre ersten praktischen Knegscr- fahningen in der Westarmee, am Tennessee. Mississippi u. s. w. In diesen Staaten lag, wie wir aus früherer Betrachtung wissen, das treibende Element des Krieges, der wirkliche Haß gegen den Süden und was die Hauptsache war, die Ueberzeugung, daß die Abschaffung der Sklaverei nothwendig sei. Hier im Westen enthielten die Heere des Nordens die der militärischen Dise plin zu¬ gänglichsten Elemente, die Deutschen und Jrländer. Hier bildete sich zuerst eine militärische Macht, die der Kriegführung auf dieser Seite »ach und nach das Uebergewicht gegen das Haupte'negsiheater im Osten gab und endlich die Heerführer des Westens an die Spitze der Armeen des ganzen Nordens stellte. — In den drei ersten Kriegsjahren 1861, 1862 und 1863 hatte der Osten, die Ne»-E»g- landsstaatcn, mehr ober minder politische Führer zu Generalen gemacht und war damit gescheitert. Das im Westen erzogene, rein soldatische Element übernahm 1864 die Leitung im Osten und damit im Staate. In keiner politischen Angelegenheit machte sich nach Außen die Uebernahme der Heirsche.it durch den Westen mehr geltend als in der Negerfrage. Hatte man un Beginn des Krieges überhaupt Scheu gehabt, sich über die Befreiung der Neger auszusprechen, und war man langsam dazu fortgeschritten, die Farbigen als Contrebande und schließlich als nützliches Kriegsmaterial anzusehen, so schritt man jetzt zu ihrer vollen Emancipation. Grant erhielt den Oberbefehl der gesammten Streitkräfte der Union. Er ist gleich Lincoln kein genialer Staatsmann, aber ein treuer, durch und durch tüchtiger Arbeiter, der mit der Zähigkeit seiner Race, unbeirrt von kleinen Zwischenfällen, an dem einmal ge¬ faßten Plan festhält und nicht abläßt, bis er das gestellte Ziel erreicht hat. Sein erstes Streben ging dahin, die Armee zu reorganisiert, die Streitkräfte ^ concentriren und ihre stete Vollzähligkeit sicher zu stellen. In ersterer und in letzter Beziehung richtete er sein Augenmerk besonders darauf, die Truppen¬ körper in sich fester zu machen. Dies erreichte er durch eine strengere Disciplin, durch Vermehrung des stehenden Heeres, der sogenannten regulären Armee der Vereinigten Staaten, und durch längere Dienstzeit der von den einzelnen Staaten gestellten Truppen, der Volunteersarmee. Zur Besserung der Disciplin ent¬ fernte er nach und nach alle jene Bürgergenerale, welche es nicht verstanden hatten Soldaten zu werden. Butter siel als einer der letzten, aber auch der besten, erst ja der neuesten Zeit. Demnächst wurden stehende Kriegsgerichte ein- Grcnjbvtm II. 180ö. 4S

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/375
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/375>, abgerufen am 12.12.2024.