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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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einer Deckung der Schleusten. Große Walllinien sind für die Sicherung sehr viel
weniger nöthig, als eine militärische Anlage aller zur Kanalverwaltung und
sonst von Privaten dabei ausgeführten Baulichkeiten. Sogar massive Privat¬
häuser, welche so angelegt werden, daß man sie eventuell durch Infanterie ver¬
theidigen kann, vermögen erfahrungsmäßig sehr lange gegen einen viel stärkern
Feind vertheidigt zu werden. Alle Häuser der Schleußenwächter, Einnehmer-
Baubeamten u. s. w. müssen das Terrain und den Kanal militärisch beherrschen,
durch massive Mauern umgeben, von allen Privatanbauten auf Gcwehrschußweite
fern gehalten werden u. s. w. -- Längs der Südseite des Kanals muß eine
Telegraphenleitung und eine Eisenbahn die Stationen verbinden, Dampfschiffe
müssen zur Ueberfahrt bereit sein. -- Wirkliche Garnisonen bedürfen nur die
Ausgänge des Kanals und zwar die stärkere Garnison der östliche, der dänischen
Macht zugekehrte. Wird z. B. der Kanal auf der Linie Eckernförde -- Bruns-
büttel angelegt, so erscheint Eckernförde als der gebotene Kriegshafen der Ostküste
Schleswig-Holsteins , :n welchem eine Flotille von gepanzerten Kanonenbooten
geschützt aufgestellt stehen müßte und wo eine Landbefcstigung anzulegen wäre,
um die im Kanal befindlichen Schiffe und das Eisenbahnmaterial der
Kanal- role der andern Linien aufzunehmen. Eine Besatzung von 4000 Mann,
bestehend aus 2 Ersatz- und 2 Landwehr-Bataillonen, den entsprechenden
Artilleristen und Pionnieren würde genügen, um sowohl den Kanal zu
schützen, als auch eventuelle' Unternehmungen nach Norden und den dänischen
Inseln zu machen. Brunsbüttel dagegen, das für Schiffe nur in dem leichter
SU sperrenden Elbstrom zugänglich ist, zunächst von einer sehr flachen Küste um¬
geben wird, auch auf der Landseite leicht abzuschneidenden Marschboden hat
und der Unterstützung der stets besetzten Position Altona-Hamburg näher liegt,
'se auf eine Besatzung von 1000 Mann einzurichten und hat ein Bataillon
Landwehr als Garnison zu erhalten. Den Rückhalt der Vertheidigung des Kanals
würde diej für die ganzen Herzogthümer entscheidende Position bei Altona
bilden, welche deshalb mit beiden Ausgängen des Kanals per Eisenbahn ver¬
bunden sein müßte.

Faßt man die Bedeutung zusammen, welche die Herzogthümer für Deutsch¬
land und besonders für Preußen in strategischer Beziehung haben, so geht aus
dem bisher Gesagten schon hervor, daß dieselben menschlicher Berechnung nach
kein Kriegstheater für die größern Streitkräfte Deutschlands und Preußens ab¬
geben werden, ausgenommen im Fall eines Krieges mit Frankreich oder Eng¬
land, wo der Weg eines LandungSheeres entschieden über Hamburg nach Berlin zu
suchen wäre, oder wo ein bereits in Norddeutschland eingedrungenes feindliches Heer
sich bemühen würde, Hamburg zu occupiren, um über dessen reiche Mittel, über
die Elbe und die dort mündenden Eisenbahnen zu gebieten. In diesen Fällen
würde der südliche Theil von Holstein mit in das Kriegstheater fallen.


einer Deckung der Schleusten. Große Walllinien sind für die Sicherung sehr viel
weniger nöthig, als eine militärische Anlage aller zur Kanalverwaltung und
sonst von Privaten dabei ausgeführten Baulichkeiten. Sogar massive Privat¬
häuser, welche so angelegt werden, daß man sie eventuell durch Infanterie ver¬
theidigen kann, vermögen erfahrungsmäßig sehr lange gegen einen viel stärkern
Feind vertheidigt zu werden. Alle Häuser der Schleußenwächter, Einnehmer-
Baubeamten u. s. w. müssen das Terrain und den Kanal militärisch beherrschen,
durch massive Mauern umgeben, von allen Privatanbauten auf Gcwehrschußweite
fern gehalten werden u. s. w. — Längs der Südseite des Kanals muß eine
Telegraphenleitung und eine Eisenbahn die Stationen verbinden, Dampfschiffe
müssen zur Ueberfahrt bereit sein. — Wirkliche Garnisonen bedürfen nur die
Ausgänge des Kanals und zwar die stärkere Garnison der östliche, der dänischen
Macht zugekehrte. Wird z. B. der Kanal auf der Linie Eckernförde — Bruns-
büttel angelegt, so erscheint Eckernförde als der gebotene Kriegshafen der Ostküste
Schleswig-Holsteins , :n welchem eine Flotille von gepanzerten Kanonenbooten
geschützt aufgestellt stehen müßte und wo eine Landbefcstigung anzulegen wäre,
um die im Kanal befindlichen Schiffe und das Eisenbahnmaterial der
Kanal- role der andern Linien aufzunehmen. Eine Besatzung von 4000 Mann,
bestehend aus 2 Ersatz- und 2 Landwehr-Bataillonen, den entsprechenden
Artilleristen und Pionnieren würde genügen, um sowohl den Kanal zu
schützen, als auch eventuelle' Unternehmungen nach Norden und den dänischen
Inseln zu machen. Brunsbüttel dagegen, das für Schiffe nur in dem leichter
SU sperrenden Elbstrom zugänglich ist, zunächst von einer sehr flachen Küste um¬
geben wird, auch auf der Landseite leicht abzuschneidenden Marschboden hat
und der Unterstützung der stets besetzten Position Altona-Hamburg näher liegt,
'se auf eine Besatzung von 1000 Mann einzurichten und hat ein Bataillon
Landwehr als Garnison zu erhalten. Den Rückhalt der Vertheidigung des Kanals
würde diej für die ganzen Herzogthümer entscheidende Position bei Altona
bilden, welche deshalb mit beiden Ausgängen des Kanals per Eisenbahn ver¬
bunden sein müßte.

Faßt man die Bedeutung zusammen, welche die Herzogthümer für Deutsch¬
land und besonders für Preußen in strategischer Beziehung haben, so geht aus
dem bisher Gesagten schon hervor, daß dieselben menschlicher Berechnung nach
kein Kriegstheater für die größern Streitkräfte Deutschlands und Preußens ab¬
geben werden, ausgenommen im Fall eines Krieges mit Frankreich oder Eng¬
land, wo der Weg eines LandungSheeres entschieden über Hamburg nach Berlin zu
suchen wäre, oder wo ein bereits in Norddeutschland eingedrungenes feindliches Heer
sich bemühen würde, Hamburg zu occupiren, um über dessen reiche Mittel, über
die Elbe und die dort mündenden Eisenbahnen zu gebieten. In diesen Fällen
würde der südliche Theil von Holstein mit in das Kriegstheater fallen.


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[0211] einer Deckung der Schleusten. Große Walllinien sind für die Sicherung sehr viel weniger nöthig, als eine militärische Anlage aller zur Kanalverwaltung und sonst von Privaten dabei ausgeführten Baulichkeiten. Sogar massive Privat¬ häuser, welche so angelegt werden, daß man sie eventuell durch Infanterie ver¬ theidigen kann, vermögen erfahrungsmäßig sehr lange gegen einen viel stärkern Feind vertheidigt zu werden. Alle Häuser der Schleußenwächter, Einnehmer- Baubeamten u. s. w. müssen das Terrain und den Kanal militärisch beherrschen, durch massive Mauern umgeben, von allen Privatanbauten auf Gcwehrschußweite fern gehalten werden u. s. w. — Längs der Südseite des Kanals muß eine Telegraphenleitung und eine Eisenbahn die Stationen verbinden, Dampfschiffe müssen zur Ueberfahrt bereit sein. — Wirkliche Garnisonen bedürfen nur die Ausgänge des Kanals und zwar die stärkere Garnison der östliche, der dänischen Macht zugekehrte. Wird z. B. der Kanal auf der Linie Eckernförde — Bruns- büttel angelegt, so erscheint Eckernförde als der gebotene Kriegshafen der Ostküste Schleswig-Holsteins , :n welchem eine Flotille von gepanzerten Kanonenbooten geschützt aufgestellt stehen müßte und wo eine Landbefcstigung anzulegen wäre, um die im Kanal befindlichen Schiffe und das Eisenbahnmaterial der Kanal- role der andern Linien aufzunehmen. Eine Besatzung von 4000 Mann, bestehend aus 2 Ersatz- und 2 Landwehr-Bataillonen, den entsprechenden Artilleristen und Pionnieren würde genügen, um sowohl den Kanal zu schützen, als auch eventuelle' Unternehmungen nach Norden und den dänischen Inseln zu machen. Brunsbüttel dagegen, das für Schiffe nur in dem leichter SU sperrenden Elbstrom zugänglich ist, zunächst von einer sehr flachen Küste um¬ geben wird, auch auf der Landseite leicht abzuschneidenden Marschboden hat und der Unterstützung der stets besetzten Position Altona-Hamburg näher liegt, 'se auf eine Besatzung von 1000 Mann einzurichten und hat ein Bataillon Landwehr als Garnison zu erhalten. Den Rückhalt der Vertheidigung des Kanals würde diej für die ganzen Herzogthümer entscheidende Position bei Altona bilden, welche deshalb mit beiden Ausgängen des Kanals per Eisenbahn ver¬ bunden sein müßte. Faßt man die Bedeutung zusammen, welche die Herzogthümer für Deutsch¬ land und besonders für Preußen in strategischer Beziehung haben, so geht aus dem bisher Gesagten schon hervor, daß dieselben menschlicher Berechnung nach kein Kriegstheater für die größern Streitkräfte Deutschlands und Preußens ab¬ geben werden, ausgenommen im Fall eines Krieges mit Frankreich oder Eng¬ land, wo der Weg eines LandungSheeres entschieden über Hamburg nach Berlin zu suchen wäre, oder wo ein bereits in Norddeutschland eingedrungenes feindliches Heer sich bemühen würde, Hamburg zu occupiren, um über dessen reiche Mittel, über die Elbe und die dort mündenden Eisenbahnen zu gebieten. In diesen Fällen würde der südliche Theil von Holstein mit in das Kriegstheater fallen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/211>, abgerufen am 26.06.2024.