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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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Sehr wichtig für die zu erwartende große Frequenz der Schifffahrt auf dem
Kanal ist der Umstand, daß Süßwasser zur Versorgung der Schiffe durch die
bei Neumühlen in die Bucht mündende Schwentine dargeboten wird.

Die kieler Bucht hat einen Fehler, der aber nur ein scheinbarer ist: sie
friert im Winter häufig zu. In Bezug hierauf versteht sich zunächst von selbst
und laßt sich für Ungläubige durch eine Begleichung der Tage, an denen der
jetzige Schleswig-holsteinische Kanal und der kieler Hafen mit Eis belegt war,
nachweisen, daß die Hafenmündungen mit ihrem Salzwasser stets eisfrei sein
werden, wenn es der Kanal selbst mit seinem Süßwasser ist. Das leichtere oder
schwerere Zufrieren der Mündung hat folglich aus die Benutzung des Kanales
selbst keinen Einfluß, und die Eisfreiheit jener könnte also nur insofern Werth
haben, als Schiffe später im Jahre in den Hafen ein- und früher im Jahre
aus demselben auslaufen könnten. Aber auch dieser Vortheil ist fast völlig
illusorisch. Die Schifffahrt von und nach andern Ostseehäfen ist nicht möglich,
da diese (mit Einschluß des Brackwasser-Bassins des windebyer Noers) sicher
zugefroren sind, wenn es der kieler Hafen ist. Die Schifffahrt aber von und
nach den Nordseehäfen und den ferner im Westen und Süden gelegenen war,
wie die Denkschrift nachweist, in den letzten Is Jahren siebenmal gar nicht
gehindert, in den übrigen 8 Jahren nur an 281 Tagen und zwar niemals in
den letzten, stets nur in den ersten Monaten, wo die Schifffahrt ganz unbedeutend
ist, wo also, selbst wenn das Ein- und Auslaufen völlig unmöglich wäre, dieses
Hinderniß wenig besagen würde. Eine solche Unmöglichkeit ezistirt aber nicht
einmal; denn es ist Thatsache, daß die Schiffe, welche zufällig einmal in solchen
Zeiten aus- oder einfahren wollten, sich stets mit geringen Kosten durcheisen
lassen konnten, wozu noch die fernere wohlbekannte und alljährlich zu be¬
obachtende Thatsache kommt, daß Schiffe, die vom Winter in ihrer Fahrt
überrascht wurden, es vorziehen, sich in den kieler Hafen eineisen zu lassen statt
in die eisfreie eckernförder Bucht zu gehen.

Ferner sind die Verhältnisse des kieler Busens derart, daß er die getrennte
Etavlirung der Kriegs- und Handelsmarine gestattet, und daß sich bei dem
Dorfe Wieck sehr bequem und mit verhältnißmäßig sehr geringem Kostenaufwand
ein vollständiges Etablissement für eine Kriegsmarine mit nassem Dock, Trocken¬
docks, Heiligen und Arsenälen einrichten ließe. Dann muß noch bemerkt werden,
daß das Dorf Wieck zwar an und für sich niedrig gelegen, aber in nächster
Nähe von dominirenden. wohlzubefestigenden Höhen umgeben ist. und daß auch
gegenüber die Hügel von Kitzenberg die Anlage fortificatorischer Werke gestatten,
so daß die Befestigung der östlichen Kanalmündung gegen einen Angriff von
der Landseite keine Schwierigkeiten hat. während die Batterien von Friedrichsort.
Laboe und Möltenort gegen einen Angriff zur See vollständige Sicherheit ge¬
währen. Endlich ist hervorzuheben, daß der eckernförder Meerbusen an mehren


Grenzboten II. 18KS. 13

Sehr wichtig für die zu erwartende große Frequenz der Schifffahrt auf dem
Kanal ist der Umstand, daß Süßwasser zur Versorgung der Schiffe durch die
bei Neumühlen in die Bucht mündende Schwentine dargeboten wird.

Die kieler Bucht hat einen Fehler, der aber nur ein scheinbarer ist: sie
friert im Winter häufig zu. In Bezug hierauf versteht sich zunächst von selbst
und laßt sich für Ungläubige durch eine Begleichung der Tage, an denen der
jetzige Schleswig-holsteinische Kanal und der kieler Hafen mit Eis belegt war,
nachweisen, daß die Hafenmündungen mit ihrem Salzwasser stets eisfrei sein
werden, wenn es der Kanal selbst mit seinem Süßwasser ist. Das leichtere oder
schwerere Zufrieren der Mündung hat folglich aus die Benutzung des Kanales
selbst keinen Einfluß, und die Eisfreiheit jener könnte also nur insofern Werth
haben, als Schiffe später im Jahre in den Hafen ein- und früher im Jahre
aus demselben auslaufen könnten. Aber auch dieser Vortheil ist fast völlig
illusorisch. Die Schifffahrt von und nach andern Ostseehäfen ist nicht möglich,
da diese (mit Einschluß des Brackwasser-Bassins des windebyer Noers) sicher
zugefroren sind, wenn es der kieler Hafen ist. Die Schifffahrt aber von und
nach den Nordseehäfen und den ferner im Westen und Süden gelegenen war,
wie die Denkschrift nachweist, in den letzten Is Jahren siebenmal gar nicht
gehindert, in den übrigen 8 Jahren nur an 281 Tagen und zwar niemals in
den letzten, stets nur in den ersten Monaten, wo die Schifffahrt ganz unbedeutend
ist, wo also, selbst wenn das Ein- und Auslaufen völlig unmöglich wäre, dieses
Hinderniß wenig besagen würde. Eine solche Unmöglichkeit ezistirt aber nicht
einmal; denn es ist Thatsache, daß die Schiffe, welche zufällig einmal in solchen
Zeiten aus- oder einfahren wollten, sich stets mit geringen Kosten durcheisen
lassen konnten, wozu noch die fernere wohlbekannte und alljährlich zu be¬
obachtende Thatsache kommt, daß Schiffe, die vom Winter in ihrer Fahrt
überrascht wurden, es vorziehen, sich in den kieler Hafen eineisen zu lassen statt
in die eisfreie eckernförder Bucht zu gehen.

Ferner sind die Verhältnisse des kieler Busens derart, daß er die getrennte
Etavlirung der Kriegs- und Handelsmarine gestattet, und daß sich bei dem
Dorfe Wieck sehr bequem und mit verhältnißmäßig sehr geringem Kostenaufwand
ein vollständiges Etablissement für eine Kriegsmarine mit nassem Dock, Trocken¬
docks, Heiligen und Arsenälen einrichten ließe. Dann muß noch bemerkt werden,
daß das Dorf Wieck zwar an und für sich niedrig gelegen, aber in nächster
Nähe von dominirenden. wohlzubefestigenden Höhen umgeben ist. und daß auch
gegenüber die Hügel von Kitzenberg die Anlage fortificatorischer Werke gestatten,
so daß die Befestigung der östlichen Kanalmündung gegen einen Angriff von
der Landseite keine Schwierigkeiten hat. während die Batterien von Friedrichsort.
Laboe und Möltenort gegen einen Angriff zur See vollständige Sicherheit ge¬
währen. Endlich ist hervorzuheben, daß der eckernförder Meerbusen an mehren


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[0107] Sehr wichtig für die zu erwartende große Frequenz der Schifffahrt auf dem Kanal ist der Umstand, daß Süßwasser zur Versorgung der Schiffe durch die bei Neumühlen in die Bucht mündende Schwentine dargeboten wird. Die kieler Bucht hat einen Fehler, der aber nur ein scheinbarer ist: sie friert im Winter häufig zu. In Bezug hierauf versteht sich zunächst von selbst und laßt sich für Ungläubige durch eine Begleichung der Tage, an denen der jetzige Schleswig-holsteinische Kanal und der kieler Hafen mit Eis belegt war, nachweisen, daß die Hafenmündungen mit ihrem Salzwasser stets eisfrei sein werden, wenn es der Kanal selbst mit seinem Süßwasser ist. Das leichtere oder schwerere Zufrieren der Mündung hat folglich aus die Benutzung des Kanales selbst keinen Einfluß, und die Eisfreiheit jener könnte also nur insofern Werth haben, als Schiffe später im Jahre in den Hafen ein- und früher im Jahre aus demselben auslaufen könnten. Aber auch dieser Vortheil ist fast völlig illusorisch. Die Schifffahrt von und nach andern Ostseehäfen ist nicht möglich, da diese (mit Einschluß des Brackwasser-Bassins des windebyer Noers) sicher zugefroren sind, wenn es der kieler Hafen ist. Die Schifffahrt aber von und nach den Nordseehäfen und den ferner im Westen und Süden gelegenen war, wie die Denkschrift nachweist, in den letzten Is Jahren siebenmal gar nicht gehindert, in den übrigen 8 Jahren nur an 281 Tagen und zwar niemals in den letzten, stets nur in den ersten Monaten, wo die Schifffahrt ganz unbedeutend ist, wo also, selbst wenn das Ein- und Auslaufen völlig unmöglich wäre, dieses Hinderniß wenig besagen würde. Eine solche Unmöglichkeit ezistirt aber nicht einmal; denn es ist Thatsache, daß die Schiffe, welche zufällig einmal in solchen Zeiten aus- oder einfahren wollten, sich stets mit geringen Kosten durcheisen lassen konnten, wozu noch die fernere wohlbekannte und alljährlich zu be¬ obachtende Thatsache kommt, daß Schiffe, die vom Winter in ihrer Fahrt überrascht wurden, es vorziehen, sich in den kieler Hafen eineisen zu lassen statt in die eisfreie eckernförder Bucht zu gehen. Ferner sind die Verhältnisse des kieler Busens derart, daß er die getrennte Etavlirung der Kriegs- und Handelsmarine gestattet, und daß sich bei dem Dorfe Wieck sehr bequem und mit verhältnißmäßig sehr geringem Kostenaufwand ein vollständiges Etablissement für eine Kriegsmarine mit nassem Dock, Trocken¬ docks, Heiligen und Arsenälen einrichten ließe. Dann muß noch bemerkt werden, daß das Dorf Wieck zwar an und für sich niedrig gelegen, aber in nächster Nähe von dominirenden. wohlzubefestigenden Höhen umgeben ist. und daß auch gegenüber die Hügel von Kitzenberg die Anlage fortificatorischer Werke gestatten, so daß die Befestigung der östlichen Kanalmündung gegen einen Angriff von der Landseite keine Schwierigkeiten hat. während die Batterien von Friedrichsort. Laboe und Möltenort gegen einen Angriff zur See vollständige Sicherheit ge¬ währen. Endlich ist hervorzuheben, daß der eckernförder Meerbusen an mehren Grenzboten II. 18KS. 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/107>, abgerufen am 26.06.2024.