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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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mens (blieben sie doch immer nur Produkte des "königlichen Instituts" als solchen)
den eigentlichen Autor lohnte und ermunterte, so geben sie ihm doch Gelegenheit,
die Fülle und Leichtigkeit seiner Phantasie dabei zu bethätigen. Der, allgemeine
Beifall, den seine ersten in Berlin gemalten Oelbilder fanden, überhob ihn
indeß bald der Nöthigung zu jener Art von Thätigkeit. Dem "Pausias" folgte ein
zweites "Blumenmädchen, bei seinen Körben eingeschlafen". (Hier wie dort hatte
Kloebers Freund, der bekannte Blumenmaler Völker die Ausführung des betreffen¬
den Theils der Ausgabe übernommen) und 1834 "Bachus, seinen Panther
kränkend".

Wenige moderne Bilder antiken Stoffs sind unter uns so populär gewor¬
den, als diese köstliche Komposition in ihrer spielenden Einfachheit und entzückenden
Anmuth. Die Vereinigung unbefangener unstilisirter Natur mit einer Rein"
seit und Vollendung der Form, welche nur der feinste und ausgebildetste pla¬
stische Sinn eingeben konnte, verführte damals manchen berliner kritisirenden
Kunstgenossen zu der wenig wohlwollenden Behauptung, der "alte Schadow",
der Kloeber sehr begünstigte, habe ihm die ganze Gruppe in ihren drei
Götter- und zwei Thiergestalten gezeichnet, und er habe nichts gethan, als sie
"auszumalen". Und diese Entstehungsmythe hat sich trotz ihres Unsinns lange
genug erhalten; in den vierziger Jahren fand ich sie hier noch viel wiederholt
und verbreitet. Die auf dies Bild folgende "Sakontala", die ich nur aus den
damals vom Kunstverein herausgegebnen Umrißvlättern nach den von ihm an¬
gekauften Bildern kenne -- freilich eine für kloebersche Gemälde schlechterdings un¬
genügende Neproductivnsweise -- steht bei vieler Lieblichkeit des Ausdrucks
der fremdartigen Mädchengestalten wohl nicht auf gleicher Höhe mit dem vorher¬
genannten. Die indische "Breithüftigkeit", welche der Dichter so nachdrücklich
bei seiner holden Heldin betont , hat vom Maler noch reichlicher entwickelt der
Lieblichkeit dieser Gangestöchter doch einigen Eintrag gethan.

Er war geneigt, sich in jeder Art malerischer Technik zu versuchen und
sich ihrer Handhabung Meister zu machen -- wie er denn später auf Lava, in
Wcichsfarben, in- Fresko u. s. w. mit bestem Erfolg experimentirt hat. und wir
finden ihn in jenen Jahren vielfach an Federzeichnungen auf Stein thätig. Diese
gegenwärtig durch den so selten die künstlerische Originalzeichnung treu bewah¬
renden Holzschnitt nur zu sehr verdrängte, schöne und ausgiebige Manier, in
weicher Menzel, der damals zwanzigjährige, seine erstaunlichsten, noch von keinem
der Lebenden erreichten Kompositionen jedes Genres ausführte, das "Vaterunser",
"die fünf Sinne", die "Meister und Schützenbriefe" und zahllose verwandte
Schöpfungen, wurde von Kloebcr in einer sehr abweichenden, aber in ihrer
Eigenthümlichkeit höchst geistreichen und vorzüglich malerisch wirksamen Weise
behandelt; in breiten Strichlagen, tief und geschlossen gehaltenen Schattenmassen,


mens (blieben sie doch immer nur Produkte des „königlichen Instituts" als solchen)
den eigentlichen Autor lohnte und ermunterte, so geben sie ihm doch Gelegenheit,
die Fülle und Leichtigkeit seiner Phantasie dabei zu bethätigen. Der, allgemeine
Beifall, den seine ersten in Berlin gemalten Oelbilder fanden, überhob ihn
indeß bald der Nöthigung zu jener Art von Thätigkeit. Dem „Pausias" folgte ein
zweites „Blumenmädchen, bei seinen Körben eingeschlafen". (Hier wie dort hatte
Kloebers Freund, der bekannte Blumenmaler Völker die Ausführung des betreffen¬
den Theils der Ausgabe übernommen) und 1834 „Bachus, seinen Panther
kränkend".

Wenige moderne Bilder antiken Stoffs sind unter uns so populär gewor¬
den, als diese köstliche Komposition in ihrer spielenden Einfachheit und entzückenden
Anmuth. Die Vereinigung unbefangener unstilisirter Natur mit einer Rein«
seit und Vollendung der Form, welche nur der feinste und ausgebildetste pla¬
stische Sinn eingeben konnte, verführte damals manchen berliner kritisirenden
Kunstgenossen zu der wenig wohlwollenden Behauptung, der „alte Schadow",
der Kloeber sehr begünstigte, habe ihm die ganze Gruppe in ihren drei
Götter- und zwei Thiergestalten gezeichnet, und er habe nichts gethan, als sie
„auszumalen". Und diese Entstehungsmythe hat sich trotz ihres Unsinns lange
genug erhalten; in den vierziger Jahren fand ich sie hier noch viel wiederholt
und verbreitet. Die auf dies Bild folgende „Sakontala", die ich nur aus den
damals vom Kunstverein herausgegebnen Umrißvlättern nach den von ihm an¬
gekauften Bildern kenne — freilich eine für kloebersche Gemälde schlechterdings un¬
genügende Neproductivnsweise — steht bei vieler Lieblichkeit des Ausdrucks
der fremdartigen Mädchengestalten wohl nicht auf gleicher Höhe mit dem vorher¬
genannten. Die indische „Breithüftigkeit", welche der Dichter so nachdrücklich
bei seiner holden Heldin betont , hat vom Maler noch reichlicher entwickelt der
Lieblichkeit dieser Gangestöchter doch einigen Eintrag gethan.

Er war geneigt, sich in jeder Art malerischer Technik zu versuchen und
sich ihrer Handhabung Meister zu machen — wie er denn später auf Lava, in
Wcichsfarben, in- Fresko u. s. w. mit bestem Erfolg experimentirt hat. und wir
finden ihn in jenen Jahren vielfach an Federzeichnungen auf Stein thätig. Diese
gegenwärtig durch den so selten die künstlerische Originalzeichnung treu bewah¬
renden Holzschnitt nur zu sehr verdrängte, schöne und ausgiebige Manier, in
weicher Menzel, der damals zwanzigjährige, seine erstaunlichsten, noch von keinem
der Lebenden erreichten Kompositionen jedes Genres ausführte, das „Vaterunser",
„die fünf Sinne", die „Meister und Schützenbriefe" und zahllose verwandte
Schöpfungen, wurde von Kloebcr in einer sehr abweichenden, aber in ihrer
Eigenthümlichkeit höchst geistreichen und vorzüglich malerisch wirksamen Weise
behandelt; in breiten Strichlagen, tief und geschlossen gehaltenen Schattenmassen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/546>, abgerufen am 23.07.2024.