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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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fessor der klassischen Literatur, Gymnasiallehrer Busch, der aber seit längerer
Zeit wegen Kränklichkeit nicht mehr wirksam ist, ein als Privatdocent habilitir-
ter Lehrer der französischen Sprache und zwei Privatdocenten Namens Cos en
und John, jener im Fache der Thierheilkunde, dieser in dem der Landwirth¬
schaft, welche beide als tüchtig und strebsam gerühmt werden. Der Lehrer der
Musik, Dr. Ferdinand v. Roda, der als Komponist geistlicher Musik sich eines
guten Rufes erfreut, ist auch zum Halten von Vorlesungen über Theorie und
Geschichte der Musik berechtigt. Sonst besitzt die Universität keine Lehrer der
Sprachen und Künste, nicht einmal einen Fechtlehrer, über welche Lücke der
Lectionskatalog, auf die außerhalb des Kreises der Universität in Rostock für
diese Fächer vorhandenen Kräfte hinweisend, mit einem zarten "non äeücit
oeeasio" u. s. w. hinwegzugehen pflegt.

Die Zahl der promovirten Doctoren der Philosophie belief sich während
der beiden letzten Jahre durchschnittlich auf 33. meistens Auswärtige, welche
nur eine Dissertation einzureichen haben, (!!!) und unter ihnen eine Anzahl Portu¬
giesen und Engländer. Unter zwei im Jahre 1863 vorgenommenen Ehren¬
promotionen befand sich die des berühmten mecklenburgischen Dichters Fritz
Reuter.

Die Besoldungen der gesammten Professoren erfordern ungefähr 29,000 Thlr.,
welche sich auf die einzelnen Facultäten in runden Summen wie folgt ver¬
theilen: theologische Facultät 6000 Thlr., juristische 8000 Thlr., medicinische
S000 Thir.. philosophische 11,000 Thlr. --

Eine statutenmäßige Verpflichtung zur Veröffentlichung von Druckschriften
liegt von den Lehrern nur dem Professor der Beredsamkeit und dem Rector
ob. Der erstere hat jedesmal den Inclex Isetionum mit einem gelehrten Proö-
mium zu versehen. Der Rector hat, statt der früheren drei Festprogramme
am Schlüsse des Rectoratsjcchres ein "die Wissenschaft bereicherndes" Programm
in lateinischer oder deutscher Sprache zu schreiben, wovon sich jedoch in der
neueren Zeit mehre Rectoren glaubten dispensiren zu dürfen. Ebenso ist auch
die Vorschrift der Univerfltätsstatuten, daß der sein Amt antretende Professor
ein Programm veröffentliche, häufig (z. B. schon von Hofmann, Kierulff, Wun¬
derlich, Thöl und später fast regelmäßig) unbefolgt geblieben. Erst Winckel
hat damit wieder einen Anfang gemacht.

Einmal im Jahre, am Geburtstage des Großherzogs, tritt die Universität
mit einer Feier an die Oeffentlichkeit, deren Mittelpunkt eine Rede des Rectors
und deren Schluß die Vertheilung der Preise für die eingegangenen Beantwor¬
tungen der Preisfragen bildet. Nachdem lange Zeit der äußere Pomp dabei
nur durch zwei glänzende Scepter vertreten war, die dem Rector bei dem unter
den rauschenden Klängen der Musik erfolgenden Einmarsch des akademischen
Corpus in den Festsaal vorangetragen werden, wurde derselbe im Jahre 18S7


Grenzboten I. 186S. 64

fessor der klassischen Literatur, Gymnasiallehrer Busch, der aber seit längerer
Zeit wegen Kränklichkeit nicht mehr wirksam ist, ein als Privatdocent habilitir-
ter Lehrer der französischen Sprache und zwei Privatdocenten Namens Cos en
und John, jener im Fache der Thierheilkunde, dieser in dem der Landwirth¬
schaft, welche beide als tüchtig und strebsam gerühmt werden. Der Lehrer der
Musik, Dr. Ferdinand v. Roda, der als Komponist geistlicher Musik sich eines
guten Rufes erfreut, ist auch zum Halten von Vorlesungen über Theorie und
Geschichte der Musik berechtigt. Sonst besitzt die Universität keine Lehrer der
Sprachen und Künste, nicht einmal einen Fechtlehrer, über welche Lücke der
Lectionskatalog, auf die außerhalb des Kreises der Universität in Rostock für
diese Fächer vorhandenen Kräfte hinweisend, mit einem zarten „non äeücit
oeeasio" u. s. w. hinwegzugehen pflegt.

Die Zahl der promovirten Doctoren der Philosophie belief sich während
der beiden letzten Jahre durchschnittlich auf 33. meistens Auswärtige, welche
nur eine Dissertation einzureichen haben, (!!!) und unter ihnen eine Anzahl Portu¬
giesen und Engländer. Unter zwei im Jahre 1863 vorgenommenen Ehren¬
promotionen befand sich die des berühmten mecklenburgischen Dichters Fritz
Reuter.

Die Besoldungen der gesammten Professoren erfordern ungefähr 29,000 Thlr.,
welche sich auf die einzelnen Facultäten in runden Summen wie folgt ver¬
theilen: theologische Facultät 6000 Thlr., juristische 8000 Thlr., medicinische
S000 Thir.. philosophische 11,000 Thlr. —

Eine statutenmäßige Verpflichtung zur Veröffentlichung von Druckschriften
liegt von den Lehrern nur dem Professor der Beredsamkeit und dem Rector
ob. Der erstere hat jedesmal den Inclex Isetionum mit einem gelehrten Proö-
mium zu versehen. Der Rector hat, statt der früheren drei Festprogramme
am Schlüsse des Rectoratsjcchres ein „die Wissenschaft bereicherndes" Programm
in lateinischer oder deutscher Sprache zu schreiben, wovon sich jedoch in der
neueren Zeit mehre Rectoren glaubten dispensiren zu dürfen. Ebenso ist auch
die Vorschrift der Univerfltätsstatuten, daß der sein Amt antretende Professor
ein Programm veröffentliche, häufig (z. B. schon von Hofmann, Kierulff, Wun¬
derlich, Thöl und später fast regelmäßig) unbefolgt geblieben. Erst Winckel
hat damit wieder einen Anfang gemacht.

Einmal im Jahre, am Geburtstage des Großherzogs, tritt die Universität
mit einer Feier an die Oeffentlichkeit, deren Mittelpunkt eine Rede des Rectors
und deren Schluß die Vertheilung der Preise für die eingegangenen Beantwor¬
tungen der Preisfragen bildet. Nachdem lange Zeit der äußere Pomp dabei
nur durch zwei glänzende Scepter vertreten war, die dem Rector bei dem unter
den rauschenden Klängen der Musik erfolgenden Einmarsch des akademischen
Corpus in den Festsaal vorangetragen werden, wurde derselbe im Jahre 18S7


Grenzboten I. 186S. 64
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[0535] fessor der klassischen Literatur, Gymnasiallehrer Busch, der aber seit längerer Zeit wegen Kränklichkeit nicht mehr wirksam ist, ein als Privatdocent habilitir- ter Lehrer der französischen Sprache und zwei Privatdocenten Namens Cos en und John, jener im Fache der Thierheilkunde, dieser in dem der Landwirth¬ schaft, welche beide als tüchtig und strebsam gerühmt werden. Der Lehrer der Musik, Dr. Ferdinand v. Roda, der als Komponist geistlicher Musik sich eines guten Rufes erfreut, ist auch zum Halten von Vorlesungen über Theorie und Geschichte der Musik berechtigt. Sonst besitzt die Universität keine Lehrer der Sprachen und Künste, nicht einmal einen Fechtlehrer, über welche Lücke der Lectionskatalog, auf die außerhalb des Kreises der Universität in Rostock für diese Fächer vorhandenen Kräfte hinweisend, mit einem zarten „non äeücit oeeasio" u. s. w. hinwegzugehen pflegt. Die Zahl der promovirten Doctoren der Philosophie belief sich während der beiden letzten Jahre durchschnittlich auf 33. meistens Auswärtige, welche nur eine Dissertation einzureichen haben, (!!!) und unter ihnen eine Anzahl Portu¬ giesen und Engländer. Unter zwei im Jahre 1863 vorgenommenen Ehren¬ promotionen befand sich die des berühmten mecklenburgischen Dichters Fritz Reuter. Die Besoldungen der gesammten Professoren erfordern ungefähr 29,000 Thlr., welche sich auf die einzelnen Facultäten in runden Summen wie folgt ver¬ theilen: theologische Facultät 6000 Thlr., juristische 8000 Thlr., medicinische S000 Thir.. philosophische 11,000 Thlr. — Eine statutenmäßige Verpflichtung zur Veröffentlichung von Druckschriften liegt von den Lehrern nur dem Professor der Beredsamkeit und dem Rector ob. Der erstere hat jedesmal den Inclex Isetionum mit einem gelehrten Proö- mium zu versehen. Der Rector hat, statt der früheren drei Festprogramme am Schlüsse des Rectoratsjcchres ein „die Wissenschaft bereicherndes" Programm in lateinischer oder deutscher Sprache zu schreiben, wovon sich jedoch in der neueren Zeit mehre Rectoren glaubten dispensiren zu dürfen. Ebenso ist auch die Vorschrift der Univerfltätsstatuten, daß der sein Amt antretende Professor ein Programm veröffentliche, häufig (z. B. schon von Hofmann, Kierulff, Wun¬ derlich, Thöl und später fast regelmäßig) unbefolgt geblieben. Erst Winckel hat damit wieder einen Anfang gemacht. Einmal im Jahre, am Geburtstage des Großherzogs, tritt die Universität mit einer Feier an die Oeffentlichkeit, deren Mittelpunkt eine Rede des Rectors und deren Schluß die Vertheilung der Preise für die eingegangenen Beantwor¬ tungen der Preisfragen bildet. Nachdem lange Zeit der äußere Pomp dabei nur durch zwei glänzende Scepter vertreten war, die dem Rector bei dem unter den rauschenden Klängen der Musik erfolgenden Einmarsch des akademischen Corpus in den Festsaal vorangetragen werden, wurde derselbe im Jahre 18S7 Grenzboten I. 186S. 64

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/535>, abgerufen am 23.07.2024.