Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.die Leute betrunken, reichte betäubende Getränke und dergleichen mehr. Etliche In einem Ausschreiben des schwäbischen Kreises, dem Werbeunfug zu flen- Es wird weiter gesagt, daß, wenn solches so fortginge, das Land bald Grenzboten I. 18ö5. 60
die Leute betrunken, reichte betäubende Getränke und dergleichen mehr. Etliche In einem Ausschreiben des schwäbischen Kreises, dem Werbeunfug zu flen- Es wird weiter gesagt, daß, wenn solches so fortginge, das Land bald Grenzboten I. 18ö5. 60
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0501" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282742"/> <p xml:id="ID_1357" prev="#ID_1356"> die Leute betrunken, reichte betäubende Getränke und dergleichen mehr. Etliche<lb/> Berückungsmittel hatten geradezu Sanction erhalten; wer z. B. den Hut eines<lb/> Werders aufgesetzt, mit ihm getrunken oder gar Geld von ihm angenommen<lb/> hatte, war ihm verfallen. Ein gewöhnliches Mittel war das, die Ausersehenen<lb/> auf irgendeine Weise über die Grenze zu locken, meist indem man ihnen vorspie¬<lb/> gelte, sie in einen bürgerlichen Dienst zu nehmen, wobei dann allerlei gute<lb/> Versorgung vorgelogen wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1358"> In einem Ausschreiben des schwäbischen Kreises, dem Werbeunfug zu flen-<lb/> n'n, heißt es unter anderem: „Nachdem Fürsten und Stände dieses löblichen<lb/> Kreises verschiedene Jahre her wahrgenommen, welcher Gestalt hier und da<lb/> durch einfindende fremde Werber viele und mannigfache Excesse verübt worden,<lb/> indem sie nicht allein junge Mannschaft, sondern auch Hausgesessene, verheirathete<lb/> und mit vielen Kindern versehene Unterthanen durch allerhand unerlaubte<lb/> Praktiken, arglistige Hintergehungen, auch zuweilen gebrauchte Gewalt wegzu¬<lb/> schnappen, sich vermessentlich unterfangen haben, auch daß sie die Leute mit<lb/> diesen oder jenen Motiven zu verführen trachten und die mit herum, führenden<lb/> neuen Hüte, um zu sehen, wie sie ihnen anstünden, aufsetzen hießen, dieselben<lb/> mit andern Soldaten Branntwein zu trinken, oder auf des Offiziers Gesundheit<lb/> Bescheid zu thun überreden, auch manchmal beim Trunk ihnen heimlicher Weise<lb/> Geld in die Tasche schieben und als wenn sie solches zu Kriegsdiensten genom¬<lb/> men prätendirten, wo sich aber jemand widersetzen wollte, diesen mit Prügeln<lb/> so lange hart tractirten, bis er sich entweder enrolliren zu lassen erklärte,<lb/> oder von ihnen mit einer constderabeln und solchen Leuten schwerfallenden<lb/> Summe Geldes loskaufte, ja es auch so weit käme, daß auch die Leute in<lb/> den Gärten, auf den Feldern und in den Wäldern nicht sicher wären und<lb/> durch die Werber verschwänden, so soll dieses hinführo nicht mehr geduldet<lb/> werden."</p><lb/> <p xml:id="ID_1359"> Es wird weiter gesagt, daß, wenn solches so fortginge, das Land bald<lb/> ganzUch von junger Mannschaft entblößt sein und demnach die Felder un¬<lb/> bebaut und verödet liegen bleiben würden, daneben auch alles Handwerks- und<lb/> übriges Gesinde, wie es sich schon wirklich zeige, gänzlich abgetrieben, ja selbst<lb/> von der Kreismiliz viele verführt würden, sodaß die Offiziers ihre Noth hätten,<lb/> bei dem großen Mangel an Mannschaft ihre Regimenter zu completiren. Gleich-<lb/> üeitig wird aber auch gerügt, daß Offiziere der Kreiscontingente unter dem Ver¬<lb/> wände eigener Anwerbung die Angeworbenen nicht zu dem Zwecke bei ihren<lb/> Abtheilungen behalten, sondern gegen einen Profit auswärtigen Werbern über¬<lb/> lassen hätten. —</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 18ö5. 60</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0501]
die Leute betrunken, reichte betäubende Getränke und dergleichen mehr. Etliche
Berückungsmittel hatten geradezu Sanction erhalten; wer z. B. den Hut eines
Werders aufgesetzt, mit ihm getrunken oder gar Geld von ihm angenommen
hatte, war ihm verfallen. Ein gewöhnliches Mittel war das, die Ausersehenen
auf irgendeine Weise über die Grenze zu locken, meist indem man ihnen vorspie¬
gelte, sie in einen bürgerlichen Dienst zu nehmen, wobei dann allerlei gute
Versorgung vorgelogen wurde.
In einem Ausschreiben des schwäbischen Kreises, dem Werbeunfug zu flen-
n'n, heißt es unter anderem: „Nachdem Fürsten und Stände dieses löblichen
Kreises verschiedene Jahre her wahrgenommen, welcher Gestalt hier und da
durch einfindende fremde Werber viele und mannigfache Excesse verübt worden,
indem sie nicht allein junge Mannschaft, sondern auch Hausgesessene, verheirathete
und mit vielen Kindern versehene Unterthanen durch allerhand unerlaubte
Praktiken, arglistige Hintergehungen, auch zuweilen gebrauchte Gewalt wegzu¬
schnappen, sich vermessentlich unterfangen haben, auch daß sie die Leute mit
diesen oder jenen Motiven zu verführen trachten und die mit herum, führenden
neuen Hüte, um zu sehen, wie sie ihnen anstünden, aufsetzen hießen, dieselben
mit andern Soldaten Branntwein zu trinken, oder auf des Offiziers Gesundheit
Bescheid zu thun überreden, auch manchmal beim Trunk ihnen heimlicher Weise
Geld in die Tasche schieben und als wenn sie solches zu Kriegsdiensten genom¬
men prätendirten, wo sich aber jemand widersetzen wollte, diesen mit Prügeln
so lange hart tractirten, bis er sich entweder enrolliren zu lassen erklärte,
oder von ihnen mit einer constderabeln und solchen Leuten schwerfallenden
Summe Geldes loskaufte, ja es auch so weit käme, daß auch die Leute in
den Gärten, auf den Feldern und in den Wäldern nicht sicher wären und
durch die Werber verschwänden, so soll dieses hinführo nicht mehr geduldet
werden."
Es wird weiter gesagt, daß, wenn solches so fortginge, das Land bald
ganzUch von junger Mannschaft entblößt sein und demnach die Felder un¬
bebaut und verödet liegen bleiben würden, daneben auch alles Handwerks- und
übriges Gesinde, wie es sich schon wirklich zeige, gänzlich abgetrieben, ja selbst
von der Kreismiliz viele verführt würden, sodaß die Offiziers ihre Noth hätten,
bei dem großen Mangel an Mannschaft ihre Regimenter zu completiren. Gleich-
üeitig wird aber auch gerügt, daß Offiziere der Kreiscontingente unter dem Ver¬
wände eigener Anwerbung die Angeworbenen nicht zu dem Zwecke bei ihren
Abtheilungen behalten, sondern gegen einen Profit auswärtigen Werbern über¬
lassen hätten. —
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