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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Jurist und läßt nirgend den Politiker hervortreten. Wir können diese Zurück¬
haltung in einem Rechtsbuch, welches mit der Bearbeitung eines so wider¬
spenstigen Rechtsstoffes zu thun hat, nicht hoch genug anschlagen, obwohl wir
im Allgemeinen der Ansicht sind, daß für ein politisches Rechtsgebiet auch die
Principielle politische Auslegung Platz greifen müsse. Nur die besondere Be¬
schaffenheit unserer von entgegengesetzten Principien durchzogenen Rechtszustände
macht für den juristischen Darsteller eine Ausnahme rathsam, und die Noth¬
wendigkeit dieser Ausnahme erkannt und die aus ihr folgende Methode mit
sicherem Takt gehandhabt zu haben, ist ein anerkennenswerthes Verdienst der
vorliegenden Schrift.

Wenn es überhaupt erlaubt ist, in einem so zurückhaltender Buch, welches
kaum den politischen Standpunkt des Verfassers durchblicken läßt, zwischen den
Zeilen zu lesen, so möchten wir den Schluß ziehen, daß Herr v. Möller
dieses Werk nur als eine Vorarbeit zur Behandlung des allgemeinen preu¬
ßischen Staatsrechts und besonders des Verwaltungsrechts betrachte, und
daß er den Gang des natürlichen Ausbaues des öffentlichen Rechts, durch wel¬
chen gegenwärtig vor allen Dingen ein Fundament in der Gemeindeverfassung
geschaffen werden muß, auch in der Aufeinanderfolge seiner literarischen Pro-
ductionen nachahmen wolle. Wenn diese Vermuthung richtig ist, so würden
Wir urrs nach einer Ergänzung des Stadtrechts durch die Bearbeitung des Rechts
der übrigen Gemeinden und der noch leider immer nicht politisch gleichgiltig ge¬
wordenen Gutsherrschaften vielleicht aus eine in demselben Geiste und mit der¬
selben Objectivität unternommene Darstellung des allgemeinen preußischen Staats¬
rechts Hoffnung machen dürfen^). Besondere Hervorhebung verdient in dem
vorliegenden Buche die Darstellungsweise. Während man in manchen ähnlichen



') Für diesen Fall möchten wir uns eine Erinnerung erlauben, die vielleicht mehr an
Verleger als an den Verfasser gerichtet werde" sollte. Die vorliegende Schrift ist ein
zum praktischen Gebrauch sehr wohl eingerichtetes Handbuch; allein die Raumersparnis; hat
ZU einer Jnconvemenz geführt, die demjenigen, welcher sich eine Gesanimtanschauung der
Verhältnisse verschaffen will, zuweilen Anstoß giebt. Man vermißt bei den einzelnen
Abtheilungen und Abschnitten die einleitenden Uebersichten; bisweilen wird sogleich mit dem
^nzclnen Paragraphen begonnen und so dem Leser eine starke Combiuationstraft zugemuthet
Hierdurch wird die Uebersicht der Hauptpunkte erschwert, so klar und durchsichtig auch übrigens
Detailausführungcn sein mögen. Offenbar hat nur die Nothwendigkeit, dem reichhaltigen
^vff j" einem vorgeschriebenen Raume gerecht zu werden, den Verfasser auf orientirende
^inleitungsübersichten und Rekapitulationen allzu sehr verzichten lassen. Was jedoch die son-
^ge formale Ausführung betrifft, so hat sich der Verfasser auch in dieser Richtung um das
"eichte Verständniß sehr verdient gemacht. Während sich der Text stetig fortliefe, sind die An¬
merkungen nur den Belegcitatcn gewidmet und vermeiden durchgängig, über den Charakter
^°ßer Ortsangaben hinauszugehen. Eine wörtliche Anführung von Gesetzesstcllcn wird durch
°^ selbständige und von der Urtheilskraft des Verfassers zeugende Abfassung des Textes über-
st"ssig gemacht.

Jurist und läßt nirgend den Politiker hervortreten. Wir können diese Zurück¬
haltung in einem Rechtsbuch, welches mit der Bearbeitung eines so wider¬
spenstigen Rechtsstoffes zu thun hat, nicht hoch genug anschlagen, obwohl wir
im Allgemeinen der Ansicht sind, daß für ein politisches Rechtsgebiet auch die
Principielle politische Auslegung Platz greifen müsse. Nur die besondere Be¬
schaffenheit unserer von entgegengesetzten Principien durchzogenen Rechtszustände
macht für den juristischen Darsteller eine Ausnahme rathsam, und die Noth¬
wendigkeit dieser Ausnahme erkannt und die aus ihr folgende Methode mit
sicherem Takt gehandhabt zu haben, ist ein anerkennenswerthes Verdienst der
vorliegenden Schrift.

Wenn es überhaupt erlaubt ist, in einem so zurückhaltender Buch, welches
kaum den politischen Standpunkt des Verfassers durchblicken läßt, zwischen den
Zeilen zu lesen, so möchten wir den Schluß ziehen, daß Herr v. Möller
dieses Werk nur als eine Vorarbeit zur Behandlung des allgemeinen preu¬
ßischen Staatsrechts und besonders des Verwaltungsrechts betrachte, und
daß er den Gang des natürlichen Ausbaues des öffentlichen Rechts, durch wel¬
chen gegenwärtig vor allen Dingen ein Fundament in der Gemeindeverfassung
geschaffen werden muß, auch in der Aufeinanderfolge seiner literarischen Pro-
ductionen nachahmen wolle. Wenn diese Vermuthung richtig ist, so würden
Wir urrs nach einer Ergänzung des Stadtrechts durch die Bearbeitung des Rechts
der übrigen Gemeinden und der noch leider immer nicht politisch gleichgiltig ge¬
wordenen Gutsherrschaften vielleicht aus eine in demselben Geiste und mit der¬
selben Objectivität unternommene Darstellung des allgemeinen preußischen Staats¬
rechts Hoffnung machen dürfen^). Besondere Hervorhebung verdient in dem
vorliegenden Buche die Darstellungsweise. Während man in manchen ähnlichen



') Für diesen Fall möchten wir uns eine Erinnerung erlauben, die vielleicht mehr an
Verleger als an den Verfasser gerichtet werde» sollte. Die vorliegende Schrift ist ein
zum praktischen Gebrauch sehr wohl eingerichtetes Handbuch; allein die Raumersparnis; hat
ZU einer Jnconvemenz geführt, die demjenigen, welcher sich eine Gesanimtanschauung der
Verhältnisse verschaffen will, zuweilen Anstoß giebt. Man vermißt bei den einzelnen
Abtheilungen und Abschnitten die einleitenden Uebersichten; bisweilen wird sogleich mit dem
^nzclnen Paragraphen begonnen und so dem Leser eine starke Combiuationstraft zugemuthet
Hierdurch wird die Uebersicht der Hauptpunkte erschwert, so klar und durchsichtig auch übrigens
Detailausführungcn sein mögen. Offenbar hat nur die Nothwendigkeit, dem reichhaltigen
^vff j„ einem vorgeschriebenen Raume gerecht zu werden, den Verfasser auf orientirende
^inleitungsübersichten und Rekapitulationen allzu sehr verzichten lassen. Was jedoch die son-
^ge formale Ausführung betrifft, so hat sich der Verfasser auch in dieser Richtung um das
«eichte Verständniß sehr verdient gemacht. Während sich der Text stetig fortliefe, sind die An¬
merkungen nur den Belegcitatcn gewidmet und vermeiden durchgängig, über den Charakter
^°ßer Ortsangaben hinauszugehen. Eine wörtliche Anführung von Gesetzesstcllcn wird durch
°^ selbständige und von der Urtheilskraft des Verfassers zeugende Abfassung des Textes über-
st"ssig gemacht.
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[0433] Jurist und läßt nirgend den Politiker hervortreten. Wir können diese Zurück¬ haltung in einem Rechtsbuch, welches mit der Bearbeitung eines so wider¬ spenstigen Rechtsstoffes zu thun hat, nicht hoch genug anschlagen, obwohl wir im Allgemeinen der Ansicht sind, daß für ein politisches Rechtsgebiet auch die Principielle politische Auslegung Platz greifen müsse. Nur die besondere Be¬ schaffenheit unserer von entgegengesetzten Principien durchzogenen Rechtszustände macht für den juristischen Darsteller eine Ausnahme rathsam, und die Noth¬ wendigkeit dieser Ausnahme erkannt und die aus ihr folgende Methode mit sicherem Takt gehandhabt zu haben, ist ein anerkennenswerthes Verdienst der vorliegenden Schrift. Wenn es überhaupt erlaubt ist, in einem so zurückhaltender Buch, welches kaum den politischen Standpunkt des Verfassers durchblicken läßt, zwischen den Zeilen zu lesen, so möchten wir den Schluß ziehen, daß Herr v. Möller dieses Werk nur als eine Vorarbeit zur Behandlung des allgemeinen preu¬ ßischen Staatsrechts und besonders des Verwaltungsrechts betrachte, und daß er den Gang des natürlichen Ausbaues des öffentlichen Rechts, durch wel¬ chen gegenwärtig vor allen Dingen ein Fundament in der Gemeindeverfassung geschaffen werden muß, auch in der Aufeinanderfolge seiner literarischen Pro- ductionen nachahmen wolle. Wenn diese Vermuthung richtig ist, so würden Wir urrs nach einer Ergänzung des Stadtrechts durch die Bearbeitung des Rechts der übrigen Gemeinden und der noch leider immer nicht politisch gleichgiltig ge¬ wordenen Gutsherrschaften vielleicht aus eine in demselben Geiste und mit der¬ selben Objectivität unternommene Darstellung des allgemeinen preußischen Staats¬ rechts Hoffnung machen dürfen^). Besondere Hervorhebung verdient in dem vorliegenden Buche die Darstellungsweise. Während man in manchen ähnlichen ') Für diesen Fall möchten wir uns eine Erinnerung erlauben, die vielleicht mehr an Verleger als an den Verfasser gerichtet werde» sollte. Die vorliegende Schrift ist ein zum praktischen Gebrauch sehr wohl eingerichtetes Handbuch; allein die Raumersparnis; hat ZU einer Jnconvemenz geführt, die demjenigen, welcher sich eine Gesanimtanschauung der Verhältnisse verschaffen will, zuweilen Anstoß giebt. Man vermißt bei den einzelnen Abtheilungen und Abschnitten die einleitenden Uebersichten; bisweilen wird sogleich mit dem ^nzclnen Paragraphen begonnen und so dem Leser eine starke Combiuationstraft zugemuthet Hierdurch wird die Uebersicht der Hauptpunkte erschwert, so klar und durchsichtig auch übrigens Detailausführungcn sein mögen. Offenbar hat nur die Nothwendigkeit, dem reichhaltigen ^vff j„ einem vorgeschriebenen Raume gerecht zu werden, den Verfasser auf orientirende ^inleitungsübersichten und Rekapitulationen allzu sehr verzichten lassen. Was jedoch die son- ^ge formale Ausführung betrifft, so hat sich der Verfasser auch in dieser Richtung um das «eichte Verständniß sehr verdient gemacht. Während sich der Text stetig fortliefe, sind die An¬ merkungen nur den Belegcitatcn gewidmet und vermeiden durchgängig, über den Charakter ^°ßer Ortsangaben hinauszugehen. Eine wörtliche Anführung von Gesetzesstcllcn wird durch °^ selbständige und von der Urtheilskraft des Verfassers zeugende Abfassung des Textes über- st"ssig gemacht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/433>, abgerufen am 23.07.2024.