Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.unverkümmerter Blüthe gebracht hat, eine würdige, mit ihrem Wesen, dem der Mit einem solchen, im echten Charakter der monumentalen Kunst gehaltenen unverkümmerter Blüthe gebracht hat, eine würdige, mit ihrem Wesen, dem der Mit einem solchen, im echten Charakter der monumentalen Kunst gehaltenen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0373" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282614"/> <p xml:id="ID_1038" prev="#ID_1037"> unverkümmerter Blüthe gebracht hat, eine würdige, mit ihrem Wesen, dem der<lb/> Schönheit, übereinstimmende Stätte zu bereiten, so mit glücklichem Anfang der<lb/> Kunst durch die Kunst den rechten Boden zu geben, hat der junge König aus<lb/> dem eigenen Antrieb eines großen Sinnes den Plan gefaßt. Es handelt sich<lb/> um den Prachtbau eines neuen, zu musikalischen Aufführungen bestimmten<lb/> Festtheaters, mit dessen Entwurf Gottfried Semper beauftragt ist.<lb/> Ist es das schöne Vorrecht der Könige, durch die Errichtung monumentaler<lb/> Werke sowohl die Kunst zu neuem fruchtbaren Leben anzuregen, als die<lb/> Bildung des Volkes zu heben: so scheint Ludwig der Zweite zugleich die<lb/> Willenskraft zu haben, von keinerlei Vorurtheil beirrt durch die Berufung<lb/> der ersten künstlerischen Kräfte des Zeitalters große Zwecke und Pläne in wahr¬<lb/> haft großer Weise zu vollendeter Gestalt zu bringen. Und nur in dieser üben<lb/> sie eine glückliche Wirkung auf die Entwicklung der Kunst und der allgemeinen<lb/> Bildung. So hat er nun eine Aufgabe, wie sie entsprechender dem Charakter<lb/> des Zeitalters sich nicht finden ließ, einem Architekten übergeben, wie er besser<lb/> sowohl zu deren Ausführung, als um der Baukunst einen neuen Aufschwung<lb/> Zu geben, nicht gewählt werden konnte. Ein festliches Haus mit dem Schmuck<lb/> der bildenden Künste als der erhebende stimmungsvolle Raum für die würdige<lb/> durchgebildete Darstellung dramatischer Musikwerke, die Versammlungsstätte also<lb/> für Me Künste, der volle Ausdruck für den edelsten Genuß des modernen Lebens:<lb/> diese Aufgabe kann nur die Bauweise der Renaissance in ihrer weiten welt¬<lb/> lichen, lebensfroher Schönheit lösen, hier kann sich zugleich die eigene Kraft<lb/> der modernen Phantasie bewähren. Wie Semper gerade solche Aufgaben in<lb/> meisterhafter, wirkungsvoller Weise künstlerisch durchzuführen weiß, das hat schon<lb/> sein dresdener Theaterbau bewährt, das hat noch kürzlich der für Rio Janeiro<lb/> bestimmt Plan gezeigt (in d. Bl. bei Gelegenheit der Münchener Ausstellung<lb/> von 1833 besprochen).</p><lb/> <p xml:id="ID_1039" next="#ID_1040"> Mit einem solchen, im echten Charakter der monumentalen Kunst gehaltenen<lb/> Bau werden jene anderen Gebäude sowohl im Stil als — soweit es ihr Zweck<lb/> erfordert — im Reichthum der Ausführung übereinstimmen müssen. Und dafür<lb/> 'se jetzt ebenfalls Hoffnung. So zunächst für dasjenige, dessen Errichtung nun<lb/> schon in feste Aussicht genommen ist, für den Bau nämlich des Polytech¬<lb/> nikums, wenn der Architekt, der durch seine Stellung an der Bauschule zur<lb/> Ausführung dieser Aufgabe berufen erscheint — G. Neureuther — mit dersel¬<lb/> ben wirklich betraut würde: ein ebenso gebildeter als talentvoller Baumeister,<lb/> der sowohl an seinen öffentlichen und Privatbauten wie an umfassenden Plänen<lb/> (vergl. 1863 d. Bl. Ur. 49) bewiesen hat, daß er die Bauweise der Renaissance<lb/> "ut ebenbürtigem Verständniß für moderne Zwecke lebendig und phantasievoll<lb/> 6u gebrauchen weiß. — Wenn es die Münchener Baukunst wohl zu fühlen<lb/> hatte, daß die Fähigkeit und die Kenntniß solcher Männer, die ihrer besseren</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0373]
unverkümmerter Blüthe gebracht hat, eine würdige, mit ihrem Wesen, dem der
Schönheit, übereinstimmende Stätte zu bereiten, so mit glücklichem Anfang der
Kunst durch die Kunst den rechten Boden zu geben, hat der junge König aus
dem eigenen Antrieb eines großen Sinnes den Plan gefaßt. Es handelt sich
um den Prachtbau eines neuen, zu musikalischen Aufführungen bestimmten
Festtheaters, mit dessen Entwurf Gottfried Semper beauftragt ist.
Ist es das schöne Vorrecht der Könige, durch die Errichtung monumentaler
Werke sowohl die Kunst zu neuem fruchtbaren Leben anzuregen, als die
Bildung des Volkes zu heben: so scheint Ludwig der Zweite zugleich die
Willenskraft zu haben, von keinerlei Vorurtheil beirrt durch die Berufung
der ersten künstlerischen Kräfte des Zeitalters große Zwecke und Pläne in wahr¬
haft großer Weise zu vollendeter Gestalt zu bringen. Und nur in dieser üben
sie eine glückliche Wirkung auf die Entwicklung der Kunst und der allgemeinen
Bildung. So hat er nun eine Aufgabe, wie sie entsprechender dem Charakter
des Zeitalters sich nicht finden ließ, einem Architekten übergeben, wie er besser
sowohl zu deren Ausführung, als um der Baukunst einen neuen Aufschwung
Zu geben, nicht gewählt werden konnte. Ein festliches Haus mit dem Schmuck
der bildenden Künste als der erhebende stimmungsvolle Raum für die würdige
durchgebildete Darstellung dramatischer Musikwerke, die Versammlungsstätte also
für Me Künste, der volle Ausdruck für den edelsten Genuß des modernen Lebens:
diese Aufgabe kann nur die Bauweise der Renaissance in ihrer weiten welt¬
lichen, lebensfroher Schönheit lösen, hier kann sich zugleich die eigene Kraft
der modernen Phantasie bewähren. Wie Semper gerade solche Aufgaben in
meisterhafter, wirkungsvoller Weise künstlerisch durchzuführen weiß, das hat schon
sein dresdener Theaterbau bewährt, das hat noch kürzlich der für Rio Janeiro
bestimmt Plan gezeigt (in d. Bl. bei Gelegenheit der Münchener Ausstellung
von 1833 besprochen).
Mit einem solchen, im echten Charakter der monumentalen Kunst gehaltenen
Bau werden jene anderen Gebäude sowohl im Stil als — soweit es ihr Zweck
erfordert — im Reichthum der Ausführung übereinstimmen müssen. Und dafür
'se jetzt ebenfalls Hoffnung. So zunächst für dasjenige, dessen Errichtung nun
schon in feste Aussicht genommen ist, für den Bau nämlich des Polytech¬
nikums, wenn der Architekt, der durch seine Stellung an der Bauschule zur
Ausführung dieser Aufgabe berufen erscheint — G. Neureuther — mit dersel¬
ben wirklich betraut würde: ein ebenso gebildeter als talentvoller Baumeister,
der sowohl an seinen öffentlichen und Privatbauten wie an umfassenden Plänen
(vergl. 1863 d. Bl. Ur. 49) bewiesen hat, daß er die Bauweise der Renaissance
"ut ebenbürtigem Verständniß für moderne Zwecke lebendig und phantasievoll
6u gebrauchen weiß. — Wenn es die Münchener Baukunst wohl zu fühlen
hatte, daß die Fähigkeit und die Kenntniß solcher Männer, die ihrer besseren
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