Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.glänzend. Die erste Jahresversammlung am 4> November 1864 wurde mit Die Hauptsache ist jedoch, daß die Bücher nicht blos da sind, sondern auch glänzend. Die erste Jahresversammlung am 4> November 1864 wurde mit Die Hauptsache ist jedoch, daß die Bücher nicht blos da sind, sondern auch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0034" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282275"/> <p xml:id="ID_76" prev="#ID_75"> glänzend. Die erste Jahresversammlung am 4> November 1864 wurde mit<lb/> 930 Mitgliedern eröffnet, und der Sekretär zeigte an. daß bis jetzt in 33<lb/> Gemeinden solche Bibliotheken gegründet wurden. Da der Oberrhein 491 Ge¬<lb/> meinden zählt, so hat die Gesellschaft noch ein reiches Feld vor sich. Bedenkt<lb/> man aber, daß der Anfang doch immer das Schwerste ist. daß die Wirksamkeit<lb/> sich erst über ein Jahr erstreckt und daß eine weitere Anzahl von Gemeindc-<lb/> vibliothcken eben in der Bildung begriffen ist, so ist der Erfolg keineswegs<lb/> entmuthigend. Die statistischen Berichte geben Kunde von einem überraschenden<lb/> Wachsthum der einzelnen Bibliotheken. So ist z. B. in dem kleinen Orte<lb/> Beblenheim, wo allerdings ungewöhnlich günstige Umstände mitwirkten, die<lb/> Bibliothek von 12 Bänden, mit welchen sie im December 1862 eröffnet wurde,<lb/> jetzt auf 1300 Bände angewachsen. In der Regel haben natürlich größere<lb/> Orte auch größere Bibliotheken. In Städten, wie Mühlhausen und Aitkirch.<lb/> die zuvor schon Gemcindebibliotheken hatte», wurden eigene Annexe zum all¬<lb/> gemeinen Gebrauch des Volles gebild-t. In Mühlhausen hat Jean Dollfus<lb/> diesen Annex im Administrationsgebäudc der Arbeiterstadt untergebracht. Sonst<lb/> ist in der Regel die Bibliothek in einem Saal der Mairie. An manchen Orten<lb/> ist hier auch für die Winterabende ein Lesesaal eröffnet, und von Ribeauvillö<lb/> wird berichtet, daß der dortige Gasunternehmer die Beleuchtung desselben un-<lb/> entgeldlich stellt. Meistens ist der Bürgermeister Borsteher der Gemeinde¬<lb/> kommission, und ein Lehrer der Bibliothekar. Doch finden wir auch Geistliche.<lb/> Fabrikanten. Gutsbesitzer in diesen Functionen. In Ribeauvill6 wurden,, um<lb/> allen konfessionellen Dissidien zu begegnen, drei Bibliothekare angestellt, ein<lb/> protestantischer, ein katholischer und ein israelitischer Lehrer; auch die Kommission<lb/> ist paritätisch zusammengesetzt und verträgt sich aufs Beste.</p><lb/> <p xml:id="ID_77" next="#ID_78"> Die Hauptsache ist jedoch, daß die Bücher nicht blos da sind, sondern auch<lb/> gelesen werden. Die verhältnißmäßig größte Leserzahl stellt ein Dorf bei Col-<lb/> mar, Sundhofen. Es sind hier vom 15. November bis 1. Mai von 122 Fa¬<lb/> milien 1303 Bücher entlehnt worden. Gewöhnlich versammelte man sich Abends<lb/> bei den Gcoßeltern. und eines der Kinder, in der Regel ein Mädchen, las laut<lb/> vor. Den Sommer über ist die Bibliothek geschlossen. In Beblenheim werden<lb/> im Durchschnitt täglich 10 Bände ausgeliehen, wobei für den Band 5 Cent.<lb/> Auslcihegeld berechnet werden. Dieser Modus ist meistens acceptirt, woneben<lb/> an manchen Orten zugleich ein Jahresabonnement von 3 Fr. eingeführt ist. Man<lb/> ging hierbei von der Ansicht aus. daß das unentgeltliche Ausleihen den Werth<lb/> der Bücher verringert und will nur diejenigen davon dispensiren, welche aus¬<lb/> drücklich darum nachsuchen, was aber bis jetzt noch nie vorgekommen ist. Dies<lb/> ist, wenigstens in Beblenheim, der einzige Paragraph des Reglements. Man<lb/> holt die Bücher, wenn man will, und bringt sie wieder, wenn man sie gelesen<lb/> hat. Die Kommission will erst abwarten, bis sich Mißbräuche einstellen, um</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0034]
glänzend. Die erste Jahresversammlung am 4> November 1864 wurde mit
930 Mitgliedern eröffnet, und der Sekretär zeigte an. daß bis jetzt in 33
Gemeinden solche Bibliotheken gegründet wurden. Da der Oberrhein 491 Ge¬
meinden zählt, so hat die Gesellschaft noch ein reiches Feld vor sich. Bedenkt
man aber, daß der Anfang doch immer das Schwerste ist. daß die Wirksamkeit
sich erst über ein Jahr erstreckt und daß eine weitere Anzahl von Gemeindc-
vibliothcken eben in der Bildung begriffen ist, so ist der Erfolg keineswegs
entmuthigend. Die statistischen Berichte geben Kunde von einem überraschenden
Wachsthum der einzelnen Bibliotheken. So ist z. B. in dem kleinen Orte
Beblenheim, wo allerdings ungewöhnlich günstige Umstände mitwirkten, die
Bibliothek von 12 Bänden, mit welchen sie im December 1862 eröffnet wurde,
jetzt auf 1300 Bände angewachsen. In der Regel haben natürlich größere
Orte auch größere Bibliotheken. In Städten, wie Mühlhausen und Aitkirch.
die zuvor schon Gemcindebibliotheken hatte», wurden eigene Annexe zum all¬
gemeinen Gebrauch des Volles gebild-t. In Mühlhausen hat Jean Dollfus
diesen Annex im Administrationsgebäudc der Arbeiterstadt untergebracht. Sonst
ist in der Regel die Bibliothek in einem Saal der Mairie. An manchen Orten
ist hier auch für die Winterabende ein Lesesaal eröffnet, und von Ribeauvillö
wird berichtet, daß der dortige Gasunternehmer die Beleuchtung desselben un-
entgeldlich stellt. Meistens ist der Bürgermeister Borsteher der Gemeinde¬
kommission, und ein Lehrer der Bibliothekar. Doch finden wir auch Geistliche.
Fabrikanten. Gutsbesitzer in diesen Functionen. In Ribeauvill6 wurden,, um
allen konfessionellen Dissidien zu begegnen, drei Bibliothekare angestellt, ein
protestantischer, ein katholischer und ein israelitischer Lehrer; auch die Kommission
ist paritätisch zusammengesetzt und verträgt sich aufs Beste.
Die Hauptsache ist jedoch, daß die Bücher nicht blos da sind, sondern auch
gelesen werden. Die verhältnißmäßig größte Leserzahl stellt ein Dorf bei Col-
mar, Sundhofen. Es sind hier vom 15. November bis 1. Mai von 122 Fa¬
milien 1303 Bücher entlehnt worden. Gewöhnlich versammelte man sich Abends
bei den Gcoßeltern. und eines der Kinder, in der Regel ein Mädchen, las laut
vor. Den Sommer über ist die Bibliothek geschlossen. In Beblenheim werden
im Durchschnitt täglich 10 Bände ausgeliehen, wobei für den Band 5 Cent.
Auslcihegeld berechnet werden. Dieser Modus ist meistens acceptirt, woneben
an manchen Orten zugleich ein Jahresabonnement von 3 Fr. eingeführt ist. Man
ging hierbei von der Ansicht aus. daß das unentgeltliche Ausleihen den Werth
der Bücher verringert und will nur diejenigen davon dispensiren, welche aus¬
drücklich darum nachsuchen, was aber bis jetzt noch nie vorgekommen ist. Dies
ist, wenigstens in Beblenheim, der einzige Paragraph des Reglements. Man
holt die Bücher, wenn man will, und bringt sie wieder, wenn man sie gelesen
hat. Die Kommission will erst abwarten, bis sich Mißbräuche einstellen, um
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