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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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dem in vergeblichen Sturmversuchen und wiederholten Ausfällen beide Armeen
ungeheure Verluste erlitten hatten und reichten es Sherman gelungen war.
mit seinem rechten Flügel die Eisenbahn von Atlanta nach Macon und damit
die Rückzugslinic des Gegners zu besetzen. Hood. der für den inzwischen er^
tränkten Johnston das Kommando übernommen hatte, entzog sich glücklich durch
Abmarsch nach Osten dem drohenden, umfassenden Angriff in Atlanta. Neben
diesem Angriff um Atlanta her gehen Rciterzüge der Union unter Stoneman
und der Conföderirte" unter Wheelcr, welche beide die Verbindung des Geg¬
ners wiederholt fassen, die Eisenbahnen zerstören und die Nachschübe unterbrechen,
aber für Sherma" die Vernichtung seiner Cavallerie herbeiführen und ihm
damit die Freiheit der Bewegung nehmen. Das Corps Stvnemans nämlich,
das sich zu weit vorgewagt und getheilt hatte, wurde dabei fast ganz aufgerieben.

Sherman richtete Atlanta zur Festung ein, vertrieb alle Bewohner ans
dem Ort und folgte Hood, der bereits am 8. September sich ihm wieder ent¬
gegenstellte und ihn zur Umkehr nach Atlanta nöthigte. Die Verbindung nach
Tennessee war für Sherman inzwischen ganz unterbrochen worden und Hood
bedrohte durch eine Flankenstellung den Rückmarsch. Die Reiterei der Confvde-
rirten beherrschte die ganze Umgegend. Unter diesen Umständen war es das
Natürlichste, ,dah Sherman mit seiner Armee Kehrt ma.este, den Tennesseefluß
als sichere Communicationslinie wieder gewann, sich mit Cavallerie completiren
und dann seine Operationen von Neuem gegen Hood unternahm. Das wohl¬
befestigte Atlanta konnte er einer Garnison anvertrauen und einer Belagerung
überlassen, bis er wiederkam. -- Statt dessen suchte er durch Separatverhand-
lungen mit dem Staate von Georgia seine Gegner zu sprengen; als dies schei¬
terte, ging er noch einmal gegen Hood vor, dieser wich aber und da Sherman
wegen seiner unsicheren Verbindungslinie nicht weit folgen konnte, kehrte
er wieder nach Atlanta zurück und faßte nunmehr den überraschenden Entschluß,
dieses und das nördliche Georgia dem General Thomas mit dem 4. und 23.
Corps zu überlassen und mit den andern fünf Corps nicht die rückwärtige,
naturgemäße, sondern die vorliegende Verbindung mit Grant oder mit einem
der östlichen Häfen am atlantischen Ocean zu eröffnen. Er hoffte wohl, daß
Hood ihm nachfolgen und Thomas die Behauptung der eroberten Lande ge¬
statten würde. -- Der Conföderirtengeneral beschloß aber, die Uebermacht des
Gegners ziehen zu lassen, den zurückbleibenden Theil zu schlagen und das Ver¬
lorne Terrain wieder zu gewinnen. Es gelang ihm. Am 28. October trat
Sherman seinen Zug nach Süden an und Ende November belagerte Hood seinen
Gegner Thomas in der Hauptstadt von Tennessee. in Nashville. Freilich ist
es diesem gelungen, aus dem reichen Norden wieder Kraft zu schöpfen und seinen
Gegner in einer zweitägigen Schlacht zu schlagen, aber der Schluß des Jahres
sieht Hood noch im Besitz des südlichen Tennessee und das ganze Georgia mit


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dem in vergeblichen Sturmversuchen und wiederholten Ausfällen beide Armeen
ungeheure Verluste erlitten hatten und reichten es Sherman gelungen war.
mit seinem rechten Flügel die Eisenbahn von Atlanta nach Macon und damit
die Rückzugslinic des Gegners zu besetzen. Hood. der für den inzwischen er^
tränkten Johnston das Kommando übernommen hatte, entzog sich glücklich durch
Abmarsch nach Osten dem drohenden, umfassenden Angriff in Atlanta. Neben
diesem Angriff um Atlanta her gehen Rciterzüge der Union unter Stoneman
und der Conföderirte» unter Wheelcr, welche beide die Verbindung des Geg¬
ners wiederholt fassen, die Eisenbahnen zerstören und die Nachschübe unterbrechen,
aber für Sherma» die Vernichtung seiner Cavallerie herbeiführen und ihm
damit die Freiheit der Bewegung nehmen. Das Corps Stvnemans nämlich,
das sich zu weit vorgewagt und getheilt hatte, wurde dabei fast ganz aufgerieben.

Sherman richtete Atlanta zur Festung ein, vertrieb alle Bewohner ans
dem Ort und folgte Hood, der bereits am 8. September sich ihm wieder ent¬
gegenstellte und ihn zur Umkehr nach Atlanta nöthigte. Die Verbindung nach
Tennessee war für Sherman inzwischen ganz unterbrochen worden und Hood
bedrohte durch eine Flankenstellung den Rückmarsch. Die Reiterei der Confvde-
rirten beherrschte die ganze Umgegend. Unter diesen Umständen war es das
Natürlichste, ,dah Sherman mit seiner Armee Kehrt ma.este, den Tennesseefluß
als sichere Communicationslinie wieder gewann, sich mit Cavallerie completiren
und dann seine Operationen von Neuem gegen Hood unternahm. Das wohl¬
befestigte Atlanta konnte er einer Garnison anvertrauen und einer Belagerung
überlassen, bis er wiederkam. — Statt dessen suchte er durch Separatverhand-
lungen mit dem Staate von Georgia seine Gegner zu sprengen; als dies schei¬
terte, ging er noch einmal gegen Hood vor, dieser wich aber und da Sherman
wegen seiner unsicheren Verbindungslinie nicht weit folgen konnte, kehrte
er wieder nach Atlanta zurück und faßte nunmehr den überraschenden Entschluß,
dieses und das nördliche Georgia dem General Thomas mit dem 4. und 23.
Corps zu überlassen und mit den andern fünf Corps nicht die rückwärtige,
naturgemäße, sondern die vorliegende Verbindung mit Grant oder mit einem
der östlichen Häfen am atlantischen Ocean zu eröffnen. Er hoffte wohl, daß
Hood ihm nachfolgen und Thomas die Behauptung der eroberten Lande ge¬
statten würde. — Der Conföderirtengeneral beschloß aber, die Uebermacht des
Gegners ziehen zu lassen, den zurückbleibenden Theil zu schlagen und das Ver¬
lorne Terrain wieder zu gewinnen. Es gelang ihm. Am 28. October trat
Sherman seinen Zug nach Süden an und Ende November belagerte Hood seinen
Gegner Thomas in der Hauptstadt von Tennessee. in Nashville. Freilich ist
es diesem gelungen, aus dem reichen Norden wieder Kraft zu schöpfen und seinen
Gegner in einer zweitägigen Schlacht zu schlagen, aber der Schluß des Jahres
sieht Hood noch im Besitz des südlichen Tennessee und das ganze Georgia mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/277>, abgerufen am 23.07.2024.