Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.Im Lauf des JahreS 1862 hatte man den Staat zum Herren der flüchtigen Farbige Regimenter sind also formirt nicht nur von den Generalen, welche Im Lauf des JahreS 1862 hatte man den Staat zum Herren der flüchtigen Farbige Regimenter sind also formirt nicht nur von den Generalen, welche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0244" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282485"/> <p xml:id="ID_646" prev="#ID_645"> Im Lauf des JahreS 1862 hatte man den Staat zum Herren der flüchtigen<lb/> Sklaven erklärt und diese in Arbcitercolonnen formirt; am 1, Januar 1863<lb/> aber gab Lincoln den Sklaven der Rebellen die Freiheit; er hob nicht die Skla¬<lb/> verei auf, er gab auch den befreiten Sklaven nicht das Bürgerrecht, er warf<lb/> die Freiheit nur als Lockspeise in die schwarze Bevölkerung des Südens und ge¬<lb/> stattete, um diesen Bundesgenossen gegen den Süden ausnutzen zu können, daß<lb/> die Sklaven in abgesonderten Regimentern als Soldaten mit weißen Offizieren<lb/> verwendet würden. Im Laufe des Jahres genehmigte die Regierung, daß aus¬<lb/> gehobene Weiße einen Neger als Stellvertreter stellten. Der Neger war als<lb/> Freier nicht dienstpflichtig, konnte sich aber zum Soldaten verkaufen und dann<lb/> nur bei Negcrregimentern dienen. Der flüchtige Sklave war frei erklärt, mußte<lb/> sich aber die Einstellung in Arbeitercolvnnen und in Negerregimentcr, je nach<lb/> Bedarf gefallen lassen. — Dieser Art Freiheit hat der Süden in diesem Jahre<lb/> die Spitze abgebrochen, indem er ebenfalls Negerregimenter formirte und den<lb/> schwarzen Soldaten nach dem Kriege die Freiheit versprach. Der Norden ist<lb/> denn auch weiter gegangen und hat in der Neuzeit gestattet, daß die Farbigen<lb/> Offiziere werden können; aber von der Gleichstellung mit den Weißen ist man<lb/> noch weit entfernt.</p><lb/> <p xml:id="ID_647" next="#ID_648"> Farbige Regimenter sind also formirt nicht nur von den Generalen, welche<lb/> mitten in der Sklavenbcvölkcrung Eroberungen gemacht haben, wie in Nord-<lb/> carolina. Louisiana und Mississippi, sondern auch durch die Stellvertreter von<lb/> allen Neuenglandstaaten. Daß diese Negerregimentcr die Leistungsfähigkeit der<lb/> Unionsarmee wesentlich erhöht hätten, erhellt nicht aus den Ereignissen, ist auch<lb/> unwahrscheinlich, dn mir der freigeborene und dabei disciplinirte Soldat die ganze<lb/> Fülle der Pflichten des Vaterlandsvertheidigers zu erfüllen im Stande ist. Aber<lb/> es ist überhaupt das Eigenthümliche des Nordens, daß er auf die Güte der<lb/> Truppen viel weniger Werth legt, als auf ihre Zahl. — Diese Richtung tritt<lb/> nirgends mehr hervor als in der Art der Ergänzung der Armee. Man com-<lb/> pletirt die Truppen nicht, indem man in der Heimat!) Depots bildet und aus<lb/> diesen die Zahl der im Feuer gestählten, aber natürlich reducirten Bataillone:c.<lb/> wieder vollzählig macht, bei welchem Verfahren der Rekrut durch den festen<lb/> Nahmen, in welchen er gefügt, gleich zum alten Soldaten wird; nein, man er¬<lb/> gänzt die Armee, indem man immer neue Truppenkörper formirt und die alten<lb/> absterbe» läßt, diese höchstens durch Verschmelzung wieder zu berechenbaren<lb/> Größen macht. Dies Verfahren hat nicht nur den Uebelstand, daß man<lb/> immer junge unerfahrene Truppen hat, trotz des langwährenden Krieges, son¬<lb/> dern auch das Schlimme, daß die politischen Parteien der Einzelstaaten immer<lb/> neue Regimentscommandeure und Offiziere mit hohem Rang, aber ohne Kennt¬<lb/> nisse auf den Kriegsschauplatz schicken. Man vermehrt die Zahl der Offiziere<lb/> Über Gebühr und läßt die Kraft der Mannschaft nicht zur Entwickelung kommen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0244]
Im Lauf des JahreS 1862 hatte man den Staat zum Herren der flüchtigen
Sklaven erklärt und diese in Arbcitercolonnen formirt; am 1, Januar 1863
aber gab Lincoln den Sklaven der Rebellen die Freiheit; er hob nicht die Skla¬
verei auf, er gab auch den befreiten Sklaven nicht das Bürgerrecht, er warf
die Freiheit nur als Lockspeise in die schwarze Bevölkerung des Südens und ge¬
stattete, um diesen Bundesgenossen gegen den Süden ausnutzen zu können, daß
die Sklaven in abgesonderten Regimentern als Soldaten mit weißen Offizieren
verwendet würden. Im Laufe des Jahres genehmigte die Regierung, daß aus¬
gehobene Weiße einen Neger als Stellvertreter stellten. Der Neger war als
Freier nicht dienstpflichtig, konnte sich aber zum Soldaten verkaufen und dann
nur bei Negcrregimentern dienen. Der flüchtige Sklave war frei erklärt, mußte
sich aber die Einstellung in Arbeitercolvnnen und in Negerregimentcr, je nach
Bedarf gefallen lassen. — Dieser Art Freiheit hat der Süden in diesem Jahre
die Spitze abgebrochen, indem er ebenfalls Negerregimenter formirte und den
schwarzen Soldaten nach dem Kriege die Freiheit versprach. Der Norden ist
denn auch weiter gegangen und hat in der Neuzeit gestattet, daß die Farbigen
Offiziere werden können; aber von der Gleichstellung mit den Weißen ist man
noch weit entfernt.
Farbige Regimenter sind also formirt nicht nur von den Generalen, welche
mitten in der Sklavenbcvölkcrung Eroberungen gemacht haben, wie in Nord-
carolina. Louisiana und Mississippi, sondern auch durch die Stellvertreter von
allen Neuenglandstaaten. Daß diese Negerregimentcr die Leistungsfähigkeit der
Unionsarmee wesentlich erhöht hätten, erhellt nicht aus den Ereignissen, ist auch
unwahrscheinlich, dn mir der freigeborene und dabei disciplinirte Soldat die ganze
Fülle der Pflichten des Vaterlandsvertheidigers zu erfüllen im Stande ist. Aber
es ist überhaupt das Eigenthümliche des Nordens, daß er auf die Güte der
Truppen viel weniger Werth legt, als auf ihre Zahl. — Diese Richtung tritt
nirgends mehr hervor als in der Art der Ergänzung der Armee. Man com-
pletirt die Truppen nicht, indem man in der Heimat!) Depots bildet und aus
diesen die Zahl der im Feuer gestählten, aber natürlich reducirten Bataillone:c.
wieder vollzählig macht, bei welchem Verfahren der Rekrut durch den festen
Nahmen, in welchen er gefügt, gleich zum alten Soldaten wird; nein, man er¬
gänzt die Armee, indem man immer neue Truppenkörper formirt und die alten
absterbe» läßt, diese höchstens durch Verschmelzung wieder zu berechenbaren
Größen macht. Dies Verfahren hat nicht nur den Uebelstand, daß man
immer junge unerfahrene Truppen hat, trotz des langwährenden Krieges, son¬
dern auch das Schlimme, daß die politischen Parteien der Einzelstaaten immer
neue Regimentscommandeure und Offiziere mit hohem Rang, aber ohne Kennt¬
nisse auf den Kriegsschauplatz schicken. Man vermehrt die Zahl der Offiziere
Über Gebühr und läßt die Kraft der Mannschaft nicht zur Entwickelung kommen,
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