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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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nach Se. Cloud. wo sie in Gesellschaft der Würdenträger des Staates, den
Ministern, den Prinzen von Geblüt u. s, w. die Ankunft der Majestäten er¬
warteten.

Fouchö, zu dem Consalvi während seines ersten Aufenthaltes in Paris in
freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatte, kam auf diesen zu, begrüßte
ihn mit Herzlichkeit und fragte, ob es wahr sei, daß einige Cardinäle sich
weigeiten, der Heirath des Kaisers beizuwohnen, AIs Consalvi schwieg, be¬
merkte der Polizeiminister, daß er aus purer Höflichkeit die fragende Form ge¬
wählt habe, da er in seiner Stellung mit Bestimmtheit wissen müsse, wovon er
spreche. Consalvi erwiederte dem Minister, daß er mit einer der Eminenzen
spreche, die sich fern halten wollten. "Ach, was Sie mir sagen,rief Fouche
aus, ,,der Kaiser hat mir heute Morgen davon gesagt und in seinem Zorne
auch Sie genannt, aber ich habe ihm mit Bestimmtheit erklärt, daß, was Sie be¬
treffe, diese Behauptung gegen alle Wahrscheinlichkeit sei." Der Minister führte
nun Consalvi die gefährlichen Folgen einer solchen Handlung vor die Augen,
Folge", welche den Staat, die Person des Kaisers und sogar die Thronfolge
berührten. Diese Handlung würde den Feinden des Kaiserthums neue Kühn¬
heit einflößen u. s. w. Der Polizeiminister schloß mit der Bemerkung, daß
man sich zur Noth darüber hinwegsehen würde, falls die Cardinäle sich damit
begnügten, blos bei der Civiltrauung nicht zu erscheinen, dagegen müßten sie
bei der kirchlichen anwesend sein, wollten sie die Dinge nicht bis zum Aeußer-
sten treiben l^ukqu'u, 1s, ävrMi'v ruinö).

Mittlerweile war der Kaiser eingetreten und jedermann beeilte sich, den
ihm zugewiesenen Platz einzunehmen. Napoleon hielt die östreichische Prinzessin
an der Hand und nannte ihr jede Person beim Name", so wie er an ihr ^vor¬
beikam. Als das Paar an dem Platze anlangte, wo die Cardinäle sich auf¬
hielten, rief der Kaiser aus: Ach, die' Cardinäle! Hierauf stellte er mit großer
Liebenswürdigkeit und Höflichkeit einen nach dem andern vor, indem er bei
Nennung einiger derselben gewisse Einzelheiten hinzufügte, so bei der Vorstellung
Consalvis die Worte: "der das Concordat gemacht hat."

Die Eminenzen verneigten sich stumm; Napoleon setzte die Vorstellung fort
und verließ den Saal, um sich ins Theater zu begeben. Nach Paris zurück¬
gekehrt versammelten sich die Dreizehn bei ihrem College" Mattei. und Con¬
salvi berichtete sein Gespräch mit Fouchö, ohne daß diese Mittheilung irgend
etwas an dem Entschlüsse der Anwesenden geändert hätte. Am folgenden Sonn¬
tag fand die Civiltrauung statt, bei welcher von den fünfzehn Cardinälen jedoch
nur zwölf erschienen waren. Cardinal Bagane lag krank im Bette; zwei an¬
dere schützten Krankheit vor. Alle drei hatten Cardinal Fesch geschrieben, um
sich zu entschuldigen, daß sie nicht nach Se. Cloud kämen.

Auf den Montag, 2. April, war der feierliche Einzug des Kaisers und


nach Se. Cloud. wo sie in Gesellschaft der Würdenträger des Staates, den
Ministern, den Prinzen von Geblüt u. s, w. die Ankunft der Majestäten er¬
warteten.

Fouchö, zu dem Consalvi während seines ersten Aufenthaltes in Paris in
freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatte, kam auf diesen zu, begrüßte
ihn mit Herzlichkeit und fragte, ob es wahr sei, daß einige Cardinäle sich
weigeiten, der Heirath des Kaisers beizuwohnen, AIs Consalvi schwieg, be¬
merkte der Polizeiminister, daß er aus purer Höflichkeit die fragende Form ge¬
wählt habe, da er in seiner Stellung mit Bestimmtheit wissen müsse, wovon er
spreche. Consalvi erwiederte dem Minister, daß er mit einer der Eminenzen
spreche, die sich fern halten wollten. „Ach, was Sie mir sagen,rief Fouche
aus, ,,der Kaiser hat mir heute Morgen davon gesagt und in seinem Zorne
auch Sie genannt, aber ich habe ihm mit Bestimmtheit erklärt, daß, was Sie be¬
treffe, diese Behauptung gegen alle Wahrscheinlichkeit sei." Der Minister führte
nun Consalvi die gefährlichen Folgen einer solchen Handlung vor die Augen,
Folge», welche den Staat, die Person des Kaisers und sogar die Thronfolge
berührten. Diese Handlung würde den Feinden des Kaiserthums neue Kühn¬
heit einflößen u. s. w. Der Polizeiminister schloß mit der Bemerkung, daß
man sich zur Noth darüber hinwegsehen würde, falls die Cardinäle sich damit
begnügten, blos bei der Civiltrauung nicht zu erscheinen, dagegen müßten sie
bei der kirchlichen anwesend sein, wollten sie die Dinge nicht bis zum Aeußer-
sten treiben l^ukqu'u, 1s, ävrMi'v ruinö).

Mittlerweile war der Kaiser eingetreten und jedermann beeilte sich, den
ihm zugewiesenen Platz einzunehmen. Napoleon hielt die östreichische Prinzessin
an der Hand und nannte ihr jede Person beim Name», so wie er an ihr ^vor¬
beikam. Als das Paar an dem Platze anlangte, wo die Cardinäle sich auf¬
hielten, rief der Kaiser aus: Ach, die' Cardinäle! Hierauf stellte er mit großer
Liebenswürdigkeit und Höflichkeit einen nach dem andern vor, indem er bei
Nennung einiger derselben gewisse Einzelheiten hinzufügte, so bei der Vorstellung
Consalvis die Worte: „der das Concordat gemacht hat."

Die Eminenzen verneigten sich stumm; Napoleon setzte die Vorstellung fort
und verließ den Saal, um sich ins Theater zu begeben. Nach Paris zurück¬
gekehrt versammelten sich die Dreizehn bei ihrem College» Mattei. und Con¬
salvi berichtete sein Gespräch mit Fouchö, ohne daß diese Mittheilung irgend
etwas an dem Entschlüsse der Anwesenden geändert hätte. Am folgenden Sonn¬
tag fand die Civiltrauung statt, bei welcher von den fünfzehn Cardinälen jedoch
nur zwölf erschienen waren. Cardinal Bagane lag krank im Bette; zwei an¬
dere schützten Krankheit vor. Alle drei hatten Cardinal Fesch geschrieben, um
sich zu entschuldigen, daß sie nicht nach Se. Cloud kämen.

Auf den Montag, 2. April, war der feierliche Einzug des Kaisers und


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[0196] nach Se. Cloud. wo sie in Gesellschaft der Würdenträger des Staates, den Ministern, den Prinzen von Geblüt u. s, w. die Ankunft der Majestäten er¬ warteten. Fouchö, zu dem Consalvi während seines ersten Aufenthaltes in Paris in freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatte, kam auf diesen zu, begrüßte ihn mit Herzlichkeit und fragte, ob es wahr sei, daß einige Cardinäle sich weigeiten, der Heirath des Kaisers beizuwohnen, AIs Consalvi schwieg, be¬ merkte der Polizeiminister, daß er aus purer Höflichkeit die fragende Form ge¬ wählt habe, da er in seiner Stellung mit Bestimmtheit wissen müsse, wovon er spreche. Consalvi erwiederte dem Minister, daß er mit einer der Eminenzen spreche, die sich fern halten wollten. „Ach, was Sie mir sagen,rief Fouche aus, ,,der Kaiser hat mir heute Morgen davon gesagt und in seinem Zorne auch Sie genannt, aber ich habe ihm mit Bestimmtheit erklärt, daß, was Sie be¬ treffe, diese Behauptung gegen alle Wahrscheinlichkeit sei." Der Minister führte nun Consalvi die gefährlichen Folgen einer solchen Handlung vor die Augen, Folge», welche den Staat, die Person des Kaisers und sogar die Thronfolge berührten. Diese Handlung würde den Feinden des Kaiserthums neue Kühn¬ heit einflößen u. s. w. Der Polizeiminister schloß mit der Bemerkung, daß man sich zur Noth darüber hinwegsehen würde, falls die Cardinäle sich damit begnügten, blos bei der Civiltrauung nicht zu erscheinen, dagegen müßten sie bei der kirchlichen anwesend sein, wollten sie die Dinge nicht bis zum Aeußer- sten treiben l^ukqu'u, 1s, ävrMi'v ruinö). Mittlerweile war der Kaiser eingetreten und jedermann beeilte sich, den ihm zugewiesenen Platz einzunehmen. Napoleon hielt die östreichische Prinzessin an der Hand und nannte ihr jede Person beim Name», so wie er an ihr ^vor¬ beikam. Als das Paar an dem Platze anlangte, wo die Cardinäle sich auf¬ hielten, rief der Kaiser aus: Ach, die' Cardinäle! Hierauf stellte er mit großer Liebenswürdigkeit und Höflichkeit einen nach dem andern vor, indem er bei Nennung einiger derselben gewisse Einzelheiten hinzufügte, so bei der Vorstellung Consalvis die Worte: „der das Concordat gemacht hat." Die Eminenzen verneigten sich stumm; Napoleon setzte die Vorstellung fort und verließ den Saal, um sich ins Theater zu begeben. Nach Paris zurück¬ gekehrt versammelten sich die Dreizehn bei ihrem College» Mattei. und Con¬ salvi berichtete sein Gespräch mit Fouchö, ohne daß diese Mittheilung irgend etwas an dem Entschlüsse der Anwesenden geändert hätte. Am folgenden Sonn¬ tag fand die Civiltrauung statt, bei welcher von den fünfzehn Cardinälen jedoch nur zwölf erschienen waren. Cardinal Bagane lag krank im Bette; zwei an¬ dere schützten Krankheit vor. Alle drei hatten Cardinal Fesch geschrieben, um sich zu entschuldigen, daß sie nicht nach Se. Cloud kämen. Auf den Montag, 2. April, war der feierliche Einzug des Kaisers und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/196>, abgerufen am 23.07.2024.