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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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lung) baar und direct an den päpstlichen Hof gingen oder baar nach Flandern
und von Brügge dann durch die dortigen italienischen Zweigbanken in Form
Von Wechsclbriefcn nach Avignon wanderten, von deutschen und italienischen
Wechslern aus Krakau und Breslau baar oder in Wechselbnefen nach Italien
gesendet.

Neben diesen Kaufleuten endlich und jenen Münzern, zuweilen vielleicht
aus letzteren hervorgegangen, besorgten den Geldwechsel schon seit dem drei¬
zehnten Jahrhundert eine Reihe von Nebenwechslern, Von den Münzern
beaufsichtigt oder unabhängig von ihnen, durch die städtische Obrigkeit gegen
Cautien und jährliche Abgaben concessionirt, wechselten dieselben ebenfalls
Geldbetlägc und besorgten den Baartransport; sie liehen aber auch zinsbare
Darlehne gegen Pfänder, Bürgen und andere Sicherheit, nahmen Depositen und
schafften Wechselbriefe auf Bestellung, nur nicht nach entfernten Zahlungsorten.
An der Münzprägung indeß waren sie nicht betheiligt. Derartige Wechsler
wohnten in Lübeck z. B. 1290 zwei. Gherardus und Hinrikus. welche u. a.
dem indischen Gesandten in Flandern, Reinekinus Morncwech für die Stadt
Darlehn gaben; außerdem werden dort in demselben Jahre vier andere
Nebenwechsler genannt, welche für ihre Wechselbuden auf dem Markte dem
Rathe je fünf Mark jährlichen Miethzins zahlten. 1316 befanden sich in Luden?
bereits zwölf solcher Wechsler, welche, obgleich ihre Buden ihnen eigenthümlich
gehörten, dem Rathe jährlich je 12 Mark Abgaben zahlten; der Minimalsatz
der Abgaben war indeß 60 Mark, sodaß. wenn weniger als fünf Wechsler
dort wohnten, diese doch jedesmal 60 Mark, also jeder mehr als 12 Mark
steuern mußten; außerdem hinterlegten sie beim Rathe je 200 Mark Caution.
In gleicher Weise schieden sich in Hamburg Münzer und Wechsler seit dem
dreizehnten Jahrhundert. Viele der letzteren besaßen erbliche Wechsclbänte
(Buden) nahe dem Rathhause und der Börse, welche sie nach Belieben
wie andere Realrechte übertrugen. Eine Brüderschaft bildeten sie nicht, nur
ein Amt mit Amtsmeistern, ihre Abgaben vom Gewerbe oder den Buden
zahlten sie hier vielleicht an die Münzer; frühe schon wurden sie hier von dem
städtischen Münzmeister und Wardein verdrängt, denen der Rath auch den
Geldwechsel gestaltete.

Nebenwechsler in ganz ähnlicher Stellung und Thätigkeit wie jene findet
man dann auch in den preußischen und polnischen Städten, so in Danzig
Königsberg, Thorn, Krakau, Breslau, Brieg schon seit dem vierzehnten Jahr¬
hundert. Sie beschränken sich entweder darauf, für einen einzelnen Fürsten, für
den Rath einer Stadt, für jedermann Geld gegen Geld zu wechseln und Dar¬
lehn gegen Sicherheit zu geben, oder sie dehnten ihren Geschäftsbetrieb auf
Geldtransporte und Besorgung von Wechselbriefen selbst bis Süddeutschland
und Flandern hin aus. Italienische und niederländische Wechsler, die sich seit


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lung) baar und direct an den päpstlichen Hof gingen oder baar nach Flandern
und von Brügge dann durch die dortigen italienischen Zweigbanken in Form
Von Wechsclbriefcn nach Avignon wanderten, von deutschen und italienischen
Wechslern aus Krakau und Breslau baar oder in Wechselbnefen nach Italien
gesendet.

Neben diesen Kaufleuten endlich und jenen Münzern, zuweilen vielleicht
aus letzteren hervorgegangen, besorgten den Geldwechsel schon seit dem drei¬
zehnten Jahrhundert eine Reihe von Nebenwechslern, Von den Münzern
beaufsichtigt oder unabhängig von ihnen, durch die städtische Obrigkeit gegen
Cautien und jährliche Abgaben concessionirt, wechselten dieselben ebenfalls
Geldbetlägc und besorgten den Baartransport; sie liehen aber auch zinsbare
Darlehne gegen Pfänder, Bürgen und andere Sicherheit, nahmen Depositen und
schafften Wechselbriefe auf Bestellung, nur nicht nach entfernten Zahlungsorten.
An der Münzprägung indeß waren sie nicht betheiligt. Derartige Wechsler
wohnten in Lübeck z. B. 1290 zwei. Gherardus und Hinrikus. welche u. a.
dem indischen Gesandten in Flandern, Reinekinus Morncwech für die Stadt
Darlehn gaben; außerdem werden dort in demselben Jahre vier andere
Nebenwechsler genannt, welche für ihre Wechselbuden auf dem Markte dem
Rathe je fünf Mark jährlichen Miethzins zahlten. 1316 befanden sich in Luden?
bereits zwölf solcher Wechsler, welche, obgleich ihre Buden ihnen eigenthümlich
gehörten, dem Rathe jährlich je 12 Mark Abgaben zahlten; der Minimalsatz
der Abgaben war indeß 60 Mark, sodaß. wenn weniger als fünf Wechsler
dort wohnten, diese doch jedesmal 60 Mark, also jeder mehr als 12 Mark
steuern mußten; außerdem hinterlegten sie beim Rathe je 200 Mark Caution.
In gleicher Weise schieden sich in Hamburg Münzer und Wechsler seit dem
dreizehnten Jahrhundert. Viele der letzteren besaßen erbliche Wechsclbänte
(Buden) nahe dem Rathhause und der Börse, welche sie nach Belieben
wie andere Realrechte übertrugen. Eine Brüderschaft bildeten sie nicht, nur
ein Amt mit Amtsmeistern, ihre Abgaben vom Gewerbe oder den Buden
zahlten sie hier vielleicht an die Münzer; frühe schon wurden sie hier von dem
städtischen Münzmeister und Wardein verdrängt, denen der Rath auch den
Geldwechsel gestaltete.

Nebenwechsler in ganz ähnlicher Stellung und Thätigkeit wie jene findet
man dann auch in den preußischen und polnischen Städten, so in Danzig
Königsberg, Thorn, Krakau, Breslau, Brieg schon seit dem vierzehnten Jahr¬
hundert. Sie beschränken sich entweder darauf, für einen einzelnen Fürsten, für
den Rath einer Stadt, für jedermann Geld gegen Geld zu wechseln und Dar¬
lehn gegen Sicherheit zu geben, oder sie dehnten ihren Geschäftsbetrieb auf
Geldtransporte und Besorgung von Wechselbriefen selbst bis Süddeutschland
und Flandern hin aus. Italienische und niederländische Wechsler, die sich seit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/177>, abgerufen am 23.07.2024.