Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sonders das reiche Nachbarhaus zu recognosciren. Die Alte aller faßte sich ein
Heiz und beförderte ihn durch einen gewaltigen Stoß kopflings ihren Sachen
macht Die Leiche des Alt'imos wie die des Lamathos warfen die Räuber der
Sicherheit wegen ins Meer. Nachdem ihr durch solche Unglücksfälle der Aufent-
halt in Theben verleidet worden war, zog die Schaar nach dem nahen Platäa.
Dort wollte gerade ein angesehener, reicher Mann, Namens Demochares, ein
großartiges Gladiatoreiigefecht, verbunden mit einer Thierhetze dem Volke geben.
Die geübtesten Fechter, die gewandtesten Jäger standen bereit; Zimmerleute
und Maler waren in voller Arbeit, um die zur theatralischen Ausstattung des
Schauspiels gehörigen Gerüste. Maschinen und Coulissen auf das Glänzendste
herzustellen. Auch eine große Bienge theils gekaufter, theils geschenkter riesiger
Bären war bereits zusammengebracht, die bei dem Feste natürlich eine Haupt¬
rolle spielen sollten. Da brach plötzlich unter den Bestien eine an¬
steckende Krankheit aus, welche die meisten wegraffte und - man überließ
die dem Tode nahen Thiere dem Pöbel als leckeren Braten, ein Umstand,
der unsere Näuber auf einen äußerst verwegenen Plan brachte. Sie verschafften
sich einen der Todcscandidaten, zogen ihm das Fell ab und präparirten es zur
Aufnahme eines der Ihrige", der, in des Demochares Haus geführt, während
der Nacht seinen Kameraden Portierdienste leisten sollte. Die Wahl traf einen
gewissen Thrasylevn und nachdem man noch einen Brief im Namen eines thra-
kischen Gastfreunds geschrieben hatte, als dessen Geschenk der falsche Bruder
Petz ankommen sollte, überbrachten einige Räuber den Käsig gegen Abend dem
Demochares. Hocherfreut zahlte dieser ein gutes Douceur und wollte den Bären
sogleich in seinen Thiergarten außerhalb.der Stadt schaffen lassen. Dies war
natürlich den Gaunern keineswegs gelegen; sie redeten ihm eifrig ab und
empfahlen ihm, das Behältniß an einem schattigen und kühlen Ort des Hauses
aufzustellen, sieh selbst zu Wärtern und Wächtern anbietend. Letzteres lehnte
Demochares ab; doch ließ er den Bären im Hause. Die Räuber entdecken unter¬
dessen in einer entlegenen Gegend außer der Stadtmauer ein verfallenes Grab¬
monument und bestimmen die darin gefundenen Särge zur Aufnahme der zu
hoffenden Schätze, Um Mitternacht erscheinen die bewaffneten Gesellen am
Hause; Thrasylcon schlüpft aus seinem Zwinger, tödtet alle Wachen sammt
dem Thürhüter im Schlafe, riegelt die Thür auf und zeigt den Gefährten die
Kleinodicnkammer, worauf das Fortschleppen beginnt, während Einer an der
Thür Wache hält und der Pseudobär im Hause herumspaziert, um alle etwa
erwachenden Diener zurückzuscheuchen. Aber gerade in diesem Punkte täuschte
sich die umsichtige Berechnung. Denn ein Sklave, den das Geräusch erweckt hatte,
spähte leise aus seiner Zelle hervor und verkroch sich nicht wieder zitternd, als
er das Unthier frei umherlaufen sah, sondern schlich sich zu den Hausgenossen
und macht Lärm. Plötzlich stürzt das zahlreiche Gesinde des Hauses, mit


sonders das reiche Nachbarhaus zu recognosciren. Die Alte aller faßte sich ein
Heiz und beförderte ihn durch einen gewaltigen Stoß kopflings ihren Sachen
macht Die Leiche des Alt'imos wie die des Lamathos warfen die Räuber der
Sicherheit wegen ins Meer. Nachdem ihr durch solche Unglücksfälle der Aufent-
halt in Theben verleidet worden war, zog die Schaar nach dem nahen Platäa.
Dort wollte gerade ein angesehener, reicher Mann, Namens Demochares, ein
großartiges Gladiatoreiigefecht, verbunden mit einer Thierhetze dem Volke geben.
Die geübtesten Fechter, die gewandtesten Jäger standen bereit; Zimmerleute
und Maler waren in voller Arbeit, um die zur theatralischen Ausstattung des
Schauspiels gehörigen Gerüste. Maschinen und Coulissen auf das Glänzendste
herzustellen. Auch eine große Bienge theils gekaufter, theils geschenkter riesiger
Bären war bereits zusammengebracht, die bei dem Feste natürlich eine Haupt¬
rolle spielen sollten. Da brach plötzlich unter den Bestien eine an¬
steckende Krankheit aus, welche die meisten wegraffte und - man überließ
die dem Tode nahen Thiere dem Pöbel als leckeren Braten, ein Umstand,
der unsere Näuber auf einen äußerst verwegenen Plan brachte. Sie verschafften
sich einen der Todcscandidaten, zogen ihm das Fell ab und präparirten es zur
Aufnahme eines der Ihrige», der, in des Demochares Haus geführt, während
der Nacht seinen Kameraden Portierdienste leisten sollte. Die Wahl traf einen
gewissen Thrasylevn und nachdem man noch einen Brief im Namen eines thra-
kischen Gastfreunds geschrieben hatte, als dessen Geschenk der falsche Bruder
Petz ankommen sollte, überbrachten einige Räuber den Käsig gegen Abend dem
Demochares. Hocherfreut zahlte dieser ein gutes Douceur und wollte den Bären
sogleich in seinen Thiergarten außerhalb.der Stadt schaffen lassen. Dies war
natürlich den Gaunern keineswegs gelegen; sie redeten ihm eifrig ab und
empfahlen ihm, das Behältniß an einem schattigen und kühlen Ort des Hauses
aufzustellen, sieh selbst zu Wärtern und Wächtern anbietend. Letzteres lehnte
Demochares ab; doch ließ er den Bären im Hause. Die Räuber entdecken unter¬
dessen in einer entlegenen Gegend außer der Stadtmauer ein verfallenes Grab¬
monument und bestimmen die darin gefundenen Särge zur Aufnahme der zu
hoffenden Schätze, Um Mitternacht erscheinen die bewaffneten Gesellen am
Hause; Thrasylcon schlüpft aus seinem Zwinger, tödtet alle Wachen sammt
dem Thürhüter im Schlafe, riegelt die Thür auf und zeigt den Gefährten die
Kleinodicnkammer, worauf das Fortschleppen beginnt, während Einer an der
Thür Wache hält und der Pseudobär im Hause herumspaziert, um alle etwa
erwachenden Diener zurückzuscheuchen. Aber gerade in diesem Punkte täuschte
sich die umsichtige Berechnung. Denn ein Sklave, den das Geräusch erweckt hatte,
spähte leise aus seiner Zelle hervor und verkroch sich nicht wieder zitternd, als
er das Unthier frei umherlaufen sah, sondern schlich sich zu den Hausgenossen
und macht Lärm. Plötzlich stürzt das zahlreiche Gesinde des Hauses, mit


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0114" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282355"/>
          <p xml:id="ID_265" prev="#ID_264" next="#ID_266"> sonders das reiche Nachbarhaus zu recognosciren. Die Alte aller faßte sich ein<lb/>
Heiz und beförderte ihn durch einen gewaltigen Stoß kopflings ihren Sachen<lb/>
macht Die Leiche des Alt'imos wie die des Lamathos warfen die Räuber der<lb/>
Sicherheit wegen ins Meer. Nachdem ihr durch solche Unglücksfälle der Aufent-<lb/>
halt in Theben verleidet worden war, zog die Schaar nach dem nahen Platäa.<lb/>
Dort wollte gerade ein angesehener, reicher Mann, Namens Demochares, ein<lb/>
großartiges Gladiatoreiigefecht, verbunden mit einer Thierhetze dem Volke geben.<lb/>
Die geübtesten Fechter, die gewandtesten Jäger standen bereit; Zimmerleute<lb/>
und Maler waren in voller Arbeit, um die zur theatralischen Ausstattung des<lb/>
Schauspiels gehörigen Gerüste. Maschinen und Coulissen auf das Glänzendste<lb/>
herzustellen. Auch eine große Bienge theils gekaufter, theils geschenkter riesiger<lb/>
Bären war bereits zusammengebracht, die bei dem Feste natürlich eine Haupt¬<lb/>
rolle spielen sollten. Da brach plötzlich unter den Bestien eine an¬<lb/>
steckende Krankheit aus, welche die meisten wegraffte und - man überließ<lb/>
die dem Tode nahen Thiere dem Pöbel als leckeren Braten, ein Umstand,<lb/>
der unsere Näuber auf einen äußerst verwegenen Plan brachte. Sie verschafften<lb/>
sich einen der Todcscandidaten, zogen ihm das Fell ab und präparirten es zur<lb/>
Aufnahme eines der Ihrige», der, in des Demochares Haus geführt, während<lb/>
der Nacht seinen Kameraden Portierdienste leisten sollte. Die Wahl traf einen<lb/>
gewissen Thrasylevn und nachdem man noch einen Brief im Namen eines thra-<lb/>
kischen Gastfreunds geschrieben hatte, als dessen Geschenk der falsche Bruder<lb/>
Petz ankommen sollte, überbrachten einige Räuber den Käsig gegen Abend dem<lb/>
Demochares. Hocherfreut zahlte dieser ein gutes Douceur und wollte den Bären<lb/>
sogleich in seinen Thiergarten außerhalb.der Stadt schaffen lassen. Dies war<lb/>
natürlich den Gaunern keineswegs gelegen; sie redeten ihm eifrig ab und<lb/>
empfahlen ihm, das Behältniß an einem schattigen und kühlen Ort des Hauses<lb/>
aufzustellen, sieh selbst zu Wärtern und Wächtern anbietend. Letzteres lehnte<lb/>
Demochares ab; doch ließ er den Bären im Hause. Die Räuber entdecken unter¬<lb/>
dessen in einer entlegenen Gegend außer der Stadtmauer ein verfallenes Grab¬<lb/>
monument und bestimmen die darin gefundenen Särge zur Aufnahme der zu<lb/>
hoffenden Schätze, Um Mitternacht erscheinen die bewaffneten Gesellen am<lb/>
Hause; Thrasylcon schlüpft aus seinem Zwinger, tödtet alle Wachen sammt<lb/>
dem Thürhüter im Schlafe, riegelt die Thür auf und zeigt den Gefährten die<lb/>
Kleinodicnkammer, worauf das Fortschleppen beginnt, während Einer an der<lb/>
Thür Wache hält und der Pseudobär im Hause herumspaziert, um alle etwa<lb/>
erwachenden Diener zurückzuscheuchen. Aber gerade in diesem Punkte täuschte<lb/>
sich die umsichtige Berechnung. Denn ein Sklave, den das Geräusch erweckt hatte,<lb/>
spähte leise aus seiner Zelle hervor und verkroch sich nicht wieder zitternd, als<lb/>
er das Unthier frei umherlaufen sah, sondern schlich sich zu den Hausgenossen<lb/>
und macht Lärm.  Plötzlich stürzt das zahlreiche Gesinde des Hauses, mit</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0114] sonders das reiche Nachbarhaus zu recognosciren. Die Alte aller faßte sich ein Heiz und beförderte ihn durch einen gewaltigen Stoß kopflings ihren Sachen macht Die Leiche des Alt'imos wie die des Lamathos warfen die Räuber der Sicherheit wegen ins Meer. Nachdem ihr durch solche Unglücksfälle der Aufent- halt in Theben verleidet worden war, zog die Schaar nach dem nahen Platäa. Dort wollte gerade ein angesehener, reicher Mann, Namens Demochares, ein großartiges Gladiatoreiigefecht, verbunden mit einer Thierhetze dem Volke geben. Die geübtesten Fechter, die gewandtesten Jäger standen bereit; Zimmerleute und Maler waren in voller Arbeit, um die zur theatralischen Ausstattung des Schauspiels gehörigen Gerüste. Maschinen und Coulissen auf das Glänzendste herzustellen. Auch eine große Bienge theils gekaufter, theils geschenkter riesiger Bären war bereits zusammengebracht, die bei dem Feste natürlich eine Haupt¬ rolle spielen sollten. Da brach plötzlich unter den Bestien eine an¬ steckende Krankheit aus, welche die meisten wegraffte und - man überließ die dem Tode nahen Thiere dem Pöbel als leckeren Braten, ein Umstand, der unsere Näuber auf einen äußerst verwegenen Plan brachte. Sie verschafften sich einen der Todcscandidaten, zogen ihm das Fell ab und präparirten es zur Aufnahme eines der Ihrige», der, in des Demochares Haus geführt, während der Nacht seinen Kameraden Portierdienste leisten sollte. Die Wahl traf einen gewissen Thrasylevn und nachdem man noch einen Brief im Namen eines thra- kischen Gastfreunds geschrieben hatte, als dessen Geschenk der falsche Bruder Petz ankommen sollte, überbrachten einige Räuber den Käsig gegen Abend dem Demochares. Hocherfreut zahlte dieser ein gutes Douceur und wollte den Bären sogleich in seinen Thiergarten außerhalb.der Stadt schaffen lassen. Dies war natürlich den Gaunern keineswegs gelegen; sie redeten ihm eifrig ab und empfahlen ihm, das Behältniß an einem schattigen und kühlen Ort des Hauses aufzustellen, sieh selbst zu Wärtern und Wächtern anbietend. Letzteres lehnte Demochares ab; doch ließ er den Bären im Hause. Die Räuber entdecken unter¬ dessen in einer entlegenen Gegend außer der Stadtmauer ein verfallenes Grab¬ monument und bestimmen die darin gefundenen Särge zur Aufnahme der zu hoffenden Schätze, Um Mitternacht erscheinen die bewaffneten Gesellen am Hause; Thrasylcon schlüpft aus seinem Zwinger, tödtet alle Wachen sammt dem Thürhüter im Schlafe, riegelt die Thür auf und zeigt den Gefährten die Kleinodicnkammer, worauf das Fortschleppen beginnt, während Einer an der Thür Wache hält und der Pseudobär im Hause herumspaziert, um alle etwa erwachenden Diener zurückzuscheuchen. Aber gerade in diesem Punkte täuschte sich die umsichtige Berechnung. Denn ein Sklave, den das Geräusch erweckt hatte, spähte leise aus seiner Zelle hervor und verkroch sich nicht wieder zitternd, als er das Unthier frei umherlaufen sah, sondern schlich sich zu den Hausgenossen und macht Lärm. Plötzlich stürzt das zahlreiche Gesinde des Hauses, mit

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/114
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/114>, abgerufen am 23.07.2024.