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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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daß die Freude, welche der Kurfürst über die Nachricht kund gab, von den Leu¬
ten am Hofe wenig getheilt werde. Auch am kaiserlichen Hofe machte Buch,
so ehrenvoll er auch empfangen wurde, Wahrnehmungen von zwiespältiger Art.
Jetzt, gerade nach den neuen glänzende" Erfolgen Brandenburgs, mußte das
Emporkommen eines "wendischen Königs an der Ostsee" die Hose Eifersucht neu
rege machen, die im ersten kaiserlichen Minister Hvchcr den lebhaftesten Reprä¬
sentanten hatte. Ueberdieß wurden nun auch andere Alliirte des Kurfürsten
bedenklich und nützten die Gelegenheit, sich auf Gefahr Brandenburgs aus dem
Kriege zu ziehen. Holland hielt am schlechtesten Stand. Bei seinen Verhano-
iuugeu mit Kaiser und Reich stipulirte Ludwig der Vierzehnte geradezu ^die
Rückgabe der brandenburgischen Eroberungen an Schweden, und da das jetzt
Schande halber noch nicht zugestanden werden konnte, schürte er Polen gegen
den Kurfürsten, das diesem die Souverainetät in dem ehemals polnischen Lehn
Preußen hatte zugestehen müssen.

Friedrich Wilhelm aber war entschlossen, in der schwedischen Sache reine
Wirthschaft zu machen. Er sah sich fast auf die einzige Beihilfe Dänemarks
eingeschränkt, denn Holland machte wirklich, treulos genug, im Laufe des Som¬
mers seinen Separatfrieden mit Frankreich, und was vom Kaiser zu halten war,
darüber täuschte er sich nicht. Allein je größer die Gefahr, desto hoher sein
Muth. Er achtete es wenig. daß sich infolge der unaufhörlichen Strapazen
schlimme Krankheitsanfälle bei ihm einstellten, die ihn im Februar sogar dem Tode
nahe brachten. Trotzdem leitete er die ferneren Unternehmungen selbst. Ganz
Pommern sollte vollständig gesäubert werden; denn stand die politische Constclla
dio" so schlimm, wie es jetzt von allen Seiten den Anschein hatte, so konnte
er nur dann ein glückliches Ende hoffen, wen" er auf den größtmöglichen fac¬
tischen Erfolgen fußte.

Der nächste Schlag galt Stralsund. Zuvor aber mußte Rügen genommen
werden. Mit dem dänischen Admiral Grafen Tromp war der Lauf der Unter¬
nehmung schon in Berlin vereinbart; Buch fiel die vlrbeit zu. an der gan¬
zen hi"terpvmmcrschen Küste entlang Trcnisportkähne zusammenzutreiben. Peene-
münde bildete den Ausgangspunkt; dort wurde das brandenburgische Ge-<
schwader gesammelt. Den 11. September war die Einschiffung im Gange; ,
noch an demselben Abend erfolgte die Abfahrt der ersten Fahrzeuge, die
während der Nacht an der Kanalmündung vor Anker gingen; unterdeß
wurde die Cavallerie an Bord gebracht. Zur Deckung des ganzen Unter¬
nehmens w^r der Prinz von Homburg mit Reiterei bei Brandshagcn und
Stvlbeck. der clevischen Fähre auf Rügen gegenüber, postirt. Am ander" Tage
gings a" den von den Schweden versenkten Schiffen vorüber, zu den branden¬
burgischen Kriegs- und Transportschiffen, die den Kurfürsten bei der Ankunft
salutirte". Man mußte aber hier verweile". um die Reiterei zu erwarten. die


Grenzboten IV. 1864. 69 '

daß die Freude, welche der Kurfürst über die Nachricht kund gab, von den Leu¬
ten am Hofe wenig getheilt werde. Auch am kaiserlichen Hofe machte Buch,
so ehrenvoll er auch empfangen wurde, Wahrnehmungen von zwiespältiger Art.
Jetzt, gerade nach den neuen glänzende» Erfolgen Brandenburgs, mußte das
Emporkommen eines „wendischen Königs an der Ostsee" die Hose Eifersucht neu
rege machen, die im ersten kaiserlichen Minister Hvchcr den lebhaftesten Reprä¬
sentanten hatte. Ueberdieß wurden nun auch andere Alliirte des Kurfürsten
bedenklich und nützten die Gelegenheit, sich auf Gefahr Brandenburgs aus dem
Kriege zu ziehen. Holland hielt am schlechtesten Stand. Bei seinen Verhano-
iuugeu mit Kaiser und Reich stipulirte Ludwig der Vierzehnte geradezu ^die
Rückgabe der brandenburgischen Eroberungen an Schweden, und da das jetzt
Schande halber noch nicht zugestanden werden konnte, schürte er Polen gegen
den Kurfürsten, das diesem die Souverainetät in dem ehemals polnischen Lehn
Preußen hatte zugestehen müssen.

Friedrich Wilhelm aber war entschlossen, in der schwedischen Sache reine
Wirthschaft zu machen. Er sah sich fast auf die einzige Beihilfe Dänemarks
eingeschränkt, denn Holland machte wirklich, treulos genug, im Laufe des Som¬
mers seinen Separatfrieden mit Frankreich, und was vom Kaiser zu halten war,
darüber täuschte er sich nicht. Allein je größer die Gefahr, desto hoher sein
Muth. Er achtete es wenig. daß sich infolge der unaufhörlichen Strapazen
schlimme Krankheitsanfälle bei ihm einstellten, die ihn im Februar sogar dem Tode
nahe brachten. Trotzdem leitete er die ferneren Unternehmungen selbst. Ganz
Pommern sollte vollständig gesäubert werden; denn stand die politische Constclla
dio» so schlimm, wie es jetzt von allen Seiten den Anschein hatte, so konnte
er nur dann ein glückliches Ende hoffen, wen» er auf den größtmöglichen fac¬
tischen Erfolgen fußte.

Der nächste Schlag galt Stralsund. Zuvor aber mußte Rügen genommen
werden. Mit dem dänischen Admiral Grafen Tromp war der Lauf der Unter¬
nehmung schon in Berlin vereinbart; Buch fiel die vlrbeit zu. an der gan¬
zen hi»terpvmmcrschen Küste entlang Trcnisportkähne zusammenzutreiben. Peene-
münde bildete den Ausgangspunkt; dort wurde das brandenburgische Ge-<
schwader gesammelt. Den 11. September war die Einschiffung im Gange; ,
noch an demselben Abend erfolgte die Abfahrt der ersten Fahrzeuge, die
während der Nacht an der Kanalmündung vor Anker gingen; unterdeß
wurde die Cavallerie an Bord gebracht. Zur Deckung des ganzen Unter¬
nehmens w^r der Prinz von Homburg mit Reiterei bei Brandshagcn und
Stvlbeck. der clevischen Fähre auf Rügen gegenüber, postirt. Am ander» Tage
gings a» den von den Schweden versenkten Schiffen vorüber, zu den branden¬
burgischen Kriegs- und Transportschiffen, die den Kurfürsten bei der Ankunft
salutirte». Man mußte aber hier verweile». um die Reiterei zu erwarten. die


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[0469] daß die Freude, welche der Kurfürst über die Nachricht kund gab, von den Leu¬ ten am Hofe wenig getheilt werde. Auch am kaiserlichen Hofe machte Buch, so ehrenvoll er auch empfangen wurde, Wahrnehmungen von zwiespältiger Art. Jetzt, gerade nach den neuen glänzende» Erfolgen Brandenburgs, mußte das Emporkommen eines „wendischen Königs an der Ostsee" die Hose Eifersucht neu rege machen, die im ersten kaiserlichen Minister Hvchcr den lebhaftesten Reprä¬ sentanten hatte. Ueberdieß wurden nun auch andere Alliirte des Kurfürsten bedenklich und nützten die Gelegenheit, sich auf Gefahr Brandenburgs aus dem Kriege zu ziehen. Holland hielt am schlechtesten Stand. Bei seinen Verhano- iuugeu mit Kaiser und Reich stipulirte Ludwig der Vierzehnte geradezu ^die Rückgabe der brandenburgischen Eroberungen an Schweden, und da das jetzt Schande halber noch nicht zugestanden werden konnte, schürte er Polen gegen den Kurfürsten, das diesem die Souverainetät in dem ehemals polnischen Lehn Preußen hatte zugestehen müssen. Friedrich Wilhelm aber war entschlossen, in der schwedischen Sache reine Wirthschaft zu machen. Er sah sich fast auf die einzige Beihilfe Dänemarks eingeschränkt, denn Holland machte wirklich, treulos genug, im Laufe des Som¬ mers seinen Separatfrieden mit Frankreich, und was vom Kaiser zu halten war, darüber täuschte er sich nicht. Allein je größer die Gefahr, desto hoher sein Muth. Er achtete es wenig. daß sich infolge der unaufhörlichen Strapazen schlimme Krankheitsanfälle bei ihm einstellten, die ihn im Februar sogar dem Tode nahe brachten. Trotzdem leitete er die ferneren Unternehmungen selbst. Ganz Pommern sollte vollständig gesäubert werden; denn stand die politische Constclla dio» so schlimm, wie es jetzt von allen Seiten den Anschein hatte, so konnte er nur dann ein glückliches Ende hoffen, wen» er auf den größtmöglichen fac¬ tischen Erfolgen fußte. Der nächste Schlag galt Stralsund. Zuvor aber mußte Rügen genommen werden. Mit dem dänischen Admiral Grafen Tromp war der Lauf der Unter¬ nehmung schon in Berlin vereinbart; Buch fiel die vlrbeit zu. an der gan¬ zen hi»terpvmmcrschen Küste entlang Trcnisportkähne zusammenzutreiben. Peene- münde bildete den Ausgangspunkt; dort wurde das brandenburgische Ge-< schwader gesammelt. Den 11. September war die Einschiffung im Gange; , noch an demselben Abend erfolgte die Abfahrt der ersten Fahrzeuge, die während der Nacht an der Kanalmündung vor Anker gingen; unterdeß wurde die Cavallerie an Bord gebracht. Zur Deckung des ganzen Unter¬ nehmens w^r der Prinz von Homburg mit Reiterei bei Brandshagcn und Stvlbeck. der clevischen Fähre auf Rügen gegenüber, postirt. Am ander» Tage gings a» den von den Schweden versenkten Schiffen vorüber, zu den branden¬ burgischen Kriegs- und Transportschiffen, die den Kurfürsten bei der Ankunft salutirte». Man mußte aber hier verweile». um die Reiterei zu erwarten. die Grenzboten IV. 1864. 69 '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/469>, abgerufen am 03.07.2024.