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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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giments entkommen, kaum 70 werden gefangen, worunter kein einziger Offizier,
der Rest liegt todt, voran der Commandant Oberstleutenant Malzahn, "ein
sehr tapfrer Mann" -- sagt Buch -- "der in großer Achtung bei den Schwe¬
den stand; er starb ja auch gut!"

Es war ein merkwürdiger Sieg; aber nicht sowohl daß überhaupt, als
vielmehr wie gesiegt wurde, ist glorreich. 5000 Reiter mit 13 Geschützen hatten
7000 Mann schwedische Infanterie nebst 4000 Pferden und 38 Feldstücken total
geworfen und das mit einem Verlust, der weniger als ein Viertel von dem
der Schweden betrug; wenigstens berechnet ihn Buch nicht höher und andere
Berichte stimmen damit überein. Heiß genug freilich wars hergegangen, eine
hübsche Reihe Reiterheldenstückchen werden erzählt, die Buch, der selbst den
Pallasch nicht aus der Faust genommen hatte, nickt einzeln verfolgen konnte.
Der Kurfürst war immer im dichten Gewühl gesehen worden; die Beulen
der aufbewahrten Rüstungsstücke reden am besten davon, wie sehr er sich zu
thun machte.

Die Schweden zogen sich längs eines großen Sumpfes nach dem Dorfe
zurück. Der Schutz, den ihnen ihr linker Flügel dabei gewähren konnte, welcher
zum großen Theil aus Infanterie bestand, war hinreichend, um die Branden¬
burger, die ja nur Reiterei hatten, vom Angriff abzuhalten. Sie wurden jedoch
mit scharfer Fühlung eskortirt und beständig mit Geschütz beunruhigt. Der
Feind erwiederte, und nach Buchs Schilderung war es hier, wo Emanuel Fro¬
ren fiel; "eine Kugel nahm ihm unmittelbar bei Sr. Kfl. Di. das Bein ober¬
halb des Knies hinweg, woran er eine Stunde darauf starb; er war geliebt
vom ganzen Hofe und die ganze Armee beklagte ihn ebenso wie Se. Kfl. Di.
selbst." Die Geschichte vom Schimmel und von seiner treuen Aufopferung
findet durch Buch keine Bestätigung. Dieser Umstand, so auffällig er erscheint
reicht noch nicht hin. um sie zur Fabel zu stempeln. Unser Berichterstatter hat
vielleicht erst später von diesen Vorgängen erfahren, oder hat ihnen keinen Glau¬
ben beigemessen, oder hat aus Gründen geschwiegen. Bei Gelegenheit seiner
nächsten Reise, die ihn nach Minden führte, wo damals die Kurfürstin verweilte,
beklagt er das Fräulein v. Wangenheim, die mit Froben versprochen war.

Auch von der durch Heinrich von Kleists Drama so berühmt gewordenen
Affaire des Prinzen von Homburg schweigt Buch. Daß der Prinz es war, der
das Treffen zur Nothwendigkeit machte, während der Generalstab noch die Wahl
zu haben meinte, ist jedenfalls richtig, auch daß sein vorschneller Eifer umfassen-
dere Erfolge, die gänzliche Vernichtung der schwedischen Armee, wie sie Devff-
linger beabsichtigte, verhindert hat. geht aus seiner Schilderung hervor, falls
man nicht annehmen will, der Feldmarschall, welcher dem Heißsporn um seiner
oft unbedacht zufahrenden Art nicht besonders gewogen war. habe bei seinem
Widerspruch persönliche Mißstimmung vorwiegen lassen. Ebenso sicher scheint


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giments entkommen, kaum 70 werden gefangen, worunter kein einziger Offizier,
der Rest liegt todt, voran der Commandant Oberstleutenant Malzahn, „ein
sehr tapfrer Mann" — sagt Buch — „der in großer Achtung bei den Schwe¬
den stand; er starb ja auch gut!"

Es war ein merkwürdiger Sieg; aber nicht sowohl daß überhaupt, als
vielmehr wie gesiegt wurde, ist glorreich. 5000 Reiter mit 13 Geschützen hatten
7000 Mann schwedische Infanterie nebst 4000 Pferden und 38 Feldstücken total
geworfen und das mit einem Verlust, der weniger als ein Viertel von dem
der Schweden betrug; wenigstens berechnet ihn Buch nicht höher und andere
Berichte stimmen damit überein. Heiß genug freilich wars hergegangen, eine
hübsche Reihe Reiterheldenstückchen werden erzählt, die Buch, der selbst den
Pallasch nicht aus der Faust genommen hatte, nickt einzeln verfolgen konnte.
Der Kurfürst war immer im dichten Gewühl gesehen worden; die Beulen
der aufbewahrten Rüstungsstücke reden am besten davon, wie sehr er sich zu
thun machte.

Die Schweden zogen sich längs eines großen Sumpfes nach dem Dorfe
zurück. Der Schutz, den ihnen ihr linker Flügel dabei gewähren konnte, welcher
zum großen Theil aus Infanterie bestand, war hinreichend, um die Branden¬
burger, die ja nur Reiterei hatten, vom Angriff abzuhalten. Sie wurden jedoch
mit scharfer Fühlung eskortirt und beständig mit Geschütz beunruhigt. Der
Feind erwiederte, und nach Buchs Schilderung war es hier, wo Emanuel Fro¬
ren fiel; „eine Kugel nahm ihm unmittelbar bei Sr. Kfl. Di. das Bein ober¬
halb des Knies hinweg, woran er eine Stunde darauf starb; er war geliebt
vom ganzen Hofe und die ganze Armee beklagte ihn ebenso wie Se. Kfl. Di.
selbst." Die Geschichte vom Schimmel und von seiner treuen Aufopferung
findet durch Buch keine Bestätigung. Dieser Umstand, so auffällig er erscheint
reicht noch nicht hin. um sie zur Fabel zu stempeln. Unser Berichterstatter hat
vielleicht erst später von diesen Vorgängen erfahren, oder hat ihnen keinen Glau¬
ben beigemessen, oder hat aus Gründen geschwiegen. Bei Gelegenheit seiner
nächsten Reise, die ihn nach Minden führte, wo damals die Kurfürstin verweilte,
beklagt er das Fräulein v. Wangenheim, die mit Froben versprochen war.

Auch von der durch Heinrich von Kleists Drama so berühmt gewordenen
Affaire des Prinzen von Homburg schweigt Buch. Daß der Prinz es war, der
das Treffen zur Nothwendigkeit machte, während der Generalstab noch die Wahl
zu haben meinte, ist jedenfalls richtig, auch daß sein vorschneller Eifer umfassen-
dere Erfolge, die gänzliche Vernichtung der schwedischen Armee, wie sie Devff-
linger beabsichtigte, verhindert hat. geht aus seiner Schilderung hervor, falls
man nicht annehmen will, der Feldmarschall, welcher dem Heißsporn um seiner
oft unbedacht zufahrenden Art nicht besonders gewogen war. habe bei seinem
Widerspruch persönliche Mißstimmung vorwiegen lassen. Ebenso sicher scheint


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/431>, abgerufen am 22.07.2024.