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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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wie man vor "/" Jahren beim Zug nach dem Elsaß gewählt. Am 10,*) Juni
stand der Kurfürst bei Magdeburg.

Hier galt es nun, die entscheidende" Maßregeln zu treffen. Das Gros
der schwedischen Truppen hatte sich bei Brandenburg gesammelt, mit starken
Dctachirungen nach Havelberg und Nathenow. die Uebergänge der Havel be¬
obachtend. Alle Brücken bis Bellin waren unbrauchbar gemacht. Wollte man,
wie im Kriegsrath in Rede kam. den Fluß rechts umgehen, so wurde die links
der Elbe liegende Altmark zu sehr exponirt, die sich bisher der Schweden er¬
wehrt hatte; wollte man aber einen Frontangriff einleiten, so mußte man die
Infanterie vollständig zur Hand haben, die noch zurück war. Bis sie heran¬
gezogen würde, konnte der Feind davon Nachricht erkalten und Borkehrungen
treffen; um aber angesichts des Feindes über die Havel zu gehen, schien auch
die versammelte Armee nicht stark genug. Auf der andern Seite war es eben¬
falls zu gewagt, blos mit Cavallerie die Kernposition der Schweden anzugreifen.
Auf die Reiterei war man jedenfalls zumeist angewiesen, wenn auch eine Unter¬
stützung durch Infanterie unerläßlich schien; wo aber anpacken?

Es gab außer directem Anmarsch auf Brandenburg nur zwei Wege, die
Vermöge ihrer Brücken den Zugang zur feindlichen Stellung gewährten: ent¬
weder auf Havelberg oder auf Ratbenow. Jener Ort hatte, ausschließlich der
in der Stadt selbst lagernden Truppen, eine Deckung von einem ganzen Re¬
giment Infanterie; bei Nathenow dagegen war nur eine geringe Besatzung feind¬
licher Dragoner. Es wurde also hier durchzubrechen beschlossen. Die ganze
Cavallerie bekam Ordre zum schleunigen Vorrücken. 1000--1200 Mann In¬
fanterie, die, aus verschiedenen Corps zusammengelesen, von Götze und Dönhosf
geführt auf 120 Wagen transportirt wurden und Vorfichts halber auch einige
Kähne mitschleppen sollten, wurden nebst neun Stück Dreipfündern, zwei Zwölf-
Pfündern und zwei Haubitzen dem Zuge beigegeben, dessen Vortrapp die Dra¬
gonerregimenter Derfflinger und Bomsdorf bildeten. Am 12. Juni Abends
setzte sich Cavallerie und Infanterie in Marsch. Was die Eibe Passiren wollte,
wurde angehalten. Kurz vor dem Aufbruch wurde noch eine nicht unwichtige
Entdeckung gemacht. Ein schwedischer Spion, dem man die Folter zu kosten
geben mußte, sagte aus. er habe Briefschaften an den Commandanten der
Stadt Magdeburg, Oberst Schmidt gehabt. Dieser Biedermann verrieth auch
alsbald bei seiner Arretirung auf dem Walle dem Prinzen von Holstein seine
Schuld, indem er sich unaufgefordert entschuldigte.

Buch und "Herr Frvbenins" blieben die ganze Nacht vor dem Zimmer des
Kurfürsten, der am 13. Morgens um zwei Uhr aufstand, um sich an die Spitze



"> Wir behalten hier, wie es auch im eisten Abschnitte geschehen ist. das Datum alten
senes bei. welches bekanntlich um neun Tage zurück ist.

wie man vor "/» Jahren beim Zug nach dem Elsaß gewählt. Am 10,*) Juni
stand der Kurfürst bei Magdeburg.

Hier galt es nun, die entscheidende» Maßregeln zu treffen. Das Gros
der schwedischen Truppen hatte sich bei Brandenburg gesammelt, mit starken
Dctachirungen nach Havelberg und Nathenow. die Uebergänge der Havel be¬
obachtend. Alle Brücken bis Bellin waren unbrauchbar gemacht. Wollte man,
wie im Kriegsrath in Rede kam. den Fluß rechts umgehen, so wurde die links
der Elbe liegende Altmark zu sehr exponirt, die sich bisher der Schweden er¬
wehrt hatte; wollte man aber einen Frontangriff einleiten, so mußte man die
Infanterie vollständig zur Hand haben, die noch zurück war. Bis sie heran¬
gezogen würde, konnte der Feind davon Nachricht erkalten und Borkehrungen
treffen; um aber angesichts des Feindes über die Havel zu gehen, schien auch
die versammelte Armee nicht stark genug. Auf der andern Seite war es eben¬
falls zu gewagt, blos mit Cavallerie die Kernposition der Schweden anzugreifen.
Auf die Reiterei war man jedenfalls zumeist angewiesen, wenn auch eine Unter¬
stützung durch Infanterie unerläßlich schien; wo aber anpacken?

Es gab außer directem Anmarsch auf Brandenburg nur zwei Wege, die
Vermöge ihrer Brücken den Zugang zur feindlichen Stellung gewährten: ent¬
weder auf Havelberg oder auf Ratbenow. Jener Ort hatte, ausschließlich der
in der Stadt selbst lagernden Truppen, eine Deckung von einem ganzen Re¬
giment Infanterie; bei Nathenow dagegen war nur eine geringe Besatzung feind¬
licher Dragoner. Es wurde also hier durchzubrechen beschlossen. Die ganze
Cavallerie bekam Ordre zum schleunigen Vorrücken. 1000—1200 Mann In¬
fanterie, die, aus verschiedenen Corps zusammengelesen, von Götze und Dönhosf
geführt auf 120 Wagen transportirt wurden und Vorfichts halber auch einige
Kähne mitschleppen sollten, wurden nebst neun Stück Dreipfündern, zwei Zwölf-
Pfündern und zwei Haubitzen dem Zuge beigegeben, dessen Vortrapp die Dra¬
gonerregimenter Derfflinger und Bomsdorf bildeten. Am 12. Juni Abends
setzte sich Cavallerie und Infanterie in Marsch. Was die Eibe Passiren wollte,
wurde angehalten. Kurz vor dem Aufbruch wurde noch eine nicht unwichtige
Entdeckung gemacht. Ein schwedischer Spion, dem man die Folter zu kosten
geben mußte, sagte aus. er habe Briefschaften an den Commandanten der
Stadt Magdeburg, Oberst Schmidt gehabt. Dieser Biedermann verrieth auch
alsbald bei seiner Arretirung auf dem Walle dem Prinzen von Holstein seine
Schuld, indem er sich unaufgefordert entschuldigte.

Buch und „Herr Frvbenins" blieben die ganze Nacht vor dem Zimmer des
Kurfürsten, der am 13. Morgens um zwei Uhr aufstand, um sich an die Spitze



"> Wir behalten hier, wie es auch im eisten Abschnitte geschehen ist. das Datum alten
senes bei. welches bekanntlich um neun Tage zurück ist.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/425>, abgerufen am 03.07.2024.