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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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beim Fußvolk 2'/- Thlr.. wobei jedoch die geliefert wurde; bei der
schweren Reiterei 6 Thlr., bei den Dragonern, w^che die Mittelgattung zwischen
Infanterie und Cavallerie repräsentiren. nur 4 Thlr.; im Sommer über, wäh¬
rend das Pferd auf Grasung war, wurde dann noch IV2 Thlr. abgezogen.
Wenn die Naturalverpflegung eintrat, so bestand die Ration in 2 Pfund
Brod, 2 Maß Bier und l'/s Pfund Fleisch täglich, wofür der Betrag von
der Löhnung abgezogen wurde. ^'

Jede Compagnie Jnfanter^ hielt 3 Züge, inmitten jedesmal die Pikeniere;
4 Compagnien machten e/ ^.t^.lon, deren 2 das Regiment bildeten. Die
Gefechtsordnung schrieb ^ ^eder vor, 4 aus Musketieren, 3 aus Pikenieren
formirt. Beim Feuern gurg der Turnus von hinten nach vorn, indem zuerst
das sechste Glied schoß, während die übrigen fünf ins Knie fielen, dann kam
das fünfte dran und so vorwärts bis zum ersten. Bei den Pikenieren kniete
das erste Glied und streckte, während es zugleich den Degen zog, die an den
Fuß gestemmte Lanze vor; die nächsten Glieder blieben aufrecht stehn und fäll¬
ten ihre Waffe nach rückwärts zunehmend je eins höher als das andere.

Im Lager galt stets die Schlachtordnung. Es hatte bataillonsweise ge¬
ordnet seine Compagniegassen mit je 2S Zelten; die Piken wurden vor der
Cvmpagniefront in die Erde gestoßen, die Musketen an den Zeltpfähien auf¬
gehangen. Es war stets beobachtetes Herkommen, jedes Lager sofort zu ver¬
schanzen. Zum Schutz der Zugänge wurden die sogenannten "Schweinsledern"
angewendet. Balken, die mit Eisenspitzen bewehrt waren -- dies ist in kur¬
zen Zügen die Physiognomie der Armee des großen Kurfürsten, wie sie damals
war. Ueber Generäle und Offiziere fügen wir gelegentlich das Nöthigste bei.

Die Generalstaaten der Niederlande hatten gewünscht, der Kurfürst möchte
sich mit der im Hennegau gegen Cord6 fechtenden Armee des Prinzen von Ora-
nien vereinigen, von dessen Sieg bei Seres die Brandenburger in den ersten
Tagen ihres Marsches erfuhren. Er aber beschloß, sich an den Oberrhein zu
begeben, um dort den Marschall Turenne anzugreifen. Nachdem er den fran¬
zösischen Gesandten. Herrn v. Aerjuis, aus Berlin verwiesen und dem schwe¬
dischen, v. Wangclin, die Theilnahme an seinem Kriege angeboten, und seinen
Schwager, den Generalfeldmarschall Johann Georg von Anhalt-Dessau, mit
der Statthalterschaft der Mark betraut hatte, verließ der Kurfürst am 10. August
l674 Potsdam in Gesellschaft seiner Gemahlin, die ihn sehr häusig begleitete,
um mit seiner Armee auf ihrem Marsche zusammenzutreffen. Diese setzte sich
w erster Colonne unter Derfflinger am 8" in zweiter unter Görtzke, dem Com¬
mandanten der preußischen Infanterie, am 10. von Berlin aus in Bewegung.
Magdeburg traf er mit den Truppen zusammen, deren Bestand an Infanterie
(und zwar von den Regimentern Leibgarde, Kurprinz, Derfflinger, Götz Hol-
t em, Fargel, Domhof, Flemming, zusammen 8800 Mann;) an Kavallerie und


beim Fußvolk 2'/- Thlr.. wobei jedoch die geliefert wurde; bei der
schweren Reiterei 6 Thlr., bei den Dragonern, w^che die Mittelgattung zwischen
Infanterie und Cavallerie repräsentiren. nur 4 Thlr.; im Sommer über, wäh¬
rend das Pferd auf Grasung war, wurde dann noch IV2 Thlr. abgezogen.
Wenn die Naturalverpflegung eintrat, so bestand die Ration in 2 Pfund
Brod, 2 Maß Bier und l'/s Pfund Fleisch täglich, wofür der Betrag von
der Löhnung abgezogen wurde. ^'

Jede Compagnie Jnfanter^ hielt 3 Züge, inmitten jedesmal die Pikeniere;
4 Compagnien machten e/ ^.t^.lon, deren 2 das Regiment bildeten. Die
Gefechtsordnung schrieb ^ ^eder vor, 4 aus Musketieren, 3 aus Pikenieren
formirt. Beim Feuern gurg der Turnus von hinten nach vorn, indem zuerst
das sechste Glied schoß, während die übrigen fünf ins Knie fielen, dann kam
das fünfte dran und so vorwärts bis zum ersten. Bei den Pikenieren kniete
das erste Glied und streckte, während es zugleich den Degen zog, die an den
Fuß gestemmte Lanze vor; die nächsten Glieder blieben aufrecht stehn und fäll¬
ten ihre Waffe nach rückwärts zunehmend je eins höher als das andere.

Im Lager galt stets die Schlachtordnung. Es hatte bataillonsweise ge¬
ordnet seine Compagniegassen mit je 2S Zelten; die Piken wurden vor der
Cvmpagniefront in die Erde gestoßen, die Musketen an den Zeltpfähien auf¬
gehangen. Es war stets beobachtetes Herkommen, jedes Lager sofort zu ver¬
schanzen. Zum Schutz der Zugänge wurden die sogenannten „Schweinsledern"
angewendet. Balken, die mit Eisenspitzen bewehrt waren — dies ist in kur¬
zen Zügen die Physiognomie der Armee des großen Kurfürsten, wie sie damals
war. Ueber Generäle und Offiziere fügen wir gelegentlich das Nöthigste bei.

Die Generalstaaten der Niederlande hatten gewünscht, der Kurfürst möchte
sich mit der im Hennegau gegen Cord6 fechtenden Armee des Prinzen von Ora-
nien vereinigen, von dessen Sieg bei Seres die Brandenburger in den ersten
Tagen ihres Marsches erfuhren. Er aber beschloß, sich an den Oberrhein zu
begeben, um dort den Marschall Turenne anzugreifen. Nachdem er den fran¬
zösischen Gesandten. Herrn v. Aerjuis, aus Berlin verwiesen und dem schwe¬
dischen, v. Wangclin, die Theilnahme an seinem Kriege angeboten, und seinen
Schwager, den Generalfeldmarschall Johann Georg von Anhalt-Dessau, mit
der Statthalterschaft der Mark betraut hatte, verließ der Kurfürst am 10. August
l674 Potsdam in Gesellschaft seiner Gemahlin, die ihn sehr häusig begleitete,
um mit seiner Armee auf ihrem Marsche zusammenzutreffen. Diese setzte sich
w erster Colonne unter Derfflinger am 8„ in zweiter unter Görtzke, dem Com¬
mandanten der preußischen Infanterie, am 10. von Berlin aus in Bewegung.
Magdeburg traf er mit den Truppen zusammen, deren Bestand an Infanterie
(und zwar von den Regimentern Leibgarde, Kurprinz, Derfflinger, Götz Hol-
t em, Fargel, Domhof, Flemming, zusammen 8800 Mann;) an Kavallerie und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/371>, abgerufen am 22.07.2024.