Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

übertrug, nickt die Formation eines Stabes gestattete, der in Europa an Offi¬
zieren mindestens 25 Personen umfaßt hätte, sondern ihm trotz aller seiner
Gegenrede nur die seiner Charge als Major-General zukommenden drei Adjutanten
gab. -- Die auf jenem Kriegsschauplatz so schwierige Armceleitung wurde durch
diesen Mangel an Organisation, ja am Begriff einer Organisation fast un¬
möglich; ein Umstand, der ferner die Unklarheit und Langsamkeit aller Opera¬
tionen dieses Krieges erklärt.

Dazu kam, daß es ganz an Karten des Kriegsschauplatzes mangelte, die
Offiziere des Nordens auf demselben fremd waren und keiner die Kenntnisse
hatte, zu kroquiren und rasch ein Bild der Landschaft zu entwerfen. Da somit
jedes Fundament zum Generalstab fehlte?, ist es auch heute noch nicht gelungen,
geschulte und in der Leitung routinirte Offiziere in genügender Zahl bei den
Stäben zu sammeln und dadurch den General von allem Detail unabhängig
und zu großen Operationen fähig zu machen. Die Offiziere aus Europa,
welche in den amerikanischen Armeen Eintritt gefunden haben, bilden daher die
vorzüglichsten Bestandtheile der dortigen Generalstabe.

Die Truppen der Union, mit Ausnahme der erst in der Neuzeit wieder
gebildeten immer nur kleinen regulären Armee, gehören nicht der Regierung der
Republik, sondern den einzelnen Staaten an. Beim Ausbruch des Krieges
gaben diese die Errichtung von Regimentern dem ersten besten sich meldenden
Gelegenheitsmacher in Entreprise und wer ein Regiment stellte war dessen Com¬
mandeur und ernannte die Offiziere. Die bewaffnete Macht der Föderirten,
welche berufen war, dem Süden den Willen des Nordens aufzuzwingen, wurde
hierdurch ein Haufe durch Zufall und auf Zeit zusammengewürfelter Menschen,
von denen Führer so wenig wie Soldaten etwas von der Sache verstanden, und
in welchem jene weder durch Bildung noch äußere Lage, noch durch einen an¬
deren Umstand befähigt waren, eine Autorität gegen ihre Leute geltend zu
machen. Alle waren gleichberechtigt und gleichbeseelt im Beruf, alle wollten Gut
und Blut für die Sache einsetzen, aber jeder wollte es auf die ihm am besten
dünkende Art und dann thun, wenn er es für .geeignet hielt. Die Folge
war, daß bei der ersten Gelegenheit, wo es galt eine Schlacht zu schlagen,
alle zur Durchführung Eines Zweckes zu einigen, alle sich dem entzogen. --
Die bei Bull Rum und wiederholt der Art gemachten Erfahrungen haben dann
dazu geführt, die reguläre Armee zu vermehren, die Entreprise aufzugeben und
durch vom Staat ernannte Obersten und Offiziere die Regimenter mittels An¬
werbung zu formiren und zu completiren. Die neben der Staatenarmee ent¬
standene reguläre, dem Präsidenten untergebene Armee zählt 19 Regimenter
Infanterie g. 3 Bataillone, 6 Regimenter Cavallerie ^ 6 Escadrons und 5 Re¬
gimenter Artillerie K 12 Batterien. Die Jnfanteriercgimenter der Staaten
haben jedes nur ein Bataillon. Die Offiziere sind aber ebenso wenig wie die


übertrug, nickt die Formation eines Stabes gestattete, der in Europa an Offi¬
zieren mindestens 25 Personen umfaßt hätte, sondern ihm trotz aller seiner
Gegenrede nur die seiner Charge als Major-General zukommenden drei Adjutanten
gab. — Die auf jenem Kriegsschauplatz so schwierige Armceleitung wurde durch
diesen Mangel an Organisation, ja am Begriff einer Organisation fast un¬
möglich; ein Umstand, der ferner die Unklarheit und Langsamkeit aller Opera¬
tionen dieses Krieges erklärt.

Dazu kam, daß es ganz an Karten des Kriegsschauplatzes mangelte, die
Offiziere des Nordens auf demselben fremd waren und keiner die Kenntnisse
hatte, zu kroquiren und rasch ein Bild der Landschaft zu entwerfen. Da somit
jedes Fundament zum Generalstab fehlte?, ist es auch heute noch nicht gelungen,
geschulte und in der Leitung routinirte Offiziere in genügender Zahl bei den
Stäben zu sammeln und dadurch den General von allem Detail unabhängig
und zu großen Operationen fähig zu machen. Die Offiziere aus Europa,
welche in den amerikanischen Armeen Eintritt gefunden haben, bilden daher die
vorzüglichsten Bestandtheile der dortigen Generalstabe.

Die Truppen der Union, mit Ausnahme der erst in der Neuzeit wieder
gebildeten immer nur kleinen regulären Armee, gehören nicht der Regierung der
Republik, sondern den einzelnen Staaten an. Beim Ausbruch des Krieges
gaben diese die Errichtung von Regimentern dem ersten besten sich meldenden
Gelegenheitsmacher in Entreprise und wer ein Regiment stellte war dessen Com¬
mandeur und ernannte die Offiziere. Die bewaffnete Macht der Föderirten,
welche berufen war, dem Süden den Willen des Nordens aufzuzwingen, wurde
hierdurch ein Haufe durch Zufall und auf Zeit zusammengewürfelter Menschen,
von denen Führer so wenig wie Soldaten etwas von der Sache verstanden, und
in welchem jene weder durch Bildung noch äußere Lage, noch durch einen an¬
deren Umstand befähigt waren, eine Autorität gegen ihre Leute geltend zu
machen. Alle waren gleichberechtigt und gleichbeseelt im Beruf, alle wollten Gut
und Blut für die Sache einsetzen, aber jeder wollte es auf die ihm am besten
dünkende Art und dann thun, wenn er es für .geeignet hielt. Die Folge
war, daß bei der ersten Gelegenheit, wo es galt eine Schlacht zu schlagen,
alle zur Durchführung Eines Zweckes zu einigen, alle sich dem entzogen. —
Die bei Bull Rum und wiederholt der Art gemachten Erfahrungen haben dann
dazu geführt, die reguläre Armee zu vermehren, die Entreprise aufzugeben und
durch vom Staat ernannte Obersten und Offiziere die Regimenter mittels An¬
werbung zu formiren und zu completiren. Die neben der Staatenarmee ent¬
standene reguläre, dem Präsidenten untergebene Armee zählt 19 Regimenter
Infanterie g. 3 Bataillone, 6 Regimenter Cavallerie ^ 6 Escadrons und 5 Re¬
gimenter Artillerie K 12 Batterien. Die Jnfanteriercgimenter der Staaten
haben jedes nur ein Bataillon. Die Offiziere sind aber ebenso wenig wie die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0337" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189961"/>
            <p xml:id="ID_1160" prev="#ID_1159"> übertrug, nickt die Formation eines Stabes gestattete, der in Europa an Offi¬<lb/>
zieren mindestens 25 Personen umfaßt hätte, sondern ihm trotz aller seiner<lb/>
Gegenrede nur die seiner Charge als Major-General zukommenden drei Adjutanten<lb/>
gab. &#x2014; Die auf jenem Kriegsschauplatz so schwierige Armceleitung wurde durch<lb/>
diesen Mangel an Organisation, ja am Begriff einer Organisation fast un¬<lb/>
möglich; ein Umstand, der ferner die Unklarheit und Langsamkeit aller Opera¬<lb/>
tionen dieses Krieges erklärt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1161"> Dazu kam, daß es ganz an Karten des Kriegsschauplatzes mangelte, die<lb/>
Offiziere des Nordens auf demselben fremd waren und keiner die Kenntnisse<lb/>
hatte, zu kroquiren und rasch ein Bild der Landschaft zu entwerfen. Da somit<lb/>
jedes Fundament zum Generalstab fehlte?, ist es auch heute noch nicht gelungen,<lb/>
geschulte und in der Leitung routinirte Offiziere in genügender Zahl bei den<lb/>
Stäben zu sammeln und dadurch den General von allem Detail unabhängig<lb/>
und zu großen Operationen fähig zu machen. Die Offiziere aus Europa,<lb/>
welche in den amerikanischen Armeen Eintritt gefunden haben, bilden daher die<lb/>
vorzüglichsten Bestandtheile der dortigen Generalstabe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1162" next="#ID_1163"> Die Truppen der Union, mit Ausnahme der erst in der Neuzeit wieder<lb/>
gebildeten immer nur kleinen regulären Armee, gehören nicht der Regierung der<lb/>
Republik, sondern den einzelnen Staaten an. Beim Ausbruch des Krieges<lb/>
gaben diese die Errichtung von Regimentern dem ersten besten sich meldenden<lb/>
Gelegenheitsmacher in Entreprise und wer ein Regiment stellte war dessen Com¬<lb/>
mandeur und ernannte die Offiziere. Die bewaffnete Macht der Föderirten,<lb/>
welche berufen war, dem Süden den Willen des Nordens aufzuzwingen, wurde<lb/>
hierdurch ein Haufe durch Zufall und auf Zeit zusammengewürfelter Menschen,<lb/>
von denen Führer so wenig wie Soldaten etwas von der Sache verstanden, und<lb/>
in welchem jene weder durch Bildung noch äußere Lage, noch durch einen an¬<lb/>
deren Umstand befähigt waren, eine Autorität gegen ihre Leute geltend zu<lb/>
machen. Alle waren gleichberechtigt und gleichbeseelt im Beruf, alle wollten Gut<lb/>
und Blut für die Sache einsetzen, aber jeder wollte es auf die ihm am besten<lb/>
dünkende Art und dann thun, wenn er es für .geeignet hielt. Die Folge<lb/>
war, daß bei der ersten Gelegenheit, wo es galt eine Schlacht zu schlagen,<lb/>
alle zur Durchführung Eines Zweckes zu einigen, alle sich dem entzogen. &#x2014;<lb/>
Die bei Bull Rum und wiederholt der Art gemachten Erfahrungen haben dann<lb/>
dazu geführt, die reguläre Armee zu vermehren, die Entreprise aufzugeben und<lb/>
durch vom Staat ernannte Obersten und Offiziere die Regimenter mittels An¬<lb/>
werbung zu formiren und zu completiren. Die neben der Staatenarmee ent¬<lb/>
standene reguläre, dem Präsidenten untergebene Armee zählt 19 Regimenter<lb/>
Infanterie g. 3 Bataillone, 6 Regimenter Cavallerie ^ 6 Escadrons und 5 Re¬<lb/>
gimenter Artillerie K 12 Batterien. Die Jnfanteriercgimenter der Staaten<lb/>
haben jedes nur ein Bataillon. Die Offiziere sind aber ebenso wenig wie die</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0337] übertrug, nickt die Formation eines Stabes gestattete, der in Europa an Offi¬ zieren mindestens 25 Personen umfaßt hätte, sondern ihm trotz aller seiner Gegenrede nur die seiner Charge als Major-General zukommenden drei Adjutanten gab. — Die auf jenem Kriegsschauplatz so schwierige Armceleitung wurde durch diesen Mangel an Organisation, ja am Begriff einer Organisation fast un¬ möglich; ein Umstand, der ferner die Unklarheit und Langsamkeit aller Opera¬ tionen dieses Krieges erklärt. Dazu kam, daß es ganz an Karten des Kriegsschauplatzes mangelte, die Offiziere des Nordens auf demselben fremd waren und keiner die Kenntnisse hatte, zu kroquiren und rasch ein Bild der Landschaft zu entwerfen. Da somit jedes Fundament zum Generalstab fehlte?, ist es auch heute noch nicht gelungen, geschulte und in der Leitung routinirte Offiziere in genügender Zahl bei den Stäben zu sammeln und dadurch den General von allem Detail unabhängig und zu großen Operationen fähig zu machen. Die Offiziere aus Europa, welche in den amerikanischen Armeen Eintritt gefunden haben, bilden daher die vorzüglichsten Bestandtheile der dortigen Generalstabe. Die Truppen der Union, mit Ausnahme der erst in der Neuzeit wieder gebildeten immer nur kleinen regulären Armee, gehören nicht der Regierung der Republik, sondern den einzelnen Staaten an. Beim Ausbruch des Krieges gaben diese die Errichtung von Regimentern dem ersten besten sich meldenden Gelegenheitsmacher in Entreprise und wer ein Regiment stellte war dessen Com¬ mandeur und ernannte die Offiziere. Die bewaffnete Macht der Föderirten, welche berufen war, dem Süden den Willen des Nordens aufzuzwingen, wurde hierdurch ein Haufe durch Zufall und auf Zeit zusammengewürfelter Menschen, von denen Führer so wenig wie Soldaten etwas von der Sache verstanden, und in welchem jene weder durch Bildung noch äußere Lage, noch durch einen an¬ deren Umstand befähigt waren, eine Autorität gegen ihre Leute geltend zu machen. Alle waren gleichberechtigt und gleichbeseelt im Beruf, alle wollten Gut und Blut für die Sache einsetzen, aber jeder wollte es auf die ihm am besten dünkende Art und dann thun, wenn er es für .geeignet hielt. Die Folge war, daß bei der ersten Gelegenheit, wo es galt eine Schlacht zu schlagen, alle zur Durchführung Eines Zweckes zu einigen, alle sich dem entzogen. — Die bei Bull Rum und wiederholt der Art gemachten Erfahrungen haben dann dazu geführt, die reguläre Armee zu vermehren, die Entreprise aufzugeben und durch vom Staat ernannte Obersten und Offiziere die Regimenter mittels An¬ werbung zu formiren und zu completiren. Die neben der Staatenarmee ent¬ standene reguläre, dem Präsidenten untergebene Armee zählt 19 Regimenter Infanterie g. 3 Bataillone, 6 Regimenter Cavallerie ^ 6 Escadrons und 5 Re¬ gimenter Artillerie K 12 Batterien. Die Jnfanteriercgimenter der Staaten haben jedes nur ein Bataillon. Die Offiziere sind aber ebenso wenig wie die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/337
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/337>, abgerufen am 22.07.2024.