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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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so weit als thunlich aufzulösen und zu zerstreuen; andrerseits aber um eine
eigne Truppe, angeblich zur Unterdrückung von Sklavenaufständen, zu or-
ganisiren. -- Jefferson Davis, der frühere Kriegsminister der Union, wurde
Präsident der Consöderirten und formirte nunmehr mittelst der in den Zeug¬
häusern der Union aufgespeicherten Beständen, aus den vorhandenen Cadres der
regulären Armee und aus jener besondern Truppe eine Staatenarmee. Er
verstand es, die Conscription alsbald zum Gesetz zu machen und die Ernennung
der Offiziere und Beamten aus den Händen der einzelnen Staaten in die sei-
nigen zu bringen. Er hatte gegen die Nordarmee drei große Vorzüge bei Or¬
ganisation seiner Truppen, nämlich: im Offiziercorps.eine im Besehlgeben erzogene
Art von Aristokratie, für die Armceverwaltung ein eingeschultes, pflichtgetreues Be-
amtenthum, und für die Mannschaften eine an Unterordnung gewöhnte Bevölkerung.
Der Besitz, die Cultur, der Reichthum und der ganze Organismus concentrirt
sich im Süden auf die Plantagenbesitzer, deren Angehörige sofort die Offizier¬
stellen der Armee übernahmen und sich den von der Negierung gegebenen An¬
ordnungen bereitwillig fügten. Da der Zweck des Krieges die eigensten
Interessen ihrer Partei verfolgt, gehören sie mit ganzer Seele ihrem Berufe
an. -- Die Beamten der Südstaaten, aus den seit dem Bestehen der Republik
herrschenden Familien stammend, sind in Person und Sache conservative, ihrem
Amte ergebene und rvutinirte Männer. Es giebt hier eine von den Plantagen-
besitzern abhängige Classe von Beamten, welche gelernt haben, in die Pflich¬
ten ihres Amtes, sei es die Verwaltung des vom Einzelnen ihnen anvertrauten
Guts, sei es die Wahrnehmung einer Staatsstclle. den Zweck und die Ehre
ihres Lebens zu legen. Bei diesem Pflichtbewußtsein wird es leicht, mit ihnen
einen brauchbaren Organismus für die Armeevcrwaltung zu schaffen und die
großen Betrügereien von den Geschäften fern zu halten. -- Die niedere Be¬
völkerung des Südens ist arm und abhängig, dabei an harte Arbeit und Ent¬
sagung gewöhnt und löperlich kräftiger als der Norden, sie folgt willig dem
Ruf zur Fahne und sie lernt ebenso willig die zum SoldatenhandwerÜ nothwendigen
Formen, erkennt die unbedingte Autorität ihrer Offiziere an und ist frei von
Particularintercsscn. -- Die Südarmee bildet von vorn herein ein organisches
Ganze, das durch die Regierung fest gefügt war. Darin bestand und besteht
heute noch ihr Uebergewicht über den Norden. -- Zwei Schwächen aber hat
der Süden, welche in obigem Vergleich schwer zum Nachtheil wiegen: nämlich
die Sklaverei und der Mangel an Subsistenzmitteln für die Armee.

Die Sklavenbevölkerung von fast vier Millionen Seelen ist zwar in einzelnen,
sorgfältig getrennt gehaltenen Häuflein über eine ungeheure Fläche zerstreut,
seit langer Zeit in Unkenntniß über sich und die Welt gehalten, mit täglicher
harter Arbeit bedrückt und also zu einem organistrten Aufstand möglichst unfähig
gemacht, verlangt aber doch eine stete Aussicht, bildet eine stete Gefahr im Her-


so weit als thunlich aufzulösen und zu zerstreuen; andrerseits aber um eine
eigne Truppe, angeblich zur Unterdrückung von Sklavenaufständen, zu or-
ganisiren. — Jefferson Davis, der frühere Kriegsminister der Union, wurde
Präsident der Consöderirten und formirte nunmehr mittelst der in den Zeug¬
häusern der Union aufgespeicherten Beständen, aus den vorhandenen Cadres der
regulären Armee und aus jener besondern Truppe eine Staatenarmee. Er
verstand es, die Conscription alsbald zum Gesetz zu machen und die Ernennung
der Offiziere und Beamten aus den Händen der einzelnen Staaten in die sei-
nigen zu bringen. Er hatte gegen die Nordarmee drei große Vorzüge bei Or¬
ganisation seiner Truppen, nämlich: im Offiziercorps.eine im Besehlgeben erzogene
Art von Aristokratie, für die Armceverwaltung ein eingeschultes, pflichtgetreues Be-
amtenthum, und für die Mannschaften eine an Unterordnung gewöhnte Bevölkerung.
Der Besitz, die Cultur, der Reichthum und der ganze Organismus concentrirt
sich im Süden auf die Plantagenbesitzer, deren Angehörige sofort die Offizier¬
stellen der Armee übernahmen und sich den von der Negierung gegebenen An¬
ordnungen bereitwillig fügten. Da der Zweck des Krieges die eigensten
Interessen ihrer Partei verfolgt, gehören sie mit ganzer Seele ihrem Berufe
an. — Die Beamten der Südstaaten, aus den seit dem Bestehen der Republik
herrschenden Familien stammend, sind in Person und Sache conservative, ihrem
Amte ergebene und rvutinirte Männer. Es giebt hier eine von den Plantagen-
besitzern abhängige Classe von Beamten, welche gelernt haben, in die Pflich¬
ten ihres Amtes, sei es die Verwaltung des vom Einzelnen ihnen anvertrauten
Guts, sei es die Wahrnehmung einer Staatsstclle. den Zweck und die Ehre
ihres Lebens zu legen. Bei diesem Pflichtbewußtsein wird es leicht, mit ihnen
einen brauchbaren Organismus für die Armeevcrwaltung zu schaffen und die
großen Betrügereien von den Geschäften fern zu halten. — Die niedere Be¬
völkerung des Südens ist arm und abhängig, dabei an harte Arbeit und Ent¬
sagung gewöhnt und löperlich kräftiger als der Norden, sie folgt willig dem
Ruf zur Fahne und sie lernt ebenso willig die zum SoldatenhandwerÜ nothwendigen
Formen, erkennt die unbedingte Autorität ihrer Offiziere an und ist frei von
Particularintercsscn. — Die Südarmee bildet von vorn herein ein organisches
Ganze, das durch die Regierung fest gefügt war. Darin bestand und besteht
heute noch ihr Uebergewicht über den Norden. — Zwei Schwächen aber hat
der Süden, welche in obigem Vergleich schwer zum Nachtheil wiegen: nämlich
die Sklaverei und der Mangel an Subsistenzmitteln für die Armee.

Die Sklavenbevölkerung von fast vier Millionen Seelen ist zwar in einzelnen,
sorgfältig getrennt gehaltenen Häuflein über eine ungeheure Fläche zerstreut,
seit langer Zeit in Unkenntniß über sich und die Welt gehalten, mit täglicher
harter Arbeit bedrückt und also zu einem organistrten Aufstand möglichst unfähig
gemacht, verlangt aber doch eine stete Aussicht, bildet eine stete Gefahr im Her-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/334>, abgerufen am 22.07.2024.