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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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denen Bilde: "Maria und Johannes vom Grabe Christi kommend", einen
außerordentlichen Erfolg gehabt, der ihn bestimmte, in dieser Richtung fortzu¬
fahren und unsere Ausstellungen mit "schmerzenreichen Müttern" und Bildern
evangelischer Scenen zu beschicken. Jenes Erstlingswerkes frische und innig an-
muthcnde Wirkung wieder zu erreichen, ist ihm jedoch bisher nicht gelungen.
Sein diesmal ausgestelltes, "die Begegnung des auferstandnen Christus mit
Maria Magdalena", das in Form und Größe eine Art Pendant zu jenem bil¬
det, zeigt uns eine Christusgestalt, deren Schönheit hart an die Grenze ganz
moderner Eleganz streift, und eine knieende Magdalena, deren Empfindungen
wir aus ihrer naiven Rückseite errathen müssen, denn sie zeigt fast nur diese.
Eine gewisse feine Harmonie der Farbenstimmung und schöne malerische Technik
fehlen einem Bilde Plockhorsts nie. Julius Hübners nicht minder elegante und
trotz allen Effekts im Colorit dennoch gemüthlvse Pietu-Variation "Magdalena am
Leichnam Christi" zeigt Vortrag, aber keinen erwärmenden Inhalt. Fräulein
Anna Schiel) malt die beiden Marien am Grabe Christi. Unklar in der
Intention, wenig von dem Ernst eines echten religiösen Stils, aber -doch
immerhin eine sehr erfreuliche Schöpfung. Die Dame hat bereits an Por¬
träts ein seltenes Farbentalent bewiesen; hier wird nun die Farbe zum wesent¬
lichsten Factor der poetischen Wirkung. Ihre tiefe Wärme, ihr Leuchten und
ihr Helldunkel sowie die ganze Technik weist der Künstlerin einen ehrenvollen
Rang nnter unsern Coloristen an. Dazu kommt eine schöne Innerlichkeit, aus
der das ganze Werk ersichtlich heraus erzeugt ist. H. v. B l o in der g, der Dichter
und erfindungsreichste Maier, den ich weiß, ist leider auf unseren Ausstellungen
selten in seiner ganzen schöpferischen Kraft kennen zu lernen. Diese strömt in
einer unerhörten Fülle von Farbenskizzen aus, welche seine Mappen füllen,
ihre Stoffe der Dichtung wie der Geschichte, der heiligen Legende, der Welt
der Dämonen wie zuweilen wieder der einfachen Wirklichkeit entlehnen und be¬
sonders in Hinficht auf wahrhaft poetische Farbe hervorragen. Von dieser
geht auch seinen wenigen ausgeführten Bildern nichts verloren, mit denen er
zuweilen Ausstellungen beschickt; seine Ausführung aber kommt niemals weit
über das Skizzenhafte hinaus. Auf dem kleinen Gemälde, daß er diesmal
eingesandt hat "Christus mit den beiden Jüngern auf Emmaus zuwandelnd",
läßt sich beides beobachten. Die Zeichnung der Gestalten bleibt locker und un¬
bestimmt und die malerische Gesammtwirkung ist gleichwohl die poetischste, der
Stimmung jener Scene entsprechendste, die gegeben werden konnte. Zwei fast
gleichnamige berliner Künstler, Prof. O. Heyden und A. v. Heyden haben
uns Bilder weiblicher Heiligen der Legende gegeben; jener Se. Cäcilie-, dieser
Se. Barbara. Die Patronin der Musik sitzt vor der Orgel in begeistertem
Spiel und Lobgesang begriffen. Der aufgerichtete schöne Jungfrauenkopf drückt
freilich weit mehr nervöse künstlerische Erregtheit als fromme Erhebung aus,


denen Bilde: „Maria und Johannes vom Grabe Christi kommend", einen
außerordentlichen Erfolg gehabt, der ihn bestimmte, in dieser Richtung fortzu¬
fahren und unsere Ausstellungen mit „schmerzenreichen Müttern" und Bildern
evangelischer Scenen zu beschicken. Jenes Erstlingswerkes frische und innig an-
muthcnde Wirkung wieder zu erreichen, ist ihm jedoch bisher nicht gelungen.
Sein diesmal ausgestelltes, „die Begegnung des auferstandnen Christus mit
Maria Magdalena", das in Form und Größe eine Art Pendant zu jenem bil¬
det, zeigt uns eine Christusgestalt, deren Schönheit hart an die Grenze ganz
moderner Eleganz streift, und eine knieende Magdalena, deren Empfindungen
wir aus ihrer naiven Rückseite errathen müssen, denn sie zeigt fast nur diese.
Eine gewisse feine Harmonie der Farbenstimmung und schöne malerische Technik
fehlen einem Bilde Plockhorsts nie. Julius Hübners nicht minder elegante und
trotz allen Effekts im Colorit dennoch gemüthlvse Pietu-Variation „Magdalena am
Leichnam Christi" zeigt Vortrag, aber keinen erwärmenden Inhalt. Fräulein
Anna Schiel) malt die beiden Marien am Grabe Christi. Unklar in der
Intention, wenig von dem Ernst eines echten religiösen Stils, aber -doch
immerhin eine sehr erfreuliche Schöpfung. Die Dame hat bereits an Por¬
träts ein seltenes Farbentalent bewiesen; hier wird nun die Farbe zum wesent¬
lichsten Factor der poetischen Wirkung. Ihre tiefe Wärme, ihr Leuchten und
ihr Helldunkel sowie die ganze Technik weist der Künstlerin einen ehrenvollen
Rang nnter unsern Coloristen an. Dazu kommt eine schöne Innerlichkeit, aus
der das ganze Werk ersichtlich heraus erzeugt ist. H. v. B l o in der g, der Dichter
und erfindungsreichste Maier, den ich weiß, ist leider auf unseren Ausstellungen
selten in seiner ganzen schöpferischen Kraft kennen zu lernen. Diese strömt in
einer unerhörten Fülle von Farbenskizzen aus, welche seine Mappen füllen,
ihre Stoffe der Dichtung wie der Geschichte, der heiligen Legende, der Welt
der Dämonen wie zuweilen wieder der einfachen Wirklichkeit entlehnen und be¬
sonders in Hinficht auf wahrhaft poetische Farbe hervorragen. Von dieser
geht auch seinen wenigen ausgeführten Bildern nichts verloren, mit denen er
zuweilen Ausstellungen beschickt; seine Ausführung aber kommt niemals weit
über das Skizzenhafte hinaus. Auf dem kleinen Gemälde, daß er diesmal
eingesandt hat „Christus mit den beiden Jüngern auf Emmaus zuwandelnd",
läßt sich beides beobachten. Die Zeichnung der Gestalten bleibt locker und un¬
bestimmt und die malerische Gesammtwirkung ist gleichwohl die poetischste, der
Stimmung jener Scene entsprechendste, die gegeben werden konnte. Zwei fast
gleichnamige berliner Künstler, Prof. O. Heyden und A. v. Heyden haben
uns Bilder weiblicher Heiligen der Legende gegeben; jener Se. Cäcilie-, dieser
Se. Barbara. Die Patronin der Musik sitzt vor der Orgel in begeistertem
Spiel und Lobgesang begriffen. Der aufgerichtete schöne Jungfrauenkopf drückt
freilich weit mehr nervöse künstlerische Erregtheit als fromme Erhebung aus,


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[0278] denen Bilde: „Maria und Johannes vom Grabe Christi kommend", einen außerordentlichen Erfolg gehabt, der ihn bestimmte, in dieser Richtung fortzu¬ fahren und unsere Ausstellungen mit „schmerzenreichen Müttern" und Bildern evangelischer Scenen zu beschicken. Jenes Erstlingswerkes frische und innig an- muthcnde Wirkung wieder zu erreichen, ist ihm jedoch bisher nicht gelungen. Sein diesmal ausgestelltes, „die Begegnung des auferstandnen Christus mit Maria Magdalena", das in Form und Größe eine Art Pendant zu jenem bil¬ det, zeigt uns eine Christusgestalt, deren Schönheit hart an die Grenze ganz moderner Eleganz streift, und eine knieende Magdalena, deren Empfindungen wir aus ihrer naiven Rückseite errathen müssen, denn sie zeigt fast nur diese. Eine gewisse feine Harmonie der Farbenstimmung und schöne malerische Technik fehlen einem Bilde Plockhorsts nie. Julius Hübners nicht minder elegante und trotz allen Effekts im Colorit dennoch gemüthlvse Pietu-Variation „Magdalena am Leichnam Christi" zeigt Vortrag, aber keinen erwärmenden Inhalt. Fräulein Anna Schiel) malt die beiden Marien am Grabe Christi. Unklar in der Intention, wenig von dem Ernst eines echten religiösen Stils, aber -doch immerhin eine sehr erfreuliche Schöpfung. Die Dame hat bereits an Por¬ träts ein seltenes Farbentalent bewiesen; hier wird nun die Farbe zum wesent¬ lichsten Factor der poetischen Wirkung. Ihre tiefe Wärme, ihr Leuchten und ihr Helldunkel sowie die ganze Technik weist der Künstlerin einen ehrenvollen Rang nnter unsern Coloristen an. Dazu kommt eine schöne Innerlichkeit, aus der das ganze Werk ersichtlich heraus erzeugt ist. H. v. B l o in der g, der Dichter und erfindungsreichste Maier, den ich weiß, ist leider auf unseren Ausstellungen selten in seiner ganzen schöpferischen Kraft kennen zu lernen. Diese strömt in einer unerhörten Fülle von Farbenskizzen aus, welche seine Mappen füllen, ihre Stoffe der Dichtung wie der Geschichte, der heiligen Legende, der Welt der Dämonen wie zuweilen wieder der einfachen Wirklichkeit entlehnen und be¬ sonders in Hinficht auf wahrhaft poetische Farbe hervorragen. Von dieser geht auch seinen wenigen ausgeführten Bildern nichts verloren, mit denen er zuweilen Ausstellungen beschickt; seine Ausführung aber kommt niemals weit über das Skizzenhafte hinaus. Auf dem kleinen Gemälde, daß er diesmal eingesandt hat „Christus mit den beiden Jüngern auf Emmaus zuwandelnd", läßt sich beides beobachten. Die Zeichnung der Gestalten bleibt locker und un¬ bestimmt und die malerische Gesammtwirkung ist gleichwohl die poetischste, der Stimmung jener Scene entsprechendste, die gegeben werden konnte. Zwei fast gleichnamige berliner Künstler, Prof. O. Heyden und A. v. Heyden haben uns Bilder weiblicher Heiligen der Legende gegeben; jener Se. Cäcilie-, dieser Se. Barbara. Die Patronin der Musik sitzt vor der Orgel in begeistertem Spiel und Lobgesang begriffen. Der aufgerichtete schöne Jungfrauenkopf drückt freilich weit mehr nervöse künstlerische Erregtheit als fromme Erhebung aus,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/278>, abgerufen am 01.07.2024.