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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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unumwunden, daß von einer weiteren Subvention keine Rede sein könne. Der
Eindruck dieser Erklärung war ein gewaltiger und die Directionen mehrer Bah¬
nen beschlossen sofort die Zahlung der Dividende an die Actionäre so lange
einzustellen, bis die Regierung ihren Zusagen nachkommen würde. Doch ist zu
hoffen, daß die von den Bahnverwaltungen erhobenen Processe wenigstens noch
für dieses Mal zu einem friedlichen Ausgleiche führen werden. Die Theißbahn,
deren Actien nach und nach in den Besitz der Creditanstalt gelangt sind, befindet
sich zwar ebenfalls in höchst mißlicher Lage, kann aber wenigstens eine kleine
Dividende zahlen. Aehnliches gilt von der böhmischen Westbahn, d°er Aussig-
Teplitzer und mehren kleineren.

So zeigen also nur die Verhältnisse der Nordbahn und neben ihr etwa
nur die der Südbahn ein wirklich befriedigendes Bild. Erstere hat nach dem
letzten Jahresabschluß ihren Actionären volle Is Procent ausgezahlt. Berück¬
sichtigt man aber die zweimalige Emission der aus den alten entstandenen neuen
Actien, so zeigt sich daß derjenige, welcher seine Actien vor etwa 20 Jahren
kaufte, sein Capital verfünffacht hat. Doch scheint sich diese Bahn einem Wende¬
punkte zu nähern. Die Oberleitung derselben ist nämlich kürzlich in andere Hände
übergegangen und es ist das Resultat hiervon noch abzuwarten, so heftig sich
auch bisher fast die gescunmte Presse gegen die ins Leben gerufenen Reformen
erklärt hat.

Trotz so vielfältiger bitterer Erfahrungen setzt man abermals die unge¬
messensten Hoffnungen auf mehre erst projectirte Bahnen, z, B. auf die sieben-
bürgische, kroatisch-fiumanische und namentlich auf die Lemberg-Czernowitzer
Eisenbahn. Die günstigsten Aussichten indeß dürfte diejenige Strecke für sich
haben, welche die directe Verbindung zwischen der Nordbahn und böhmischen
Westbahn vermitteln soll. Ihr Bau war seiner Zeit Gegenstand eines viel¬
besprochenen Processes zwischen der Staats- und Nordbahn, ist endlich der letz¬
teren bewilligt, merkwürdigerweise aber erst neuerdings in ernstere Erwägung
gezogen worden. --




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unumwunden, daß von einer weiteren Subvention keine Rede sein könne. Der
Eindruck dieser Erklärung war ein gewaltiger und die Directionen mehrer Bah¬
nen beschlossen sofort die Zahlung der Dividende an die Actionäre so lange
einzustellen, bis die Regierung ihren Zusagen nachkommen würde. Doch ist zu
hoffen, daß die von den Bahnverwaltungen erhobenen Processe wenigstens noch
für dieses Mal zu einem friedlichen Ausgleiche führen werden. Die Theißbahn,
deren Actien nach und nach in den Besitz der Creditanstalt gelangt sind, befindet
sich zwar ebenfalls in höchst mißlicher Lage, kann aber wenigstens eine kleine
Dividende zahlen. Aehnliches gilt von der böhmischen Westbahn, d°er Aussig-
Teplitzer und mehren kleineren.

So zeigen also nur die Verhältnisse der Nordbahn und neben ihr etwa
nur die der Südbahn ein wirklich befriedigendes Bild. Erstere hat nach dem
letzten Jahresabschluß ihren Actionären volle Is Procent ausgezahlt. Berück¬
sichtigt man aber die zweimalige Emission der aus den alten entstandenen neuen
Actien, so zeigt sich daß derjenige, welcher seine Actien vor etwa 20 Jahren
kaufte, sein Capital verfünffacht hat. Doch scheint sich diese Bahn einem Wende¬
punkte zu nähern. Die Oberleitung derselben ist nämlich kürzlich in andere Hände
übergegangen und es ist das Resultat hiervon noch abzuwarten, so heftig sich
auch bisher fast die gescunmte Presse gegen die ins Leben gerufenen Reformen
erklärt hat.

Trotz so vielfältiger bitterer Erfahrungen setzt man abermals die unge¬
messensten Hoffnungen auf mehre erst projectirte Bahnen, z, B. auf die sieben-
bürgische, kroatisch-fiumanische und namentlich auf die Lemberg-Czernowitzer
Eisenbahn. Die günstigsten Aussichten indeß dürfte diejenige Strecke für sich
haben, welche die directe Verbindung zwischen der Nordbahn und böhmischen
Westbahn vermitteln soll. Ihr Bau war seiner Zeit Gegenstand eines viel¬
besprochenen Processes zwischen der Staats- und Nordbahn, ist endlich der letz¬
teren bewilligt, merkwürdigerweise aber erst neuerdings in ernstere Erwägung
gezogen worden. —




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[0231] unumwunden, daß von einer weiteren Subvention keine Rede sein könne. Der Eindruck dieser Erklärung war ein gewaltiger und die Directionen mehrer Bah¬ nen beschlossen sofort die Zahlung der Dividende an die Actionäre so lange einzustellen, bis die Regierung ihren Zusagen nachkommen würde. Doch ist zu hoffen, daß die von den Bahnverwaltungen erhobenen Processe wenigstens noch für dieses Mal zu einem friedlichen Ausgleiche führen werden. Die Theißbahn, deren Actien nach und nach in den Besitz der Creditanstalt gelangt sind, befindet sich zwar ebenfalls in höchst mißlicher Lage, kann aber wenigstens eine kleine Dividende zahlen. Aehnliches gilt von der böhmischen Westbahn, d°er Aussig- Teplitzer und mehren kleineren. So zeigen also nur die Verhältnisse der Nordbahn und neben ihr etwa nur die der Südbahn ein wirklich befriedigendes Bild. Erstere hat nach dem letzten Jahresabschluß ihren Actionären volle Is Procent ausgezahlt. Berück¬ sichtigt man aber die zweimalige Emission der aus den alten entstandenen neuen Actien, so zeigt sich daß derjenige, welcher seine Actien vor etwa 20 Jahren kaufte, sein Capital verfünffacht hat. Doch scheint sich diese Bahn einem Wende¬ punkte zu nähern. Die Oberleitung derselben ist nämlich kürzlich in andere Hände übergegangen und es ist das Resultat hiervon noch abzuwarten, so heftig sich auch bisher fast die gescunmte Presse gegen die ins Leben gerufenen Reformen erklärt hat. Trotz so vielfältiger bitterer Erfahrungen setzt man abermals die unge¬ messensten Hoffnungen auf mehre erst projectirte Bahnen, z, B. auf die sieben- bürgische, kroatisch-fiumanische und namentlich auf die Lemberg-Czernowitzer Eisenbahn. Die günstigsten Aussichten indeß dürfte diejenige Strecke für sich haben, welche die directe Verbindung zwischen der Nordbahn und böhmischen Westbahn vermitteln soll. Ihr Bau war seiner Zeit Gegenstand eines viel¬ besprochenen Processes zwischen der Staats- und Nordbahn, ist endlich der letz¬ teren bewilligt, merkwürdigerweise aber erst neuerdings in ernstere Erwägung gezogen worden. — 29'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/231>, abgerufen am 03.07.2024.