Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.selben staatlichen Gemeinschaften zu Theil werden kann. Man darf fast behaupt Dies anfangs einfache Verhältniß wird auf die mannigfaltigste Weise durch Der Kreis der Stadtverwaltung ist durch die Städteordnung von 1835 Vor allem kam es nun daraus an. dem infolge der Mißbildungen der verflosse¬ Grenzboten IV. 1864. 23
selben staatlichen Gemeinschaften zu Theil werden kann. Man darf fast behaupt Dies anfangs einfache Verhältniß wird auf die mannigfaltigste Weise durch Der Kreis der Stadtverwaltung ist durch die Städteordnung von 1835 Vor allem kam es nun daraus an. dem infolge der Mißbildungen der verflosse¬ Grenzboten IV. 1864. 23
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0181" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189805"/> <p xml:id="ID_670" prev="#ID_669"> selben staatlichen Gemeinschaften zu Theil werden kann. Man darf fast behaupt<lb/> ten, daß den Engländern der Begriff Stadt im continentalen Sinne ganz fehlt.<lb/> City ist nur ein Ehrentitel ohne politische Bedeutung. Die Loi-ougw (dies<lb/> ist der allgemeine Name für Stadt im rechtlichen Sinne) verdauten ihre Bil¬<lb/> dung nicht sowohl dem Streben »ach selbständiger Aussonderung aus dem<lb/> Staatsverbande, als vielmehr den Polizei- und Finanzbedürfnissen des Staates.<lb/> Wie analog ihre Stellung den durchaus dem Staatszwecke dienenden Graf-<lb/> schaftsverbänden ist, ergiebt sich schon daraus, daß der höchste Grad von Selb¬<lb/> ständigkeit, den eine Stadt erreichen kann, der ist, daß sie selbst eine Graf¬<lb/> schaft bildet, eine Stellung, die im Ganzen 19 Städte einnehmen. Die übri¬<lb/> gen bilden, wie schon an einer andern Stelle gezeigt ist, integrirende Theile der<lb/> Grafschaft, allerdings mit einzelnen Attributen, die ihre Analogie nicht in der<lb/> Verfassung der Uuierabtheilung der Grafschaft, sondern in der Verfassung die¬<lb/> ser selbst finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_671"> Dies anfangs einfache Verhältniß wird auf die mannigfaltigste Weise durch<lb/> die Jncorvorationvcharten modificirt. Von diesen incorporirten Städten (irru-<lb/> uiciv^l hol'onjM) sind wohl zu unterscheiden die purliu.iuvutu.r^ b^iouglrs.<lb/> Der Ausdruck kaiMnnzutg,^ boruu^IiL bezeichnet nämlich nur, daß eine Ort¬<lb/> schaft ursprünglich als selbständiger Steuerkörper im Unterhause vertreten ist,<lb/> ohne daß darin irgendwie der Begriff der städtischen Verfassung »ut eingeschlossen<lb/> wäre. Uebrigens sind die beiden Qualitäten vielfach vereinigt, da die meisten<lb/> Wahlflecken zugleich auch municipal borouk'Ir-z sind. Folgerichtig bezieht sich<lb/> die Städteordnung zunächst nur auf Städte, die von Alters her eine incvrpo-<lb/> rirte Verfassung haben. Sie wurde sofort 178 Städten ertheilt mit Vor¬<lb/> behalt weiterer Ertheilung durch königliche Charte. So ergiebt sich gegenwär¬<lb/> tig folgende Classificirung: 1) 163 Städte sind munieivirl auel Mi'ki-rmkuwi^<lb/> borougds, 2) 4V muiüeixal dorvuLNL, 3) 83 purlimuvutar/ borougli»,<lb/> 4) 284 Städte haben weder PaUamcnts- noch Municipalrechte, falten also<lb/> streng genommen gar nicht unter den Begriff Stadt in staatsrechtlichen Sinne.</p><lb/> <p xml:id="ID_672"> Der Kreis der Stadtverwaltung ist durch die Städteordnung von 1835<lb/> nicht erweitert worden. Cr umsaßt die Verwaltung des Stadtvermögens und<lb/> der städtischen Steuern, die Polizeiverwaltung, die ordentliche Strafjustiz in<lb/> städtischen Quartalsitzungen. Ausgeschlossen blieben die Armenpflege und alle<lb/> auf die Kirchspiele gelegten Leistungen. So wird also auch noch gegenwärtig<lb/> das städtische Wesen an einer der wichtigsten Stellen durch ein Institut durch¬<lb/> brochen, das einem ganz andern Organisatwnscomvlex eingereiht ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_673" next="#ID_674"> Vor allem kam es nun daraus an. dem infolge der Mißbildungen der verflosse¬<lb/> nen Zeit völlig abhanden gekommenen Begriff des Bürgerrechts in seiner alten Rein¬<lb/> heit wieder herzustellen. Demnach ist, von einigen minder wesentlichen Beschrän¬<lb/> kungen abgesehen, Bürger jeder mit einem festen Hausstande angesessene Einwohner,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 1864. 23</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0181]
selben staatlichen Gemeinschaften zu Theil werden kann. Man darf fast behaupt
ten, daß den Engländern der Begriff Stadt im continentalen Sinne ganz fehlt.
City ist nur ein Ehrentitel ohne politische Bedeutung. Die Loi-ougw (dies
ist der allgemeine Name für Stadt im rechtlichen Sinne) verdauten ihre Bil¬
dung nicht sowohl dem Streben »ach selbständiger Aussonderung aus dem
Staatsverbande, als vielmehr den Polizei- und Finanzbedürfnissen des Staates.
Wie analog ihre Stellung den durchaus dem Staatszwecke dienenden Graf-
schaftsverbänden ist, ergiebt sich schon daraus, daß der höchste Grad von Selb¬
ständigkeit, den eine Stadt erreichen kann, der ist, daß sie selbst eine Graf¬
schaft bildet, eine Stellung, die im Ganzen 19 Städte einnehmen. Die übri¬
gen bilden, wie schon an einer andern Stelle gezeigt ist, integrirende Theile der
Grafschaft, allerdings mit einzelnen Attributen, die ihre Analogie nicht in der
Verfassung der Uuierabtheilung der Grafschaft, sondern in der Verfassung die¬
ser selbst finden.
Dies anfangs einfache Verhältniß wird auf die mannigfaltigste Weise durch
die Jncorvorationvcharten modificirt. Von diesen incorporirten Städten (irru-
uiciv^l hol'onjM) sind wohl zu unterscheiden die purliu.iuvutu.r^ b^iouglrs.
Der Ausdruck kaiMnnzutg,^ boruu^IiL bezeichnet nämlich nur, daß eine Ort¬
schaft ursprünglich als selbständiger Steuerkörper im Unterhause vertreten ist,
ohne daß darin irgendwie der Begriff der städtischen Verfassung »ut eingeschlossen
wäre. Uebrigens sind die beiden Qualitäten vielfach vereinigt, da die meisten
Wahlflecken zugleich auch municipal borouk'Ir-z sind. Folgerichtig bezieht sich
die Städteordnung zunächst nur auf Städte, die von Alters her eine incvrpo-
rirte Verfassung haben. Sie wurde sofort 178 Städten ertheilt mit Vor¬
behalt weiterer Ertheilung durch königliche Charte. So ergiebt sich gegenwär¬
tig folgende Classificirung: 1) 163 Städte sind munieivirl auel Mi'ki-rmkuwi^
borougds, 2) 4V muiüeixal dorvuLNL, 3) 83 purlimuvutar/ borougli»,
4) 284 Städte haben weder PaUamcnts- noch Municipalrechte, falten also
streng genommen gar nicht unter den Begriff Stadt in staatsrechtlichen Sinne.
Der Kreis der Stadtverwaltung ist durch die Städteordnung von 1835
nicht erweitert worden. Cr umsaßt die Verwaltung des Stadtvermögens und
der städtischen Steuern, die Polizeiverwaltung, die ordentliche Strafjustiz in
städtischen Quartalsitzungen. Ausgeschlossen blieben die Armenpflege und alle
auf die Kirchspiele gelegten Leistungen. So wird also auch noch gegenwärtig
das städtische Wesen an einer der wichtigsten Stellen durch ein Institut durch¬
brochen, das einem ganz andern Organisatwnscomvlex eingereiht ist.
Vor allem kam es nun daraus an. dem infolge der Mißbildungen der verflosse¬
nen Zeit völlig abhanden gekommenen Begriff des Bürgerrechts in seiner alten Rein¬
heit wieder herzustellen. Demnach ist, von einigen minder wesentlichen Beschrän¬
kungen abgesehen, Bürger jeder mit einem festen Hausstande angesessene Einwohner,
Grenzboten IV. 1864. 23
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