Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.Auffassung und Behandlung auf,, daß es schwer hält, denselben Autor in Etwas von diesem eleganten Rococo ist die "Psyche" Sußmanns wenig¬ Die dritte lebensgroße Statue desselben Künstlers, ein "Amor in Waffen", Auffassung und Behandlung auf,, daß es schwer hält, denselben Autor in Etwas von diesem eleganten Rococo ist die „Psyche" Sußmanns wenig¬ Die dritte lebensgroße Statue desselben Künstlers, ein „Amor in Waffen", <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0174" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189798"/> <p xml:id="ID_644" prev="#ID_643"> Auffassung und Behandlung auf,, daß es schwer hält, denselben Autor in<lb/> allen wiederzufinden. Besonders zwei darunter sind zunächst durch ihre ent-<lb/> schiedne Originalität ausgezeichnet: die Statue des jugendlichen Friedrich des<lb/> Zweiten, des Eroberers von Schlesien (für den Saal der Stadtverordneten be¬<lb/> stimmt), und die vcrlassne Psyche. Mit überraschendem Geschick ist es ihm in<lb/> ersterem Werke gelungen, die natürlichen Bedingungen einer Monumentalstatue,<lb/> ihre Wuchtigkeit, ihren statuarischen Aplomb, mit dem kurz bewegten, geistreich<lb/> pikanten, echten Nococowesen zu vereinigen und innerlich zu versöhnen, wie es eine<lb/> Darstellung der Persönlichkeit des philosophischen Heldenkönigs ohne Zweifel er¬<lb/> heischt. Er faßt mit der Linken den Griff des Degens an seiner Seite, stemmt die<lb/> Rechte auf die über einen Sockel ausgebreitete Karte von Schlesien, steht mit beiden<lb/> Füßen in den hohen Reiterstiefeln fest auf und blickt über die linke Schulter<lb/> gewandt gebietend, voll Kühnheit, Heiterkeit und gespannt aufmerkend hinaus.<lb/> In den groß geöffneten Marmoraugen glaubt man doch das Bliizen des licht¬<lb/> blauen Adlerblicks zu sehn. Folgerecht ist die ganze Behandlung der in das<lb/> getreu wiedergegebene Zeitkostüm gekleideten Gestalt ähnlich realistisch wie die<lb/> Auffassung, charaktervoll und fein, und die Marmorarbeit kunstreich bis zur<lb/> Eleganz.</p><lb/> <p xml:id="ID_645"> Etwas von diesem eleganten Rococo ist die „Psyche" Sußmanns wenig¬<lb/> stens gestreift und angehaucht. Behauptete der Katalog nicht, daß sie, „von Amor<lb/> verlassen angstvoll in die Ferne spähe", so würde man glauben, sie erwarte<lb/> den nahenden Zephyr, der sie hinabtragen solle zum Palast des geheimniß-<lb/> vollen Liebenden: — so sehr ist ihre vom Winde flatternd bewegte Gewandung<lb/> die Hauptsache bei dieser graziösen Statue, so sehr hat der Künstler auf die eigen¬<lb/> thümliche und in sich consequente Durchführung dieses Theils seiner Aufgabe<lb/> alle seine Kraft und Mühe concentrirt, sich gleichsam darauf verbissen. Das<lb/> Erreichte ist sehr anerkennenswert!), ist von ganz originellem Reiz; aber dieser<lb/> Reiz ist eben nicht wenig Rococo, da die Behandlung weder stilvoll noch na¬<lb/> turalistisch ist. Die sehr schlanken frühjugendlichen Körperverhältnisse und For¬<lb/> men der Gestalt, obwohl einer Psyche nicht unangemessen, die mit dem Aus¬<lb/> druck seltsamer Spannung in Kopf- und Handbewegung vorgencigte Haltung,<lb/> — beides vermehrt noch jene Charakterähnlichl'eit. Die Meisterschaft, mit wel¬<lb/> cher die sich deckenden und kreuzenden Faltenlagen des leichten flatternden Ober¬<lb/> gewandes und des schwerer wehenden Unterkleides durchgeführt sind, die tech¬<lb/> nische Fertigkeit, welche all dies lose lockre Wallen und Fliegen dem festen<lb/> schweren Stein so scheinbar spielend und zierlich abrang, mag man aufrichtig<lb/> bewundern. Aber ist das eine rechte naturgemäße Aufgabe der Sculptur?</p><lb/> <p xml:id="ID_646" next="#ID_647"> Die dritte lebensgroße Statue desselben Künstlers, ein „Amor in Waffen",<lb/> mit Schwert und Bogen — soll er sie benutzen oder über sie triumphiren? —<lb/> vermag wenig zu fesseln. Wie in der poetischen Intention, so bleibt sie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0174]
Auffassung und Behandlung auf,, daß es schwer hält, denselben Autor in
allen wiederzufinden. Besonders zwei darunter sind zunächst durch ihre ent-
schiedne Originalität ausgezeichnet: die Statue des jugendlichen Friedrich des
Zweiten, des Eroberers von Schlesien (für den Saal der Stadtverordneten be¬
stimmt), und die vcrlassne Psyche. Mit überraschendem Geschick ist es ihm in
ersterem Werke gelungen, die natürlichen Bedingungen einer Monumentalstatue,
ihre Wuchtigkeit, ihren statuarischen Aplomb, mit dem kurz bewegten, geistreich
pikanten, echten Nococowesen zu vereinigen und innerlich zu versöhnen, wie es eine
Darstellung der Persönlichkeit des philosophischen Heldenkönigs ohne Zweifel er¬
heischt. Er faßt mit der Linken den Griff des Degens an seiner Seite, stemmt die
Rechte auf die über einen Sockel ausgebreitete Karte von Schlesien, steht mit beiden
Füßen in den hohen Reiterstiefeln fest auf und blickt über die linke Schulter
gewandt gebietend, voll Kühnheit, Heiterkeit und gespannt aufmerkend hinaus.
In den groß geöffneten Marmoraugen glaubt man doch das Bliizen des licht¬
blauen Adlerblicks zu sehn. Folgerecht ist die ganze Behandlung der in das
getreu wiedergegebene Zeitkostüm gekleideten Gestalt ähnlich realistisch wie die
Auffassung, charaktervoll und fein, und die Marmorarbeit kunstreich bis zur
Eleganz.
Etwas von diesem eleganten Rococo ist die „Psyche" Sußmanns wenig¬
stens gestreift und angehaucht. Behauptete der Katalog nicht, daß sie, „von Amor
verlassen angstvoll in die Ferne spähe", so würde man glauben, sie erwarte
den nahenden Zephyr, der sie hinabtragen solle zum Palast des geheimniß-
vollen Liebenden: — so sehr ist ihre vom Winde flatternd bewegte Gewandung
die Hauptsache bei dieser graziösen Statue, so sehr hat der Künstler auf die eigen¬
thümliche und in sich consequente Durchführung dieses Theils seiner Aufgabe
alle seine Kraft und Mühe concentrirt, sich gleichsam darauf verbissen. Das
Erreichte ist sehr anerkennenswert!), ist von ganz originellem Reiz; aber dieser
Reiz ist eben nicht wenig Rococo, da die Behandlung weder stilvoll noch na¬
turalistisch ist. Die sehr schlanken frühjugendlichen Körperverhältnisse und For¬
men der Gestalt, obwohl einer Psyche nicht unangemessen, die mit dem Aus¬
druck seltsamer Spannung in Kopf- und Handbewegung vorgencigte Haltung,
— beides vermehrt noch jene Charakterähnlichl'eit. Die Meisterschaft, mit wel¬
cher die sich deckenden und kreuzenden Faltenlagen des leichten flatternden Ober¬
gewandes und des schwerer wehenden Unterkleides durchgeführt sind, die tech¬
nische Fertigkeit, welche all dies lose lockre Wallen und Fliegen dem festen
schweren Stein so scheinbar spielend und zierlich abrang, mag man aufrichtig
bewundern. Aber ist das eine rechte naturgemäße Aufgabe der Sculptur?
Die dritte lebensgroße Statue desselben Künstlers, ein „Amor in Waffen",
mit Schwert und Bogen — soll er sie benutzen oder über sie triumphiren? —
vermag wenig zu fesseln. Wie in der poetischen Intention, so bleibt sie
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |