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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Schlafengehen unter das Kopfkissen legen. Dasjenige, welches sie beim Er¬
wachen in der Nacht oder am Morgen zuerst hervorziehen, bezeichnet den An¬
fangsbuchstaben des künftigen Gemahls.

Unter den sich von selbst darbietenden Schicksalszcichen sind zunächst gewisse
Naturerscheinungen zu nennen. Ein Nvrdliät bedeutet wie ein Komet immer
Unglück, namentlich Krieg. Regen, welcher der Braut in den Kranz fällt, will
eine gesegnete Ehe ankündigen, bei Lauter speciell Neichwerden des Paares.
Kommt beim Säen der Wind von Osten, so giebts Unkraut, von Süden, so
entstehen viel Disteln, von Norden, so ist eine gute Ernte zu hoffen.

Einem Hunde beim Austritt aus dem Hause zu begegnen, ist ein Zeichen
von guter Bedeutung. Heult ein Hund mit erhobenem Kopfe, so bricht in
der Nähe bald ein Schadenfeuer aus, senkt er den Kopf dabei, so stirbt jemand;
indeß kann man das Unglück, welches er weissagt, abwenden, wenn man ihn
beim Namen ruft. Begegnende Schweine, Hasen und Katzen bedeuten Unglück,
Schafe dagegen Glück. Eine krähende Henne, eine krächzende Dohle oder Krähe
verkündet Gefahr für das betreffende Haus. Wenn im Herbst ein Hollunder-
baum wieder blüht, so stirbt jemand aus der Familie, weicher derselbe gehört.
Jedes Zäpfchen am Haselstrauch nach Michaelis, wo zwei und zwei zusammen¬
gewachsen sind, verkündet einen Groschen Aufschlag am Scheffel Korn. Wenn
es in einem Jahre viele Haselnüsse giebt, entstehen viele uneheliche Kinder.
Wenn der Hanebuttenstrauch im Herbst viele Früchte trägt, so giebt es nach
Michaelis viel Sturm und Regen. Quillt der Brei von ncugeerntcten Erd¬
äpfeln recht tüchtig, so bleiben dieselben wohlfeil. Je mehr Brote in dem "Brot¬
körbchen", einem kleinen schwammartigen Gewächs, desto billiger, je weniger,
desto theurer wird das Brot.

Zeichen von Menschen sind unter Andern" folgende: Sagen zwei in dem¬
selben Augenblick dasselbe, so erfahren sie, wofern sie Naschauer sind, an diesem
Tage etwas Neues, wenn sie Zwickauer sind, kommt ein Schneider in den
Himmel. Kommt die Leichenfrau ungerufen in ein Haus, so giebts darin bald
einen Todesfall. Begegnet einem Fuhrwerk eine Frau mit einem leeren Topfe
oder Korbe, so wirft entweder der Wagen um ober es stürzt eins der Pferde.
Wenn eine Leiche welk ist, wenn ihr der Mund aufsteht, wenn sie sich noch
sehr ähnlich sieht oder recht rothe Lippen hat, so holt sie noch dieses Jahr
eins "aus der Freundschaft" nach -- ein Anklang an den Aberglauben vom
Bampyr.

Von Zeichen an kirchlichen Dingen endlich möge" nachstehende Erwähnung
finden: Wenn es Sonntags während des Läutens regnet, so regnet es die ganze
Woche hindurch. Ein Communicant, bei welchem der Kelch neu gefüllt wird,
steht bald Gevatter. Schlägt die Kirchthurmuhr während einer Taufe, so stirbt
das Kind bald. Schlägt es einmal auf zwei Thürmen zugleich, so bricht näch-


Schlafengehen unter das Kopfkissen legen. Dasjenige, welches sie beim Er¬
wachen in der Nacht oder am Morgen zuerst hervorziehen, bezeichnet den An¬
fangsbuchstaben des künftigen Gemahls.

Unter den sich von selbst darbietenden Schicksalszcichen sind zunächst gewisse
Naturerscheinungen zu nennen. Ein Nvrdliät bedeutet wie ein Komet immer
Unglück, namentlich Krieg. Regen, welcher der Braut in den Kranz fällt, will
eine gesegnete Ehe ankündigen, bei Lauter speciell Neichwerden des Paares.
Kommt beim Säen der Wind von Osten, so giebts Unkraut, von Süden, so
entstehen viel Disteln, von Norden, so ist eine gute Ernte zu hoffen.

Einem Hunde beim Austritt aus dem Hause zu begegnen, ist ein Zeichen
von guter Bedeutung. Heult ein Hund mit erhobenem Kopfe, so bricht in
der Nähe bald ein Schadenfeuer aus, senkt er den Kopf dabei, so stirbt jemand;
indeß kann man das Unglück, welches er weissagt, abwenden, wenn man ihn
beim Namen ruft. Begegnende Schweine, Hasen und Katzen bedeuten Unglück,
Schafe dagegen Glück. Eine krähende Henne, eine krächzende Dohle oder Krähe
verkündet Gefahr für das betreffende Haus. Wenn im Herbst ein Hollunder-
baum wieder blüht, so stirbt jemand aus der Familie, weicher derselbe gehört.
Jedes Zäpfchen am Haselstrauch nach Michaelis, wo zwei und zwei zusammen¬
gewachsen sind, verkündet einen Groschen Aufschlag am Scheffel Korn. Wenn
es in einem Jahre viele Haselnüsse giebt, entstehen viele uneheliche Kinder.
Wenn der Hanebuttenstrauch im Herbst viele Früchte trägt, so giebt es nach
Michaelis viel Sturm und Regen. Quillt der Brei von ncugeerntcten Erd¬
äpfeln recht tüchtig, so bleiben dieselben wohlfeil. Je mehr Brote in dem „Brot¬
körbchen", einem kleinen schwammartigen Gewächs, desto billiger, je weniger,
desto theurer wird das Brot.

Zeichen von Menschen sind unter Andern« folgende: Sagen zwei in dem¬
selben Augenblick dasselbe, so erfahren sie, wofern sie Naschauer sind, an diesem
Tage etwas Neues, wenn sie Zwickauer sind, kommt ein Schneider in den
Himmel. Kommt die Leichenfrau ungerufen in ein Haus, so giebts darin bald
einen Todesfall. Begegnet einem Fuhrwerk eine Frau mit einem leeren Topfe
oder Korbe, so wirft entweder der Wagen um ober es stürzt eins der Pferde.
Wenn eine Leiche welk ist, wenn ihr der Mund aufsteht, wenn sie sich noch
sehr ähnlich sieht oder recht rothe Lippen hat, so holt sie noch dieses Jahr
eins „aus der Freundschaft" nach — ein Anklang an den Aberglauben vom
Bampyr.

Von Zeichen an kirchlichen Dingen endlich möge» nachstehende Erwähnung
finden: Wenn es Sonntags während des Läutens regnet, so regnet es die ganze
Woche hindurch. Ein Communicant, bei welchem der Kelch neu gefüllt wird,
steht bald Gevatter. Schlägt die Kirchthurmuhr während einer Taufe, so stirbt
das Kind bald. Schlägt es einmal auf zwei Thürmen zugleich, so bricht näch-


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[0402] Schlafengehen unter das Kopfkissen legen. Dasjenige, welches sie beim Er¬ wachen in der Nacht oder am Morgen zuerst hervorziehen, bezeichnet den An¬ fangsbuchstaben des künftigen Gemahls. Unter den sich von selbst darbietenden Schicksalszcichen sind zunächst gewisse Naturerscheinungen zu nennen. Ein Nvrdliät bedeutet wie ein Komet immer Unglück, namentlich Krieg. Regen, welcher der Braut in den Kranz fällt, will eine gesegnete Ehe ankündigen, bei Lauter speciell Neichwerden des Paares. Kommt beim Säen der Wind von Osten, so giebts Unkraut, von Süden, so entstehen viel Disteln, von Norden, so ist eine gute Ernte zu hoffen. Einem Hunde beim Austritt aus dem Hause zu begegnen, ist ein Zeichen von guter Bedeutung. Heult ein Hund mit erhobenem Kopfe, so bricht in der Nähe bald ein Schadenfeuer aus, senkt er den Kopf dabei, so stirbt jemand; indeß kann man das Unglück, welches er weissagt, abwenden, wenn man ihn beim Namen ruft. Begegnende Schweine, Hasen und Katzen bedeuten Unglück, Schafe dagegen Glück. Eine krähende Henne, eine krächzende Dohle oder Krähe verkündet Gefahr für das betreffende Haus. Wenn im Herbst ein Hollunder- baum wieder blüht, so stirbt jemand aus der Familie, weicher derselbe gehört. Jedes Zäpfchen am Haselstrauch nach Michaelis, wo zwei und zwei zusammen¬ gewachsen sind, verkündet einen Groschen Aufschlag am Scheffel Korn. Wenn es in einem Jahre viele Haselnüsse giebt, entstehen viele uneheliche Kinder. Wenn der Hanebuttenstrauch im Herbst viele Früchte trägt, so giebt es nach Michaelis viel Sturm und Regen. Quillt der Brei von ncugeerntcten Erd¬ äpfeln recht tüchtig, so bleiben dieselben wohlfeil. Je mehr Brote in dem „Brot¬ körbchen", einem kleinen schwammartigen Gewächs, desto billiger, je weniger, desto theurer wird das Brot. Zeichen von Menschen sind unter Andern« folgende: Sagen zwei in dem¬ selben Augenblick dasselbe, so erfahren sie, wofern sie Naschauer sind, an diesem Tage etwas Neues, wenn sie Zwickauer sind, kommt ein Schneider in den Himmel. Kommt die Leichenfrau ungerufen in ein Haus, so giebts darin bald einen Todesfall. Begegnet einem Fuhrwerk eine Frau mit einem leeren Topfe oder Korbe, so wirft entweder der Wagen um ober es stürzt eins der Pferde. Wenn eine Leiche welk ist, wenn ihr der Mund aufsteht, wenn sie sich noch sehr ähnlich sieht oder recht rothe Lippen hat, so holt sie noch dieses Jahr eins „aus der Freundschaft" nach — ein Anklang an den Aberglauben vom Bampyr. Von Zeichen an kirchlichen Dingen endlich möge» nachstehende Erwähnung finden: Wenn es Sonntags während des Läutens regnet, so regnet es die ganze Woche hindurch. Ein Communicant, bei welchem der Kelch neu gefüllt wird, steht bald Gevatter. Schlägt die Kirchthurmuhr während einer Taufe, so stirbt das Kind bald. Schlägt es einmal auf zwei Thürmen zugleich, so bricht näch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/402>, abgerufen am 28.09.2024.