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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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dem Holzwege," ruft ergrimmt ein danebenstehender Signalhornist, springt vor,
ergreift das Gewehr und die Patrontasche des Getödteten und fängt nun ruhig
statt seiner zu feuern an. Das Glück begünstigt ihn, und seine Kugeln treffen
wirtlich einige Dänen, ohne daß er selbst nur im Mindesten verwundet wird.

So gebt das Tirailleurgcfccht hier noch längere Zeit fort. Die
preußischen Soldaten, von denen manche schon mehr oder minder gefährliche
Wunden erhalten haben, einige auch todt zusammengestürzt sind, fahren trotzdem
ruhig fort, ihre Witze in so heiterer Gemüthlichkeit zu machen, als wäre das
Ganze nur ein bloßes Exerciermanövcr mit Platzpatronen.

Jetzt fängt eine vorgeschobene dänische Feldbatterie an, die Tirailleurskette
mit Granaten zu beschießen, in der vergeblichen Hoffnung, sie dadurch zum
Weichen zu bringen. Krachend und prasselnd, und viele Aeste und Zweige fort¬
reißend,, fahren die Kugeln in die Hecken und Büsche und die Bäume des da¬
hinter befindlichen Dorfgartens.

"Na nu. dat wird dock schon zu toll und zu arg, schüttelt der Hannemann
schon jetzt die Bäume so stark, daß alle Aeste abbrechen, und wachsen doch noch
gar ke>ne Pflaumen daran, mich soll mal wundern, wie er das später zur Herbst¬
zeit machen wird," ruft ein Soldat, als soeben ein voller Granatschuß dicht
hinter ihm in einen Obstbaum Prasselt, daß die Aeste und Zweige davon weit
umherfliegen.

declamirt plötzlich mit lauter Stimme einer der bekannten Spaßmacher der
Compagnie und macht dabei so komische Kapriolen, baß alle Kameraden mitten
im heftigsten Gefecht laut darüber zu lacken anfangen.

Eine dänische Granate trifft ein Strohdach des Dorfes Ostcrdüppel, dessen
erste Gebäude unweit von dieser Tirailleurskette liegen, und setzt es schnell in
Brand. "Der Hannemann muß auch das Manöverreglement nicht kennen, daß
in der Nähe von Strohdächern gar nickt gesckossen werden darf. Mindestens
vier Wochen Arrest bei Wasser und Brod gebären solch dummeri- Kerls," ruft
wieder ein Soldat. So gebt unter beständigem Lanken und Witzeleien der
preußischen Soldaten das Gefecht noch eine kleine Weile fort, bis endlich der
hier commandirende Brigadegeneral es an der Zeit hält, die ganze Sache durch
einen energiscken Sturmangriff zu beendigen.
'

Hell durch all das Geknatter der Flinten und das dumpfe Gedröhne der
Kanonenschüsse erschallen die wohlbekannten Tone des Signals zum Avanciren.
Auch die geschlossene Reserve rückt unter Trommel- und Pfeifenklang jetzt im
Sturmschritt vor. "Vorwärts -- Kinder folgt mir!" ruft der die eine in der
Tirailleurskette aufgelöste Compagnie befestigende Hauptmann seinen Soldaten
zu. und mit dem Degen winkend, springt er auf den Rand des Grabenbordes.
Ein allgemeines Hurrah der Soldaten ertönt, und so schnell als möglich folgen
diese mit gefällten Bajonneten ihren Offizieren.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. H erdig. -- Druck von C. E. Klbert in Leipzig.

dem Holzwege," ruft ergrimmt ein danebenstehender Signalhornist, springt vor,
ergreift das Gewehr und die Patrontasche des Getödteten und fängt nun ruhig
statt seiner zu feuern an. Das Glück begünstigt ihn, und seine Kugeln treffen
wirtlich einige Dänen, ohne daß er selbst nur im Mindesten verwundet wird.

So gebt das Tirailleurgcfccht hier noch längere Zeit fort. Die
preußischen Soldaten, von denen manche schon mehr oder minder gefährliche
Wunden erhalten haben, einige auch todt zusammengestürzt sind, fahren trotzdem
ruhig fort, ihre Witze in so heiterer Gemüthlichkeit zu machen, als wäre das
Ganze nur ein bloßes Exerciermanövcr mit Platzpatronen.

Jetzt fängt eine vorgeschobene dänische Feldbatterie an, die Tirailleurskette
mit Granaten zu beschießen, in der vergeblichen Hoffnung, sie dadurch zum
Weichen zu bringen. Krachend und prasselnd, und viele Aeste und Zweige fort¬
reißend,, fahren die Kugeln in die Hecken und Büsche und die Bäume des da¬
hinter befindlichen Dorfgartens.

„Na nu. dat wird dock schon zu toll und zu arg, schüttelt der Hannemann
schon jetzt die Bäume so stark, daß alle Aeste abbrechen, und wachsen doch noch
gar ke>ne Pflaumen daran, mich soll mal wundern, wie er das später zur Herbst¬
zeit machen wird," ruft ein Soldat, als soeben ein voller Granatschuß dicht
hinter ihm in einen Obstbaum Prasselt, daß die Aeste und Zweige davon weit
umherfliegen.

declamirt plötzlich mit lauter Stimme einer der bekannten Spaßmacher der
Compagnie und macht dabei so komische Kapriolen, baß alle Kameraden mitten
im heftigsten Gefecht laut darüber zu lacken anfangen.

Eine dänische Granate trifft ein Strohdach des Dorfes Ostcrdüppel, dessen
erste Gebäude unweit von dieser Tirailleurskette liegen, und setzt es schnell in
Brand. „Der Hannemann muß auch das Manöverreglement nicht kennen, daß
in der Nähe von Strohdächern gar nickt gesckossen werden darf. Mindestens
vier Wochen Arrest bei Wasser und Brod gebären solch dummeri- Kerls," ruft
wieder ein Soldat. So gebt unter beständigem Lanken und Witzeleien der
preußischen Soldaten das Gefecht noch eine kleine Weile fort, bis endlich der
hier commandirende Brigadegeneral es an der Zeit hält, die ganze Sache durch
einen energiscken Sturmangriff zu beendigen.
'

Hell durch all das Geknatter der Flinten und das dumpfe Gedröhne der
Kanonenschüsse erschallen die wohlbekannten Tone des Signals zum Avanciren.
Auch die geschlossene Reserve rückt unter Trommel- und Pfeifenklang jetzt im
Sturmschritt vor. „Vorwärts — Kinder folgt mir!" ruft der die eine in der
Tirailleurskette aufgelöste Compagnie befestigende Hauptmann seinen Soldaten
zu. und mit dem Degen winkend, springt er auf den Rand des Grabenbordes.
Ein allgemeines Hurrah der Soldaten ertönt, und so schnell als möglich folgen
diese mit gefällten Bajonneten ihren Offizieren.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. H erdig. — Druck von C. E. Klbert in Leipzig.
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[0328] dem Holzwege," ruft ergrimmt ein danebenstehender Signalhornist, springt vor, ergreift das Gewehr und die Patrontasche des Getödteten und fängt nun ruhig statt seiner zu feuern an. Das Glück begünstigt ihn, und seine Kugeln treffen wirtlich einige Dänen, ohne daß er selbst nur im Mindesten verwundet wird. So gebt das Tirailleurgcfccht hier noch längere Zeit fort. Die preußischen Soldaten, von denen manche schon mehr oder minder gefährliche Wunden erhalten haben, einige auch todt zusammengestürzt sind, fahren trotzdem ruhig fort, ihre Witze in so heiterer Gemüthlichkeit zu machen, als wäre das Ganze nur ein bloßes Exerciermanövcr mit Platzpatronen. Jetzt fängt eine vorgeschobene dänische Feldbatterie an, die Tirailleurskette mit Granaten zu beschießen, in der vergeblichen Hoffnung, sie dadurch zum Weichen zu bringen. Krachend und prasselnd, und viele Aeste und Zweige fort¬ reißend,, fahren die Kugeln in die Hecken und Büsche und die Bäume des da¬ hinter befindlichen Dorfgartens. „Na nu. dat wird dock schon zu toll und zu arg, schüttelt der Hannemann schon jetzt die Bäume so stark, daß alle Aeste abbrechen, und wachsen doch noch gar ke>ne Pflaumen daran, mich soll mal wundern, wie er das später zur Herbst¬ zeit machen wird," ruft ein Soldat, als soeben ein voller Granatschuß dicht hinter ihm in einen Obstbaum Prasselt, daß die Aeste und Zweige davon weit umherfliegen. declamirt plötzlich mit lauter Stimme einer der bekannten Spaßmacher der Compagnie und macht dabei so komische Kapriolen, baß alle Kameraden mitten im heftigsten Gefecht laut darüber zu lacken anfangen. Eine dänische Granate trifft ein Strohdach des Dorfes Ostcrdüppel, dessen erste Gebäude unweit von dieser Tirailleurskette liegen, und setzt es schnell in Brand. „Der Hannemann muß auch das Manöverreglement nicht kennen, daß in der Nähe von Strohdächern gar nickt gesckossen werden darf. Mindestens vier Wochen Arrest bei Wasser und Brod gebären solch dummeri- Kerls," ruft wieder ein Soldat. So gebt unter beständigem Lanken und Witzeleien der preußischen Soldaten das Gefecht noch eine kleine Weile fort, bis endlich der hier commandirende Brigadegeneral es an der Zeit hält, die ganze Sache durch einen energiscken Sturmangriff zu beendigen. ' Hell durch all das Geknatter der Flinten und das dumpfe Gedröhne der Kanonenschüsse erschallen die wohlbekannten Tone des Signals zum Avanciren. Auch die geschlossene Reserve rückt unter Trommel- und Pfeifenklang jetzt im Sturmschritt vor. „Vorwärts — Kinder folgt mir!" ruft der die eine in der Tirailleurskette aufgelöste Compagnie befestigende Hauptmann seinen Soldaten zu. und mit dem Degen winkend, springt er auf den Rand des Grabenbordes. Ein allgemeines Hurrah der Soldaten ertönt, und so schnell als möglich folgen diese mit gefällten Bajonneten ihren Offizieren. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L. H erdig. — Druck von C. E. Klbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/328>, abgerufen am 28.09.2024.